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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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scheine alle diese Nachrichten von dem Printz von Lichtenstein selbst zu haben
dem er die Gelder fourniret, und bey ihm sehr intrant, auch gestern noch eine
Stunde bey ihm gewesen ist, ohnerachtet er bey ietziger schwehren Betrübniß sonst
Niemanden vor sich läßt.

Den 3 November

Wegen heutigen extra schlimmen Schnee- und Stöber-Wetters, sind wir nicht ausge-
fahren, haben aber von Herrn Pastor Petersen einen angenehmen Zuspruch gehabt, und die
übrige Zeit zum Schreiben und Lesen angewandt.

Den 4 ejusdem

Bey Gelegenheit gewißer von der Frau Gräfin von Hoym assignirter Gelder, wurde hier
mit einem Parlements-Advocaten Monseigneur Milsonneau, eine sehr angenehme und pro-
fitable Bekandschaft gemacht: Er hat eine 3 Zimmer einnehmende, und in allen
Wißenschaften, recht selecte Bibliothec, und ist des gantzen Zustandes von Franck-
reich
vollkommen kundig, weil er währender Minorennities des Königs, 10 Jahre
in denen wichtigsten Staats- und Finanz-Sachen zu arbeiten gehabt. Von der
Hoymischen Verlaßenschaft, welche gantz durch seine Hände gegangen, gab er die
Nachricht, daß dasjenige was hier in Franckreich gestanden, von dem hiesigen
Hofe keinesweges confisciret worden, Graf Watzdorf auch, der Sächsischen Confiscatil
ohnerachtet, von dem Dresdenischen Hofe die Erlaubniß erhalten habe, den hiesigen
Antheil solcher Erbschaft einzucassiren. Nachdem aber ietztgedachter Graf vorher schon
dem Grafen von Sachsen die gantze hiesige Erbschaft, als confisciret, geschenckt
so habe Graf Watzdorf sich mit ihm dergestalt in Güte vergliechen, daß ge-
meldter Graf von Sachsen 3/4 davon bekommen. 25000 Livres jährliche Rentes viage
welche der Graf Hoym auf hiesigem Hotel de ville gehabt, wären durch seinen
Tod verlohren gegangen, eben so viel rentes perpetuelles aber, wären noch
vorhanden, und von diesen bekomme die Frau Gräfin von Hoym, ihren jährlichen
Antheil bezahlet. Es ist sonst dieser Milsoneau ein Protestant, weil er schon
vor etliche 30 Jahren beym Parlement recipiret worden, ietziger Zeit aber lässt
man frembde Glaubens-Genoßen nicht mehr passiren. Gegen mittag gaben
wir dem Marquis de Montbrun Visite, und wurden nachmittags von dem
selben bey der Princesse de Grimberg praesentiret, welche gar freundlich und
gnädig that, und uns zum öftern Widerkommen, einlude, der gantze Discours
aber handelte theils vom Tode des Kaysers, theils von glücklichen und unglücklichen
Spielen, wobey die Princessin ihre gantz besondre Neigung zum Piquet denen
Anwesenden declarirte. Sie ist des vorigen Chur-Fürsten von Bayern Maitresse
gewesen, welcher ihr die kleine Principeaute Grimberg, ohnweit Brüßel gelegen
angeschaffet. Ihr Gemahl heist eigentlich Comte d'Albert, hat aber ihren Nahmen angenommen
und beobachtet hier das Bayerische Interesse, lebt auch mit vielem Splendeur, so, daß
das Grimbergische Haus, hier vor eines der besten gehalten wird.

Den 5 ejusdem

Haben wir uns, wegen morgender Communion, inne gehalten, auch von Niemand
als Herrn Petersen, Zuspruch angenommen, als bey welchen wir

Den 6 ejusdem

mit der übrigen Gemeinde öffentlich communiciret, nachdem er zwar über Psalm 94.4,6,7,8
eine erbauliche Ernahmungs-Rede gehalten. In der auf die Communion folgenden Predigt, stellte
er aus dem heutigen Sontags-Ewangelio Johannes 4. 4 47 Seqp: derg Stücke vor, nehmlich: 1) unsre
Pflicht zu Christo zu kommen, von ihm das Wort der Wahrheit zu hören und demselben gehorsam
zu werden. 2) den glückseeligen Zustand derrjenigen, welche auf diese Weise zu Christo
kommen, und 3.) eine Anleitung, wie man auch andere mit sich zu Christo bringen solle.
Die gewöhnliche nachmittags-Erbauung hielte er über die Worte 1 Joh. 2.4.28. und ermunterte die
Gläubigen zum Bleiben, 1.) in der Lehre, 2.) in der Liebe Christi, die Ungläubigen aber unterließ er nicht
zu beyden Stücken aufs freundlichste einzuladen.

scheine alle diese Nachrichten von dem Printz von Lichtenstein selbst zu haben
dem er die Gelder fourniret, und bey ihm sehr intrant, auch gestern noch eine
Stunde bey ihm gewesen ist, ohnerachtet er bey ietziger schwehren Betrübniß sonst
Niemanden vor sich läßt.

Den 3 November

Wegen heutigen extra schlimmen Schnee- und Stöber-Wetters, sind wir nicht ausge-
fahren, haben aber von Herrn Pastor Petersen einen angenehmen Zuspruch gehabt, und die
übrige Zeit zum Schreiben und Lesen angewandt.

Den 4 ejusdem

Bey Gelegenheit gewißer von der Frau Gräfin von Hoym assignirter Gelder, wurde hier
mit einem Parlements-Advocaten Monseigneur Milsonneau, eine sehr angenehme und pro-
fitable Bekandschaft gemacht: Er hat eine 3 Zimmer einnehmende, und in allen
Wißenschaften, recht selecte Bibliothec, und ist des gantzen Zustandes von Franck-
reich
vollkommen kundig, weil er währender Minorennities des Königs, 10 Jahre
in denen wichtigsten Staats- und Finanz-Sachen zu arbeiten gehabt. Von der
Hoymischen Verlaßenschaft, welche gantz durch seine Hände gegangen, gab er die
Nachricht, daß dasjenige was hier in Franckreich gestanden, von dem hiesigen
Hofe keinesweges confisciret worden, Graf Watzdorf auch, der Sächsischen Confiscatil
ohnerachtet, von dem Dresdenischen Hofe die Erlaubniß erhalten habe, den hiesigen
Antheil solcher Erbschaft einzucassiren. Nachdem aber ietztgedachter Graf vorher schon
dem Grafen von Sachsen die gantze hiesige Erbschaft, als confisciret, geschenckt
so habe Graf Watzdorf sich mit ihm dergestalt in Güte vergliechen, daß ge-
meldter Graf von Sachsen ¾ davon bekommen. 25000 Livres jährliche Rentes viage
welche der Graf Hoym auf hiesigem Hotel de ville gehabt, wären durch seinen
Tod verlohren gegangen, eben so viel rentes perpetuelles aber, wären noch
vorhanden, und von diesen bekomme die Frau Gräfin von Hoym, ihren jährlichen
Antheil bezahlet. Es ist sonst dieser Milsoneau ein Protestant, weil er schon
vor etliche 30 Jahren beym Parlement recipiret worden, ietziger Zeit aber lässt
man frembde Glaubens-Genoßen nicht mehr passiren. Gegen mittag gaben
wir dem Marquis de Montbrun Visite, und wurden nachmittags von dem
selben bey der Princesse de Grimberg praesentiret, welche gar freundlich und
gnädig that, und uns zum öftern Widerkommen, einlude, der gantze Discours
aber handelte theils vom Tode des Kaysers, theils von glücklichen und unglücklichen
Spielen, wobey die Princessin ihre gantz besondre Neigung zum Piquet denen
Anwesenden declarirte. Sie ist des vorigen Chur-Fürsten von Bayern Maitresse
gewesen, welcher ihr die kleine Principeauté Grimberg, ohnweit Brüßel gelegen
angeschaffet. Ihr Gemahl heist eigentlich Comte d’Albert, hat aber ihren Nahmen angenommen
und beobachtet hier das Bayerische Interesse, lebt auch mit vielem Splendeur, so, daß
das Grimbergische Haus, hier vor eines der besten gehalten wird.

Den 5 ejusdem

Haben wir uns, wegen morgender Communion, inne gehalten, auch von Niemand
als Herrn Petersen, Zuspruch angenommen, als bey welchen wir

Den 6 ejusdem

mit der übrigen Gemeinde öffentlich communiciret, nachdem er zwar über Psalm 94.4,6,7,8
eine erbauliche Ernahmungs-Rede gehalten. In der auf die Communion folgenden Predigt, stellte
er aus dem heutigen Sontags-Ewangelio Johannes 4. 4 47 Seqp: derg Stücke vor, nehmlich: 1) unsre
Pflicht zu Christo zu kommen, von ihm das Wort der Wahrheit zu hören und demselben gehorsam
zu werden. 2) den glückseeligen Zustand derrjenigen, welche auf diese Weise zu Christo
kommen, und 3.) eine Anleitung, wie man auch andere mit sich zu Christo bringen solle.
Die gewöhnliche nachmittags-Erbauung hielte er über die Worte 1 Joh. 2.4.28. und ermunterte die
Gläubigen zum Bleiben, 1.) in der Lehre, 2.) in der Liebe Christi, die Ungläubigen aber unterließ er nicht
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/33>, abgerufen am 21.11.2024.