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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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am Haupt-Altar aber giebt eine gantz besondre Probe von denen
Irthümern der Mahler; denn Christus wird als vor einem etlichen
Stufen erhöheten Altar stehend vorgestellet, hält eine Hostie in
der Hand, welche zu empfangen einer von denen umstehenden
Jüngern sich mit tiefer Beugung hinzu nahet. Ein in denen
Wolcken schwebender Engel räuchert dem Altar mit einem
solchen Rauch-Faße, wie bey der Meße gewöhnlich ist, entgegen.
Die Hauptreliquie dieser Kirche ist der Cörper der Heiligen Catharina
de Vigri
, welcher in einer Capelle, gleich einem Marien-Bilde,
prächtig angezogen auf dem Altar stehet. Gesicht, Hände und
Füße sind Kohl schwartz, und kan man nicht anders vermuthen,
als daß dieser hier par miracle vor unverweßlich passirende Cörper
eine gantz natürlichen mumie sey. Eine genaue Untersuchung ist des-
wegen nicht möglich, weil man in gedachte Capelle nur durch
ein Gitter hinein sehen darf, auch kein Tages-Licht hinein fält,
sondern alles in derselben nur mit Kertzen und Lampen illu-
miniret ist. Sollte Ist dieses derselbe Cörper seyn, welcher, nach der Erzehlung
des Jesuiten zu Lyon, einen großen König catholisch gemacht,
so hat man sich billig darüber sehr zu verwundern.

7.) An der Kirche Sankt Proculi stehen auswendig an der Mauer
diese Verse, iedoch mit gantz neuer Schrifft, weil die alte vom
Wetter eingegangen seyn soll:

Si procul a Proculo Proculi campana fuisset,
jam procul a Proculo Proculus ipse foret.

welche kurtz dieses sagen wollen: daß, [unleserliches Material]Wenn ein gewißer
Mensch, Nahmens Proculus, von der auf dem Thurm dieser
Kirche hängenden Glocke nicht wäre erschlagen worden, so
würde er in der Kirche des Heiligen Proculi nicht begraben, sondern
am Leben geblieben seyn.

8.) Die Bilder Sankt Bartholemei und Sankt Caroli Borromaei von
Lud. Caraccio, eine Maria von Titian und die Historie
der Verkündung Mariae von Albani sind die raritaeten
in der Kirche der Theatiner.

9.) In der Kirche von Sankt Salvator aber wird unser Heyland von
Guido Reni, und Mariae Himmelfarth von Augustino Ca-
raccio
als etwas besonders gezeiget. Wie man denn vor die
Mahlerey sehr starck passioniret seyn muß, um über denen
Erklärungen derer Italiänischen antiquarien von Bildern
und Mahlern nicht zu ermüden. In eben dieser Sankt Salvators

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am Haupt-Altar aber giebt eine gantz besondre Probe von denen
Irthümern der Mahler; denn Christus wird als vor einem etlichen
Stufen erhöheten Altar stehend vorgestellet, hält eine Hostie in
der Hand, welche zu empfangen einer von denen umstehenden
Jüngern sich mit tiefer Beugung hinzu nahet. Ein in denen
Wolcken schwebender Engel räuchert dem Altar mit einem
solchen Rauch-Faße, wie bey der Meße gewöhnlich ist, entgegen.
Die Hauptreliquie dieser Kirche ist der Cörper der Heiligen Catharina
de Vigri
, welcher in einer Capelle, gleich einem Marien-Bilde,
prächtig angezogen auf dem Altar stehet. Gesicht, Hände und
Füße sind Kohl schwartz, und kan man nicht anders vermuthen,
als daß dieser hier par miracle vor unverweßlich passirende Cörper
eine gantz natürlichen mumie sey. Eine genaue Untersuchung ist des-
wegen nicht möglich, weil man in gedachte Capelle nur durch
ein Gitter hinein sehen darf, auch kein Tages-Licht hinein fält,
sondern alles in derselben nur mit Kertzen und Lampen illu-
miniret ist. Sollte Ist dieses derselbe Cörper seyn, welcher, nach der Erzehlung
des Jesuiten zu Lyon, einen großen König catholisch gemacht,
so hat man sich billig darüber sehr zu verwundern.

7.) An der Kirche Sankt Proculi stehen auswendig an der Mauer
diese Verse, iedoch mit gantz neuer Schrifft, weil die alte vom
Wetter eingegangen seyn soll:

Si procul a Proculo Proculi campana fuisset,
jam procul a Proculo Proculus ipse foret.

welche kurtz dieses sagen wollen: daß, [unleserliches Material]Wenn ein gewißer
Mensch, Nahmens Proculus, von der auf dem Thurm dieser
Kirche hängenden Glocke nicht wäre erschlagen worden, so
würde er in der Kirche des Heiligen Proculi nicht begraben, sondern
am Leben geblieben seyn.

8.) Die Bilder Sankt Bartholemei und Sankt Caroli Borromaei von
Lud. Caraccio, eine Maria von Titian und die Historie
der Verkündung Mariae von Albani sind die raritaeten
in der Kirche der Theatiner.

9.) In der Kirche von Sankt Salvator aber wird unser Heyland von
Guido Reni, und Mariae Himmelfarth von Augustino Ca-
raccio
als etwas besonders gezeiget. Wie man denn vor die
Mahlerey sehr starck passioniret seyn muß, um über denen
Erklärungen derer Italiänischen antiquarien von Bildern
und Mahlern nicht zu ermüden. In eben dieser Sankt Salvators

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[0522] 254 am Haupt-Altar aber giebt eine gantz besondre Probe von denen Irthümern der Mahler; denn Christus wird als vor einem etl. Stufen erhöheten Altar stehend vorgestellet, hält eine Hostie in der Hand, welche zu empfangen einer von denen umstehenden Jüngern sich mit tiefer Beugung hinzu nahet. Ein in denen Wolcken schwebender Engel räuchert dem Altar mit einem solchen Rauch-Faße, wie bey der Meße gewöhnlich ist, entgegen. Die Hauptreliquie dieser Kirche ist der Cörper der H. Catharina de Vigri, welcher in einer Capelle, gleich einem Marien-Bilde, prächtig angezogen auf dem Altar stehet. Gesicht, Hände und Füße sind Kohl schwartz, und kan man nicht anders vermuthen, als daß dieser hier par miracle vor unverweßlich passirende Cörper eine gantz natürl: mumie sey. Eine genaue Untersuchung ist des- wegen nicht möglich, weil man in gedachte Capelle nur durch ein Gitter hinein sehen darf, auch kein Tages-Licht hinein fält, sondern alles in derselben nur mit Kertzen und Lampen illu- miniret ist. Sollte dieses derselbe Cörper seyn, welcher, nach der Erzehlung des Jesuiten zu Lyon, einen großen König catholisch gemacht, so hat man sich billig darüber sehr zu verwundern. 7.) An der Kirche S. Proculi stehen auswendig an der Mauer diese Verse, iedoch mit gantz neuer Schrifft, weil die alte vom Wetter eingegangen seyn soll: Si procul a Proculo Proculi campana fuisset, jam procul a Proculo Proculus ipse foret. welche kurtz dieses sagen wollen: Wenn ein gewißer Mensch, Nahmens Proculus, von der auf dem Thurm dieser Kirche hängenden Glocke nicht wäre erschlagen worden, so würde er in der Kirche des H. Proculi nicht begraben, sondern am Leben geblieben seyn. 8.) Die Bilder S. Bartholemei und S. Caroli Borromaei von Lud. Caraccio, eine Maria von Titian und die Historie der Verkündung Mariae von Albani sind die raritaeten in der Kirche der Theatiner. 9.) In der Kirche von S. Salvator aber wird unser Heyland von Guido Reni, und Mariae Himmelfarth von Augustino Ca- raccio als etwas besonders gezeiget. Wie man denn vor die Mahlerey sehr starck passioniret seyn muß, um über denen Erklärungen derer Italiänischen antiquarien von Bildern und Mahlern nicht zu ermüden. In eben dieser S. Salvators

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/522>, abgerufen am 23.11.2024.