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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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könten einen Liebhaber des Alterthums auf viele Wochen occupiren.
Die beyden ältesten Statuen aber sind 1) ein Tuscischer König von bronce
mit einem langen Talar, auf deßen Saum eine alte Tuscische Schrifft
stehet, deren caracteres zwar einigermaßen mit dem lateinischen über-
einkommen, in vielen aber auch differiren und noch von Niemanden
haben können dechiffriret werden. Wenigstens ist wohl ausgemacht, daß
diese Statue kein Scipio seyn könne, weil sonst die Schrifft nothwendig
lateinisch wäre. 2) Eine chimaera gleichfals von bronce, forne wie
ein Löwe, und hinten auf dem Rücken wie ein Drache gestalt, wie
denn auch aus dem Rückegrad ein Ziegen-Kopf mit Hörnern hervor
raget, daß also die Beschreibung, welche Lucretius von der chimaera
machet, volkommen eintrifft. Auf der rechten vorder-Pfote dieses
monstri stehen ebenfals etliche Worte von schon gedachter Tuscischen
Schrifft. Man hat auch dem Michael Angelo die Ehre gethan, zwey
von seinen Statuen mit hieher zu setzen, weil sie an Kunst denen
alten nichts nachgeben, nehmlich einen Bachum, darüber er 18
Jahr gearbeitet, an deßen Gesicht und gantzer Leibes-Gestalt man den
effect des übermäßig genoßenen Weines auf das genaueste wahr-
nehmen kan, und ein Brust-Bild von Bruto, dem Mörder des Caesaris,
den Angelo nach einer hier auch vorhandenen antique verfertiget,
aber nicht völlig ausgearbeitet hat, davon in dem darunter stehenden
disticho folgende Ursach angegeben wird.

Dum Bruti effigiem Sculptor de marmore ducit,
In mentem Sceleris venit et abstinuit.

Aus dieser mit Bildern und Statuen so reichlich versehenen Galerie
gehen, denen Fenstern gegen über, die Thüren in die besondern
Zimmer und Cabinetter, als die Haupt-Behältniße derer vorhandenen
Seltenheiten. In dem Cabinet des peintres siehet man mit beson-
derem Vergnügen die portraits derer alten und neuen berühmtesten
Mahler, und zwar nota bene alle und iede von ihnen selbst gemahlet.
Eine Wand ist vor die Lombardischen, die andere vor die Toscanischen
und die dritte vor die übrigen Italiänischen und auswärtigen
Mahler destiniret. Albert Dürer hat sich auf Holtz gemahlt, und fol-
gende Schrifft dabey gesetzt:

1498
Das malt ich nach meiner Gestalt
Ich war sechs und Zwantzig Jar alt.
Albrecht Dürer.

[Abbildung]

Der bekante Antwerper, Quintus Metsius, welcher aus einem Schmiede
ein treflicher Mahler worden, um eines Mahlers Tochter, der seine
erste profession nicht angestanden, zu heyrathen, hat sich mit seiner
Frau auch auf Holtz dergestalt abgeschildert, daß sein portrait sich in

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könten einen Liebhaber des Alterthums auf viele Wochen occupiren.
Die beyden ältesten Statuen aber sind 1) ein Tuscischer König von bronce
mit einem langen Talar, auf deßen Saum eine alte Tuscische Schrifft
stehet, deren caracteres zwar einigermaßen mit dem lateinischen über-
einkommen, in vielen aber auch differiren und noch von Niemanden
haben können dechiffriret werden. Wenigstens ist wohl ausgemacht, daß
diese Statue kein Scipio seyn könne, weil sonst die Schrifft nothwendig
lateinisch wäre. 2) Eine chimaera gleichfals von bronce, forne wie
ein Löwe, und hinten auf dem Rücken wie ein Drache gestalt, wie
denn auch aus dem Rückegrad ein Ziegen-Kopf mit Hörnern hervor
raget, daß also die Beschreibung, welche Lucretius von der chimaera
machet, volkommen eintrifft. Auf der rechten vorder-Pfote dieses
monstri stehen ebenfals etliche Worte von schon gedachter Tuscischen
Schrifft. Man hat auch dem Michael Angelo die Ehre gethan, zwey
von seinen Statuen mit hieher zu setzen, weil sie an Kunst denen
alten nichts nachgeben, nehmlich einen Bachum, darüber er 18
Jahr gearbeitet, an deßen Gesicht und gantzer Leibes-Gestalt man den
effect des übermäßig genoßenen Weines auf das genaueste wahr-
nehmen kan, und ein Brust-Bild von Bruto, dem Mörder des Caesaris,
den Angelo nach einer hier auch vorhandenen antique verfertiget,
aber nicht völlig ausgearbeitet hat, davon in dem darunter stehenden
disticho folgende Ursach angegeben wird.

Dum Bruti effigiem Sculptor de marmore ducit,
In mentem Sceleris venit et abstinuit.

Aus dieser mit Bildern und Statuen so reichlich versehenen Galerie
gehen, denen Fenstern gegen über, die Thüren in die besondern
Zimmer und Cabinetter, als die Haupt-Behältniße derer vorhandenen
Seltenheiten. In dem Cabinet des peintres siehet man mit beson-
derem Vergnügen die portraits derer alten und neuen berühmtesten
Mahler, und zwar nota bene alle und iede von ihnen selbst gemahlet.
Eine Wand ist vor die Lombardischen, die andere vor die Toscanischen
und die dritte vor die übrigen Italiänischen und auswärtigen
Mahler destiniret. Albert Dürer hat sich auf Holtz gemahlt, und fol-
gende Schrifft dabey gesetzt:

1498
Das malt ich nach meiner Gestalt
Ich war sechs und Zwantzig Jar alt.
Albrecht Dürer.

[Abbildung]

Der bekante Antwerper, Quintus Metsius, welcher aus einem Schmiede
ein treflicher Mahler worden, um eines Mahlers Tochter, der seine
erste profession nicht angestanden, zu heyrathen, hat sich mit seiner
Frau auch auf Holtz dergestalt abgeschildert, daß sein portrait sich in

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[0534] 260 könten einen Liebhaber des Alterthums auf viele Wochen occupiren. Die beyden ältesten Statuen aber sind 1) ein Tuscischer König von bronce mit einem langen Talar, auf deßen Saum eine alte Tuscische Schrifft stehet, deren caracteres zwar einigermaßen mit dem lateinl: über- einkommen, in vielen aber auch differiren und noch von Niemanden haben können dechiffriret werden. Wenigstens ist wohl ausgemacht, daß diese Statue kein Scipio seyn könne, weil sonst die Schrifft nothwendig lateinisch wäre. 2) Eine chimaera gleichfals von bronce, forne wie ein Löwe, und hinten auf dem Rücken wie ein Drache gestalt, wie denn auch aus dem Rückegrad ein Ziegen-Kopf mit Hörnern hervor raget, daß also die Beschreibung, welche Lucretius von der chimaera machet, volkommen eintrifft. Auf der rechten vorder-Pfote dieses monstri stehen ebenfals etliche Worte von schon gedachter Tuscischen Schrifft. Man hat auch dem Michael Angelo die Ehre gethan, zwey von seinen Statuen mit hieher zu setzen, weil sie an Kunst denen alten nichts nachgeben, nehmlich einen Bachum, darüber er 18 Jahr gearbeitet, an deßen Gesicht und gantzer Leibes-Gestalt man den effect des übermäßig genoßenen Weines auf das genaueste wahr- nehmen kan, und ein Brust-Bild von Bruto, dem Mörder des Caesaris, den Angelo nach einer hier auch vorhandenen antique verfertiget, aber nicht völlig ausgearbeitet hat, davon in dem darunter stehenden disticho folgende Ursach angegeben wird. Dum Bruti effigiem Sculptor de marmore ducit, In mentem Sceleris venit et abstinuit. Aus dieser mit Bildern und Statuen so reichlich versehenen Galerie gehen, denen Fenstern gegen über, die Thüren in die besondern Zimmer und Cabinetter, als die Haupt-Behältniße derer vorhandenen Seltenheiten. In dem Cabinet des peintres siehet man mit beson- derem Vergnügen die portraits derer alten und neuen berühmtesten Mahler, und zwar NB. alle und iede von ihnen selbst gemahlet. Eine Wand ist vor die Lombardischen, die andere vor die Toscanischen und die dritte vor die übrigen Italiänischen und auswärtigen Mahler destiniret. Albert Dürer hat sich auf Holtz gemahlt, und fol- gende Schrifft dabey gesetzt: 1498 Das malt ich nach meiner Gestalt Ich war sechs und Zwantzig Jar alt. Albrecht Dürer. [Abbildung ] Der bekante Antwerper, Quintus Metsius, welcher aus einem Schmiede ein treflicher Mahler worden, um eines Mahlers Tochter, der seine erste profession nicht angestanden, zu heyrathen, hat sich mit seiner Frau auch auf Holtz dergestalt abgeschildert, daß sein portrait sich in

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/534>, abgerufen am 23.11.2024.