Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].329 beschäftiget war. Eine gantze aus dem Gemäuer geho-bene Niche, mit bunter mosaique ausgesetzet, ist sehr curios, und vermuthlich die loge eines Götzen-Bildes gewesen. An Alt-Römischen Haus-Rath ist auch kein Mangel, und sind sonderlich unterschiedene Leuchter von bronce vor- handen, welche denen Cheridons ähnlich sehen, oben aber eine Tille haben, um das Licht hinein zu stecken. Einer darunter ist wie ein Baum mit abgestutzten Aesten formiret. In einer bouteille, welche man gleich- fals in dem Herculeischen Souterrain, und zwar mit einem ordentl:n Korck zugestopft, gefunden, ist der vor mehr als 1600 Jahren hinein gefüllete liquor noch vorhanden, und siehet einem gantz flüßigen Oel nicht unähnlich; Niemand aber hat bisher die hardiesse gehabt, diese Bouteille zu öffnen, aus Beysorge, daß vielleicht der gedachte Liquor giftig seyn möchte. Das allerrareste aber aus dem mehr bemeldten Souterrain sind die Gemählde en fresco, die man mit der Mauer ausge- brochen, und in starcke höltzerne Rahmen eingefast hat. Die Anzahl davon ist nicht gering, und die Farbe noch frisch und lebhaft. Auf denen meisten sind ver- schiedene heidnische Gottheiten und poetische Fabeln vorgestellet. Eines unter diesen Stücken repraesentiret ein Römisches Gericht. Der Richter sitzet auf einem Gestühle, und hält den Finger an die Stirne, der Ankläger übergiebt demselben seinen libellum, die angeklagte Weibs-Person stehet vor dem Richter, und hinter derselben ein alter Mann und eine alte Frau, welche vielleicht die Eltern der Beklagtin seyn können. Die Gelegenheit, welche der König hier hat, bestehet in 2 Land-Häusern, welche er von Neapolitanil:n Hl:n er- kauft hat und ietzo das 3te noch gantz neue daneben bauet, folglich ist an keine Symmetrie zu dencken, alles auch so eingerichtet, daß es mehr einer menagerie, als 329 beschäftiget war. Eine gantze aus dem Gemäuer geho-bene Niche, mit bunter mosaique ausgesetzet, ist sehr curios, und vermuthlich die loge eines Götzen-Bildes gewesen. An Alt-Römischen Haus-Rath ist auch kein Mangel, und sind sonderlich unterschiedene Leuchter von bronce vor- handen, welche denen Cheridons ähnlich sehen, oben aber eine Tille haben, um das Licht hinein zu stecken. Einer darunter ist wie ein Baum mit abgestutzten Aesten formiret. In einer bouteille, welche man gleich- fals in dem Herculeischen Souterrain, und zwar mit einem ordentl:n Korck zugestopft, gefunden, ist der vor mehr als 1600 Jahren hinein gefüllete liquor noch vorhanden, und siehet einem gantz flüßigen Oel nicht unähnlich; Niemand aber hat bisher die hardiesse gehabt, diese Bouteille zu öffnen, aus Beysorge, daß vielleicht der gedachte Liquor giftig seyn möchte. Das allerrareste aber aus dem mehr bemeldten Souterrain sind die Gemählde en fresco, die man mit der Mauer ausge- brochen, und in starcke höltzerne Rahmen eingefast hat. Die Anzahl davon ist nicht gering, und die Farbe noch frisch und lebhaft. Auf denen meisten sind ver- schiedene heidnische Gottheiten und poetische Fabeln vorgestellet. Eines unter diesen Stücken repraesentiret ein Römisches Gericht. Der Richter sitzet auf einem Gestühle, und hält den Finger an die Stirne, der Ankläger übergiebt demselben seinen libellum, die angeklagte Weibs-Person stehet vor dem Richter, und hinter derselben ein alter Mann und eine alte Frau, welche vielleicht die Eltern der Beklagtin seyn können. Die Gelegenheit, welche der König hier hat, bestehet in 2 Land-Häusern, welche er von Neapolitanil:n Hl:n er- kauft hat und ietzo das 3te noch gantz neue daneben bauet, folglich ist an keine Symmetrie zu dencken, alles auch so eingerichtet, daß es mehr einer menagerie, als <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0672"/><fw type="folNum" place="top">329</fw><lb/> beschäftiget war. Eine gantze aus dem Gemäuer geho-<lb/> bene Niche, mit bunter mosaique ausgesetzet, ist sehr curios,<lb/> und vermuthlich die loge eines Götzen-Bildes gewesen.<lb/> An Alt-Römischen Haus-Rath ist auch kein Mangel, und<lb/> sind sonderlich unterschiedene Leuchter von bronce vor-<lb/> handen, welche denen Cheridons ähnlich sehen, oben aber<lb/> eine Tille haben, um das Licht hinein zu stecken.<lb/> Einer darunter ist wie ein Baum mit abgestutzten<lb/> Aesten formiret. 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beschäftiget war. Eine gantze aus dem Gemäuer geho-
bene Niche, mit bunter mosaique ausgesetzet, ist sehr curios,
und vermuthlich die loge eines Götzen-Bildes gewesen.
An Alt-Römischen Haus-Rath ist auch kein Mangel, und
sind sonderlich unterschiedene Leuchter von bronce vor-
handen, welche denen Cheridons ähnlich sehen, oben aber
eine Tille haben, um das Licht hinein zu stecken.
Einer darunter ist wie ein Baum mit abgestutzten
Aesten formiret. In einer bouteille, welche man gleich-
fals in dem Herculeischen Souterrain, und zwar mit
einem ordentl:n Korck zugestopft, gefunden, ist der
vor mehr als 1600 Jahren hinein gefüllete liquor noch
vorhanden, und siehet einem gantz flüßigen Oel nicht
unähnlich; Niemand aber hat bisher die hardiesse gehabt,
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der gedachte Liquor giftig seyn möchte. Das allerrareste
aber aus dem mehr bemeldten Souterrain sind die
Gemählde en fresco, die man mit der Mauer ausge-
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noch frisch und lebhaft. Auf denen meisten sind ver-
schiedene heidnische Gottheiten und poetische Fabeln
vorgestellet. Eines unter diesen Stücken repraesentiret
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Gestühle, und hält den Finger an die Stirne, der
Ankläger übergiebt demselben seinen libellum, die
angeklagte Weibs-Person stehet vor dem Richter, und
hinter derselben ein alter Mann und eine alte Frau,
welche vielleicht die Eltern der Beklagtin seyn können.
Die Gelegenheit, welche der König hier hat, bestehet in
2 Land-Häusern, welche er von Neapolitanil:n Hl:n er-
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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