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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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der Comte de Montbrun sich beurlaubet, hatten wir den hiesigen Dähnischen Le-
gations-Secretarium Waßerleben und Herrn Petersen bey uns zu Gaste, da denn der
Kayserliche Todes-Fall zu mancherley geistlich und politischen Reflexionen genugsame
Gelegenheit gab, und Herr Petersen auf die Worte uns verwieß: verflucht sey
der Mann, der sich auf Menschen verläßt perge worüber er letzt verwichenen
Sonntag nachmittag eine Ermahnung gehalten. Nachmittags fuhren wir, der
mit dem Marquis de Montbrun genommenen Abrede zu folge, zu dem Duc
de Bouillon, grand Chambellan du Roi, und wurden von ihm, weil er daselbst ge-
speiset, an den Duc praesentiret. Er empfing Illmum mit einer sehr freundlichen
Embrassade, dergleichen auch von dem gleichfals daselbst gewesenen Marquis de
Bau[unleserliches Material]fremont
geschahe. Der gantze Discours roulirte auf dem Untergange des
Oesterreichischen Mann-Stammes, und wurde aus der Historie vieles beygebracht,
hiernächst aber auch von dem Droit d'aubaine oder iure albinagii gesprochen,
vermöge deßen man denen Kindern des Duc de Bouillon Schwierigkeit macht, in
dem Olauischen, als der Verlaßenschaft ihres Groß-Vaters, des Printzen Constantins,
von Pohlen
, zu succediren. Beym Abschied wurde Illustrissimus zum diner und Souper
so oft es beliebig, nebst uns invitiret, wie denn auch schon gedachter Duc die-
selben nochmals embrassirte und sich von dem Marquis de Montbrun kaum
mit Gewalt zurück halten ließ Illustrissimum die Treppe hinunter zu begleiten.
Der Beschluß des Tages wurde mit Besuchung des Concert Spirituel gemacht,
in welchem unter einer sehr starcken Instrumental-Music, lateinische Psalmen
abgesungen wurden; wie denn derer Sänger 30 an der Zahl und unter denen
Fleute traversiere dabey ungemein wohl hören. Es wird dieses Concert in dem
Königlichen Palais aux Tuileries auf einem großen Saal gehalten, in welchem
mit großen Buchstaben die zur Sache nicht unschicklichen Worte, angeschrieben
stehen: Sic Davidis aula Sonabat.

Den 2 November

Heute haben wir in einem gantz entfernten Quartier der Stadt, den berühmten
Rollin zwar aufgesuchet, auch sein haus gefunden und daran lange ge-
klopfet: weil aber die Thüre nicht geöffnet wurde, sind wir unverrichteter
Sachen, wider nach Hause gefahren, und haben von dem Comte de Lützeburg
Visite gehabt, da denn der ietzige universal-materie aller hiesigen Gespräche
von dem Absterben des Kaysers, auch bey uns das Sujet de Discour war. Der
Banquier Bauer, bey welchem man Geschäfte halber zu thun hatte, berichtete: daß
der Printz von Lichtenstein nunmehro auch einen Courier erhalten, welcher mitge-
bracht, daß der Kayser mit vieler Großmuth den 20 October gestorben, und seine
alteste Prinzeßin seinen vertrautesten Ministris aufs nachdrücklichste
recommendiret habe. Wie sie denn auch so fort nach dem Ableben des Herrn Vaters
zur Königin von Ungarn und Böhmen und Souverainin aller Oesterreichischen
Erblande declariret worden. Auch versicherte er von guter Hand zu wißen,
daß der Cardinal sich erkläret habe, die pragmatische Sanction, der geleisteten
Guarantie gemäß, würcklich zu mainteniren perge, perge Seinem fernern Bericht nach
wird der Printz Lichtenstein zwar noch hier bleiben, aber ohne Caracteir, weil
es ihm nachtheilig seyn würde, da er bisher als Kayserlicher Ambassadeur den Rang
über alle gehabt, nunmehro Ungarischer und Böhmischer Abgesandter zu seyn, und
dadurch mit allen übrigen Ambassadeurs in Rang-Dispute zu verfallen, in-
dem man sich nicht erinnert, daß iemals ein Ungarischer und Böhmischer Am-
bassadeur hier gewesen, folglich auch seines Rangs wegen, nichts reguliret ist. Er

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der Comte de Montbrun sich beurlaubet, hatten wir den hiesigen Dähnischen Le-
gations-Secretarium Waßerleben und Herrn Petersen bey uns zu Gaste, da denn der
Kayserliche Todes-Fall zu mancherley geistlich und politischen Reflexionen genugsame
Gelegenheit gab, und Herr Petersen auf die Worte uns verwieß: verflucht sey
der Mann, der sich auf Menschen verläßt perge worüber er letzt verwichenen
Sonntag nachmittag eine Ermahnung gehalten. Nachmittags fuhren wir, der
mit dem Marquis de Montbrun genommenen Abrede zu folge, zu dem Duc
de Bouillon, grand Chambellan du Roi, und wurden von ihm, weil er daselbst ge-
speiset, an den Duc praesentiret. Er empfing Illmum mit einer sehr freundlichen
Embrassade, dergleichen auch von dem gleichfals daselbst gewesenen Marquis de
Bau[unleserliches Material]fremont
geschahe. Der gantze Discours roulirte auf dem Untergange des
Oesterreichischen Mann-Stammes, und wurde aus der Historie vieles beygebracht,
hiernächst aber auch von dem Droit d’aubaine oder iure albinagii gesprochen,
vermöge deßen man denen Kindern des Duc de Bouillon Schwierigkeit macht, in
dem Olauischen, als der Verlaßenschaft ihres Groß-Vaters, des Printzen Constantins,
von Pohlen
, zu succediren. Beym Abschied wurde Illustrissimus zum dinér und Soupér
so oft es beliebig, nebst uns invitiret, wie denn auch schon gedachter Duc die-
selben nochmals embrassirte und sich von dem Marquis de Montbrun kaum
mit Gewalt zurück halten ließ Illustrissimum die Treppe hinunter zu begleiten.
Der Beschluß des Tages wurde mit Besuchung des Concert Spirituel gemacht,
in welchem unter einer sehr starcken Instrumental-Music, lateinische Psalmen
abgesungen wurden; wie denn derer Sänger 30 an der Zahl und unter denen
Fleute traversiére dabey ungemein wohl hören. Es wird dieses Concert in dem
Königlichen Palais aux Tuileries auf einem großen Saal gehalten, in welchem
mit großen Buchstaben die zur Sache nicht unschicklichen Worte, angeschrieben
stehen: Sic Davidis aula Sonabat.

Den 2 November

Heute haben wir in einem gantz entfernten Quartier der Stadt, den berühmten
Rollin zwar aufgesuchet, auch sein haus gefunden und daran lange ge-
klopfet: weil aber die Thüre nicht geöffnet wurde, sind wir unverrichteter
Sachen, wider nach Hause gefahren, und haben von dem Comte de Lützeburg
Visite gehabt, da denn der ietzige universal-materie aller hiesigen Gespräche
von dem Absterben des Kaysers, auch bey uns das Sujet de Discour war. Der
Banquier Bauer, bey welchem man Geschäfte halber zu thun hatte, berichtete: daß
der Printz von Lichtenstein nunmehro auch einen Courier erhalten, welcher mitge-
bracht, daß der Kayser mit vieler Großmuth den 20 October gestorben, und seine
alteste Prinzeßin seinen vertrautesten Ministris aufs nachdrücklichste
recommendiret habe. Wie sie denn auch so fort nach dem Ableben des Herrn Vaters
zur Königin von Ungarn und Böhmen und Souverainin aller Oesterreichischen
Erblande declariret worden. Auch versicherte er von guter Hand zu wißen,
daß der Cardinal sich erkläret habe, die pragmatische Sanction, der geleisteten
Guarantie gemäß, würcklich zu mainteniren perge, perge Seinem fernern Bericht nach
wird der Printz Lichtenstein zwar noch hier bleiben, aber ohne Caracteir, weil
es ihm nachtheilig seyn würde, da er bisher als Kayserlicher Ambassadeur den Rang
über alle gehabt, nunmehro Ungarischer und Böhmischer Abgesandter zu seyn, und
dadurch mit allen übrigen Ambassadeurs in Rang-Dispute zu verfallen, in-
dem man sich nicht erinnert, daß iemals ein Ungarischer und Böhmischer Am-
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[0032] 11 der Comte de Montbrun sich beurlaubet, hatten wir den hiesigen Dähnischen Le- gations-Secretarium Waßerleben und H. Petersen bey uns zu Gaste, da denn der Kayl: Todes-Fall zu mancherley geistlich und politischen Reflexionen genugsame Gelegenheit gab, und H: Petersen auf die Worte uns verwieß: verflucht sey der Mann, der sich auf Menschen verläßt p worüber er letzt verwichenen Sonntag nachmittag eine Ermahnung gehalten. Nachmittags fuhren wir, der mit dem Marquis de Montbrun genommenen Abrede zu folge, zu dem Duc de Bouillon, grand Chambellan du Roi, und wurden von ihm, weil er daselbst ge- speiset, an den Duc praesentiret. Er empfing Illmum mit einer sehr freundlichen Embrassade, dergleichen auch von dem gleichfals daselbst gewesenen Marquis de Baufremont geschahe. Der gantze Discours roulirte auf dem Untergange des Oesterreichischen Mann-Stammes, und wurde aus der Historie vieles beygebracht, hiernächst aber auch von dem Droit d’aubaine oder iure albinagii gesprochen, vermöge deßen man denen Kindern des Duc de Bouillon Schwierigkeit macht, in dem Olauischen, als der Verlaßenschaft ihres Groß-Vaters, des Printzen Constantins, von Pohlen, zu succediren. Beym Abschied wurde Illmus zum dinér und Soupér so oft es beliebig, nebst uns invitiret, wie denn auch schon gedachter Duc die- selben nochmals embrassirte und sich von dem Marquis de Montbrun kaum mit Gewalt zurück halten ließ Illmum die Treppe hinunter zu begleiten. Der Beschluß des Tages wurde mit Besuchung des Concert Spirituel gemacht, in welchem unter einer sehr starcken Instrumental-Music, lateinische Psalmen abgesungen wurden; wie denn derer Sänger 30 an der Zahl und unter denen Fleute traversiére dabey ungemein wohl hören. Es wird dieses Concert in dem königl: Palais aux Tuileries auf einem großen Saal gehalten, in welchem mit großen Buchstaben die zur Sache nicht unschicklichen Worte, angeschrieben stehen: Sic Davidis aula Sonabat. Den 2 Novembr: Heute haben wir in einem gantz entfernten Quartier der Stadt, den berühmten Rollin zwar aufgesuchet, auch sein haus gefunden und daran lange ge- klopfet: weil aber die Thüre nicht geöffnet wurde, sind wir unverrichteter Sachen, wider nach Hause gefahren, und haben von dem Comte de Lützeburg Visite gehabt, da denn der ietzige universal-materie aller hiesigen Gespräche von dem Absterben des Kaysers, auch bey uns das Sujet de Discour war. Der Banquier Bauer, bey welchem man Geschäfte halber zu thun hatte, berichtete: daß der Printz von Lichtenstein nunmehro auch einen Courier erhalten, welcher mitge- bracht, daß der Kayser mit vieler Großmuth d. 20 Octobr: gestorben, und seine alteste Prinzeßin seinen vertrautesten Ministris aufs nachdrücklichste recommendiret habe. Wie sie denn auch so fort nach dem Ableben des H: Vaters zur Königin von Ungarn und Böhmen und Souverainin aller Oesterreichischen Erblande declariret worden. Auch versicherte er von guter Hand zu wißen, daß der Cardinal sich erkläret habe, die pragmatische Sanction, der geleisteten Guarantie gemäß, würcklich zu mainteniren pp. Seinem fernern Bericht nach wird der Printz Lichtenstein zwar noch hier bleiben, aber ohne Caracteir, weil es ihm nachtheilig seyn würde, da er bisher als Kaysl: Ambassadeur den Rang über alle gehabt, nunmehro Ungarischer und Böhmischer Abgesandter zu seyn, und dadurch mit allen übrigen Ambassadeurs in Rang-Dispute zu verfallen, in- dem man sich nicht erinnert, daß iemals ein Ungarischer und Böhmischer Am- bassadeur hier gewesen, folglich auch seines Rangs wegen, nichts reguliret ist. Er

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/32>, abgerufen am 14.08.2024.