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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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denen sehr vielen antiquen großmächtigen Marmor-Säulen bestehet,
welche sonderlich von dem Mausoleo Hadriani weggenommen, und
hieher gesetzet worden. Constantinus M. soll die erbaut haben:
indeßen lieset man über dem großen Schwibbogen, welcher
nach dem Haupt-Altar führet, folgende Verse:

Teodosius cepit, perfecit Onorius aulam
Doctoris mundi, Sacratam corpore Pauli.

Gleich beym Haupt-Eingange der Kirche lieset man auf einem mo-
nument von Marmor die Nachricht, daß der Kopf des enthaupteten
Pauli auf dieser Stelle gefunden worden, doch wird derselbe nicht
hier, sondern nebst dem Kopf Petri in der Lateranischen Johannis-
Kirche aufbehalten. Indeßen ist auch in dieser Kirche etwas von
ihren Cörpern, und dazu ein eignes Altar aufgebauet. Das mehreste
von ihnen aber muß sich in der hiesigen Peters-Kirche finden,
weil ihr Begräbniß daselbst das renomirteste ist, und haben diese
guten Apostel von Glück zu sagen, daß ihre Cörper nur an die
gedachten 3 Orte vertheilet sind, da andre Heiligen sich an un-
zählichen Orten zerstreuet befinden. Pabst Johannes, welcher 972
gestorben, hat in dieser Kirche eine gantz simple Grab-Städte,
bestehend in einem mit lateinischen Versen beschriebenen Marmor-
Stein, daraus zu ersehen, daß er sich vor einen großen Sünder
gehalten, und vom Feg-Feuer nicht ausgeschloßen. Denn 1) spricht
er, daß er sich deswegen an diesen Ort begraben laßen,

Quo pietate Dei resolutus nexibus atris,
Egregii Pauli meritis conscendat in aethra.

Sodann 2) ermahnet er alle Leser, vor ihn also zu beten:
Christe, Tui famuli misertus Scelera purga.
Eine Haupt-raritaet in dieser Paulus-Kirche ist noch ein crucifix,
deßen Kopf gantz hinunterwärts nach der rechten Seite herum
gedrehet ist, da denn unser einer in seiner Unschuld sich nichts
anders einfallen ließe, als daß der Bild-Schnitzer es in dieser
positur verfertiget habe. Aber weit gefehlet! Es hat mit der
Heilige Brigitta geredet, und zu solchem Ende den Kopf selbst auf
die Seite gewendet.

Die Kirche Sankt Johannis in Laterano. Der daneben stehende Pallast
ist von Sixto V erbauet, der gantze Platz aber ehemals mit dem
Pallast des Constantini M. besetzt gewesen, als in welchem er nach
angenommener christlicher Religion diese Kirche selbst zu erbauen
angefangen haben, und nachgehends alles dem Römischen Bischoff ge-
schencket haben soll. Es schreibet sich diese Kirche deswegen, wie
bekannt, omnium urbis et orbis Ecclesiarum mater et caput, so
gar auch die hiesige Peters Kirche nicht ausgeschloßen, wie davon

denen sehr vielen antiquen großmächtigen Marmor-Säulen bestehet,
welche sonderlich von dem Mausoleo Hadriani weggenommen, und
hieher gesetzet worden. Constantinus M. soll die erbaut haben:
indeßen lieset man über dem großen Schwibbogen, welcher
nach dem Haupt-Altar führet, folgende Verse:

Teodosius cepit, perfecit Onorius aulam
Doctoris mundi, Sacratam corpore Pauli.

Gleich beym Haupt-Eingange der Kirche lieset man auf einem mo-
nument von Marmor die Nachricht, daß der Kopf des enthaupteten
Pauli auf dieser Stelle gefunden worden, doch wird derselbe nicht
hier, sondern nebst dem Kopf Petri in der Lateranischen Johannis-
Kirche aufbehalten. Indeßen ist auch in dieser Kirche etwas von
ihren Cörpern, und dazu ein eignes Altar aufgebauet. Das mehreste
von ihnen aber muß sich in der hiesigen Peters-Kirche finden,
weil ihr Begräbniß daselbst das renomirteste ist, und haben diese
guten Apostel von Glück zu sagen, daß ihre Cörper nur an die
gedachten 3 Orte vertheilet sind, da andre Heiligen sich an un-
zählichen Orten zerstreuet befinden. Pabst Johannes, welcher 972
gestorben, hat in dieser Kirche eine gantz simple Grab-Städte,
bestehend in einem mit lateinischen Versen beschriebenen Marmor-
Stein, daraus zu ersehen, daß er sich vor einen großen Sünder
gehalten, und vom Feg-Feuer nicht ausgeschloßen. Denn 1) spricht
er, daß er sich deswegen an diesen Ort begraben laßen,

Quo pietate Dei resolutus nexibus atris,
Egregii Pauli meritis conscendat in aethra.

Sodann 2) ermahnet er alle Leser, vor ihn also zu beten:
Christe, Tui famuli misertus Scelera purga.
Eine Haupt-raritaet in dieser Paulus-Kirche ist noch ein crucifix,
deßen Kopf gantz hinunterwärts nach der rechten Seite herum
gedrehet ist, da denn unser einer in seiner Unschuld sich nichts
anders einfallen ließe, als daß der Bild-Schnitzer es in dieser
positur verfertiget habe. Aber weit gefehlet! Es hat mit der
Heilige Brigitta geredet, und zu solchem Ende den Kopf selbst auf
die Seite gewendet.

Die Kirche Sankt Johannis in Laterano. Der daneben stehende Pallast
ist von Sixto V erbauet, der gantze Platz aber ehemals mit dem
Pallast des Constantini M. besetzt gewesen, als in welchem er nach
angenommener christlicher Religion diese Kirche selbst zu erbauen
angefangen haben, und nachgehends alles dem Römischen Bischoff ge-
schencket haben soll. Es schreibet sich diese Kirche deswegen, wie
bekannt, omnium urbis et orbis Ecclesiarum mater et caput, so
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[0585] denen sehr vielen antiquen großmächtigen Marmor-Säulen bestehet, welche sonderlich von dem Mausoleo Hadriani weggenommen, und hieher gesetzet worden. Constantinus M. soll die erbaut haben: indeßen lieset man über dem großen Schwibbogen, welcher nach dem Haupt-Altar führet, folgende Verse: Teodosius cepit, perfecit Onorius aulam Doctoris mundi, Sacratam corpore Pauli. Gleich beym Haupt-Eingange der Kirche lieset man auf einem mo- nument von Marmor die Nachricht, daß der Kopf des enthaupteten Pauli auf dieser Stelle gefunden worden, doch wird derselbe nicht hier, sondern nebst dem Kopf Petri in der Lateranischen Johannis- Kirche aufbehalten. Indeßen ist auch in dieser Kirche etwas von ihren Cörpern, und dazu ein eignes Altar aufgebauet. Das mehreste von ihnen aber muß sich in der hiesigen Peters-Kirche finden, weil ihr Begräbniß daselbst das renomirteste ist, und haben diese guten Apostel von Glück zu sagen, daß ihre Cörper nur an die gedachten 3 Orte vertheilet sind, da andre Heiligen sich an un- zählichen Orten zerstreuet befinden. Pabst Johannes, welcher 972 gestorben, hat in dieser Kirche eine gantz simple Grab-Stäte, bestehend in einem mit lateinl: Versen beschriebenen Marmor- Stein, daraus zu ersehen, daß er sich vor einen großen Sünder gehalten, und vom Feg-Feuer nicht ausgeschloßen. Denn 1) spricht er, daß er sich deswegen an diesen Ort begraben laßen, Quo pietate Dei resolutus nexibus atris, Egregii Pauli meritis conscendat in aethra. Sodann 2) ermahnet er alle Leser, vor ihn also zu beten: Christe, Tui famuli misertus Scelera purga. Eine Haupt-raritaet in dieser Paulus-Kirche ist noch ein crucifix, deßen Kopf gantz hinunterwärts nach der rechten Seite herum gedrehet ist, da denn unser einer in seiner Unschuld sich nichts anders einfallen ließe, als daß der Bild-Schnitzer es in dieser positur verfertiget habe. Aber weit gefehlet! Es hat mit der H. Brigitta geredet, und zu solchem Ende den Kopf selbst auf die Seite gewendet. Die Kirche S. Johannis in Laterano. Der daneben stehende Pallast ist von Sixto V erbauet, der gantze Platz aber ehemals mit dem Pallast des Constantini M. besetzt gewesen, als in welchem er nach angenommener christl: Religion diese Kirche selbst zu erbauen angefangen haben, und nachgehends alles dem Röml: Bischoff ge- schencket haben soll. Es schreibet sich diese Kirche deswegen, wie bekannt, omnium urbis et orbis Ecclesiarum mater et caput, so gar auch die hiesige Peters Kirche nicht ausgeschloßen, wie davon

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/585>, abgerufen am 24.11.2024.