Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].307 Nummer 60.Vom 3ten - 8ten Februar Zu dem Zweck des Umgangs und derer Bekantschaften haben wir 307 Nummer 60.Vom 3ten - 8ten Februar Zu dem Zweck des Umgangs und derer Bekantschaften haben wir <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <pb facs="#f0628"/> <fw type="folNum" place="top">307</fw><lb/> <metamark><choice><abbr>N<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">o</hi></hi></abbr><expan>Nummer</expan></choice> 60.</metamark><lb/> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c"> Vom 3<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">ten</hi></hi> - 8<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">ten</hi></hi> <choice><abbr>Febr:</abbr><expan>Februar</expan></choice></head><lb/> <p> Zu dem Zweck des Umgangs und derer Bekantschaften haben wir<lb/> nicht nur die <placeName xml:id="TidB16785" corresp="register.xml#regID_66.lemID_13154">academie de France</placeName> bis zu Ende des <name type="subjectIndexTerm" xml:id="TidB16786" corresp="register.xml#regID_42.lemID_13153">Carnavals</name> ferner<lb/> täglich besuchet, und daselbst unter vielen andern den Cardinal <persName xml:id="TidB16787" corresp="register.xml#regID_37.lemID_13202">Spinola</persName>,<lb/><add place="superlinear">und</add> den Neapolitanischen Principe <persName xml:id="TidB16788" corresp="register.xml#regID_37.lemID_13203">Luci</persName> kennen lernen, sondern sind<lb/> auch bey dem Cardinal <persName xml:id="TidB16789" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10587" ref="http://d-nb.info/gnd/12483664X">Acquaviva</persName>, und zweymal bey denen <choice><abbr>Engl.</abbr><expan>Englischen</expan></choice><lb/><persName xml:id="TidB16791" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11225" ref="http://d-nb.info/gnd/118799258"><persName xml:id="TidB16790" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11224" ref="http://d-nb.info/gnd/118756125">Printzen</persName></persName> gewesen, auch einmal beym <persName xml:id="TidB16792" corresp="register.xml#regID_37.lemID_11223" ref="http://d-nb.info/gnd/100262554">König</persName> zur Tafel geblieben.<lb/> Ein daselbst Mitspeisender<persName xml:id="TidB16793" corresp="register.xml#regID_37.lemID_13204"> Chevalier de Malthe</persName>, welcher von<lb/> seiner Caravane zurück kommen war, erzehlete von Beschaffenheit<lb/> der <placeName xml:id="TidB16795" corresp="register.xml#regID_66.lemID_12563">Insel</placeName>, daß sie nicht mehr Getreyde hervor bringe, als zum<lb/> Unterhalt der Einwohner auf 6 Monathe von nöthen: daß man<lb/> zwar viele Schiffe voll Erde aus <placeName xml:id="TidB16794" corresp="register.xml#regID_66.lemID_11927" ref="http://d-nb.info/gnd/4055193-3">Sicilien</placeName> dahin gebracht, und den<lb/> felsichten Boden damit beschüttet habe, um solchen an mehrern<lb/> Orten fruchtbar zu machen, daß aber diese Erde in nicht gar langer<lb/> Zeit zu Staub worden sey, wie es denn sehr selten, und fast<lb/> gar nicht regne. 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307
No 60.
Vom 3ten - 8ten Febr:
Zu dem Zweck des Umgangs und derer Bekantschaften haben wir
nicht nur die academie de France bis zu Ende des Carnavals ferner
täglich besuchet, und daselbst unter vielen andern den Cardinal Spinola,
und den Neapolitanischen Principe Luci kennen lernen, sondern sind
auch bey dem Cardinal Acquaviva, und zweymal bey denen Engl.
Printzen gewesen, auch einmal beym König zur Tafel geblieben.
Ein daselbst Mitspeisender Chevalier de Malthe, welcher von
seiner Caravane zurück kommen war, erzehlete von Beschaffenheit
der Insel, daß sie nicht mehr Getreyde hervor bringe, als zum
Unterhalt der Einwohner auf 6 Monathe von nöthen: daß man
zwar viele Schiffe voll Erde aus Sicilien dahin gebracht, und den
felsichten Boden damit beschüttet habe, um solchen an mehrern
Orten fruchtbar zu machen, daß aber diese Erde in nicht gar langer
Zeit zu Staub worden sey, wie es denn sehr selten, und fast
gar nicht regne. Sonst referirte er verschiedenes von denen
Intriguen, welche bey letzterer Wahl des Groß-Meisters vorgegangen,
und wie sonderlich in denen letzten Nächten vor dem Wahl-Tage
manche Bailifs in der Stadt hin und wieder herum geschlichen,
um die Gemüther nach ihren Absichten zu disponiren. Er, nebst
verschiedenen andern Caravanisten, hätte sich dabey die Freude ge-
macht, troup-weise solchen Schleichern nach zu gehen, und sie ohn-
abläßig zu verfolgen, da denn mancher nach einer 2 bis 3 stün-
digen promenade unverrichteter Sachen wieder nach Hause zu
kehren genötiget worden, um nehml: nicht kund werden zu
laßen, in welchen Häusern er zu negotiren Willens gehabt.
In des Cardinal Tencins Hause sind wir verschiedentlich auch gewe-
sen, um nach seinem Gesundheits-Zustande uns zu erkundigen,
weil er seit verwichenem Sonnabend mit einem gewißen
Ausschlag, den manche vor die Krätze halten wollen, incommodiret,
und deswegen nicht sichtbar ist, deßen ohngeachtet iedoch ober-
meldte assemblée in der academie de France beständig fort ge-
halten worden, und seine Cavaliers mit der übrigen Hofstadt,
die noblesse daselbst empfangen und bewirthet haben. Die Ein-
äscherungs Ceremonie in der Päbstl: Capelle mit an zu sehen,
wurden wir zwar gehindert, haben aber so viel Nachricht, daß
die Asche dem Pabst durch den Cardinal Decanum auf den Thron
gebracht, und ihm gewöhnler: maßen auf die Steine appliciret
werde, worauf denn der Pabst à son tour nicht nur an dem Decano,
sondern auch an denen übrigen herbey kommenden Cardinälen, wie
nicht weniger an andern Leuten, die hinzu nahen wollen, diese
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
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Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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