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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Pabst Bonifacius VIII diesertwegen an sie selbst sowol als andre
geschrieben, hengen dabey auf Pergament copirt in einem gol-
denen Rahm gefast. Die weit ausgeschweifften Brust-Stücke die-
ser Harnische, desgleichen die flachen, fast einer Mütze gleichen-
den casquets beweisen zwar, daß diese armatur vor Weiber
gemacht sey. Ob solche aber würcklich zu einem Feld-Zuge ge-
braucht worden, oder ob, nach dem bekanten naturel des ge-
dachten Pabsts die gantze Sache eine intrique gewesen, um
das männliche Geschlecht zu beschämen und denen Creutz-Zü-
gen mehrern Zulauff zu Wege zu bringen, solches lißet
man dahin gestellet seyn.

2.) Die Kirchen der Stadt Genua, deren wir 6 besehen, sind fast
durchgängig mit marmor incrustiret und haben vortreflich en
fresco gemahlte und verguldete plafonds. In der von Saint Cyr
welche das Haus Pallavicini gestifftet, bemeckten wir eine
besondre Invention, wie man sich bey lebendigem Leibe eine
Statue setzen, und dennoch den Verdacht des Hochmuts dabey ab-
lehnen könne. Es hat nehmlich in dieser Kirche Augustinus
Pallavicini
sich in Lebens-Größe in weißen marmor hauen
und solche Statue mit mancherley zu einem Begräbniß-
monument sich schickenden Dingen embelliren laßen. Von der
darunter stehenden inscription aber ist folgendes der Haupt-
Inhalt: A Pallavicinus, Sceptra, coronas, purpuras ad mortem
revocans, talibus quam nollet moueri ut testaretur, hic se
marmoreum viuens statuebat. Von dem Thurm der sogenann-
ten Kirche de Carignan, kan man die gantze Stadt den Hafen
und die See auf das angenehmste übersehen. Die Brücke,
welche zu dieser Kirche und dem dazu gehörigen Stiffte
führet, verknüpfet zwey sonst durch eine tiefe Klufft
separirte Berge, und ist dermaßen hoch, daß unter dem
einen Schwibbogen ein Haus von 4 Stockwercken er-
bauet ist, welches gleichwol noch Lufft genug bis zum
Schluß des Schwibbogens über sich hat.

3.) La maison des pauvres ist eine Stifftung des Hauses
Brignoli, wozu nachgehends auch andre Wohlthäter große
Summen vermacht. Das Gebäude hat 4 Plätze, ist auch um so
viel kostbarer, weil ein gantzer Felsen-Berg zu Gewinnung
des Platzes hat müßen weggebrochen werden. Die Statuen
derer gedachten Wohlthäter sind in ziemlicher Anzahl hin und

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Pabst Bonifacius VIII diesertwegen an sie selbst sowol als andre
geschrieben, hengen dabey auf Pergament copirt in einem gol-
denen Rahm gefast. Die weit ausgeschweifften Brust-Stücke die-
ser Harnische, desgleichen die flachen, fast einer Mütze gleichen-
den casquets beweisen zwar, daß diese armatur vor Weiber
gemacht sey. Ob solche aber würcklich zu einem Feld-Zuge ge-
braucht worden, oder ob, nach dem bekanten naturel des ge-
dachten Pabsts die gantze Sache eine intrique gewesen, um
das männliche Geschlecht zu beschämen und denen Creutz-Zü-
gen mehrern Zulauff zu Wege zu bringen, solches lißet
man dahin gestellet seyn.

2.) Die Kirchen der Stadt Genua, deren wir 6 besehen, sind fast
durchgängig mit marmor incrustiret und haben vortreflich en
fresco gemahlte und verguldete plafonds. In der von Saint Cyr
welche das Haus Pallavicini gestifftet, bemeckten wir eine
besondre Invention, wie man sich bey lebendigem Leibe eine
Statue setzen, und dennoch den Verdacht des Hochmuts dabey ab-
lehnen könne. Es hat nehmlich in dieser Kirche Augustinus
Pallavicini
sich in Lebens-Größe in weißen marmor hauen
und solche Statue mit mancherley zu einem Begräbniß-
monument sich schickenden Dingen embelliren laßen. Von der
darunter stehenden inscription aber ist folgendes der Haupt-
Inhalt: A Pallavicinus, Sceptra, coronas, purpuras ad mortem
revocans, talibus quam nollet moueri ut testaretur, hic se
marmoreum viuens statuebat. Von dem Thurm der sogenann-
ten Kirche de Carignan, kan man die gantze Stadt den Hafen
und die See auf das angenehmste übersehen. Die Brücke,
welche zu dieser Kirche und dem dazu gehörigen Stiffte
führet, verknüpfet zwey sonst durch eine tiefe Klufft
separirte Berge, und ist dermaßen hoch, daß unter dem
einen Schwibbogen ein Haus von 4 Stockwercken er-
bauet ist, welches gleichwol noch Lufft genug bis zum
Schluß des Schwibbogens über sich hat.

3.) La maison des pauvres ist eine Stifftung des Hauses
Brignoli, wozu nachgehends auch andre Wohlthäter große
Summen vermacht. Das Gebäude hat 4 Plätze, ist auch um so
viel kostbarer, weil ein gantzer Felsen-Berg zu Gewinnung
des Platzes hat müßen weggebrochen werden. Die Statuen
derer gedachten Wohlthäter sind in ziemlicher Anzahl hin und

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[0506] 246 Pabst Bonifacius VIII diesertwegen an sie selbst sowol als andre geschrieben, hengen dabey auf Pergament copirt in einem gol- denen Rahm gefast. Die weit ausgeschweifften Brust-Stücke die- ser Harnische, desgleichen die flachen, fast einer Mütze gleichen- den casquets beweisen zwar, daß diese armatur vor Weiber gemacht sey. Ob solche aber würcklich zu einem Feld-Zuge ge- braucht worden, oder ob, nach dem bekanten naturel des ge- dachten Pabsts die gantze Sache eine intrique gewesen, um das männliche Geschlecht zu beschämen und denen Creutz-Zü- gen mehrern Zulauff zu Wege zu bringen, solches lißet man dahin gestellet seyn. 2.) Die Kirchen der Stadt Genua, deren wir 6 besehen, sind fast durchgängig mit marmor incrustiret und haben vortreflich en fresco gemahlte und verguldete plafonds. In der von St. Cyr welche das Haus Pallavicini gestifftet, bemeckten wir eine besondre Invention, wie man sich bey lebendigem Leibe eine Statue setzen, und dennoch den Verdacht des Hochmuts dabey ab- lehnen könne. Es hat nehmlich in dieser Kirche Augustinus Pallavicini sich in Lebens-Größe in weißen marmor hauen und solche Statue mit mancherley zu einem Begräbniß- monument sich schickenden Dingen embelliren laßen. Von der darunter stehenden inscription aber ist folgendes der Haupt- Inhalt: A Pallavicinus, Sceptra, coronas, purpuras ad mortem revocans, talibus quam nollet moueri ut testaretur, hic se marmoreum viuens statuebat. Von dem Thurm der sogenann- ten Kirche de Carignan, kan man die gantze Stadt den Hafen und die See auf das angenehmste übersehen. Die Brücke, welche zu dieser Kirche und dem dazu gehörigen Stiffte führet, verknüpfet zwey sonst durch eine tiefe Klufft separirte Berge, und ist dermaßen hoch, daß unter dem einen Schwibbogen ein Haus von 4 Stockwercken er- bauet ist, welches gleichwol noch Lufft genug bis zum Schluß des Schwibbogens über sich hat. 3.) La maison des pauvres ist eine Stifftung des Hauses Brignoli, wozu nachgehends auch andre Wohlthäter große Summen vermacht. Das Gebäude hat 4 Plätze, ist auch um so viel kostbarer, weil ein gantzer Felsen-Berg zu Gewinnung des Platzes hat müßen weggebrochen werden. Die Statuen derer gedachten Wohlthäter sind in ziemlicher Anzahl hin und

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/506>, abgerufen am 23.11.2024.