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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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dennoch wenig Reisenden bekannte Stück der Römischen Antiquitaet, wo
nicht nur in gantz Franckreich, doch gewiß in Paris, und bestehet in
denen Uberbleibseln des Palasts, den Kayser Julianus sich hier
erbauet, und der auch in folgenden Zeiten von Childeberto und
einigen andern Frantzösischen Königen von der ersten race noch
bewohnet worden. Wie denn solches aus noch vorhandenen alten
Briefen dieser Könige, welche in diesem Palais datiret sind,
erwiesen werden kan. Es ist dieses alte Gemäuer ietzo
mit privat-Häusern verbauet, und davon weiter nichts recht
distinctes und zusammen hangendes mehr zu sehen, als ein er-
staunlich hohes, ins gevierdte über der Erde errichtetes, und sehr
spatioses Gewölbe, deßen voute mit keinem Pfeiler unter-
stützet, und gleichwol im allergeringsten nicht schadhaft ist,
ohnerachtet ein förmlicher Garten mit Bäumen und Früchten
von geraumen Jahren her darauf angerichtet worden, welcher
3 Mann hoch Erde hat, und in den man aus dem 4ten Stock-
Werck des daran liegenden Hotel de Cluny, als auf eine
ordentliche terrasse, a plein pied hinein spatzieren kan.
Die Fenster=Oeffnungen, durch welche das Licht in dieses große
Behältniß fält, sind gantz oben in der Höhe unter der Rundung
des Gewölbes, und wollen einige aus denen 3 großen
niches, welche sich auf der mittägigen Seite in der Mauer
finden, den Schluß machen, daß gedachtes Behältniß, nach
unsrer Art zu reden, die Kayserl. Hof-Capelle, und die Statuen
Heydnischer Gottheiten in besagten niches aufgestellet gewe-
sen. Die allgemeine tradition und Meinung aber ist,
daß es zum Bade gebraucht worden; wie denn davor gehalten,
und durch einige auf dem nahe gelegenen Dorf Arcueil
noch vorhandene alte Schwibbogen wahrscheinlich gemacht
wird, daß Kayser Julianus einen eignen aqueduct zu
dem Ende erbauet habe, um das Waßer von ietzbenanntem
Dorf an diesen Ort herzu leiten. Dem sey aber wie ihm
wolle, so ist die Erbauung von Kayser Juliano unstreitig,
und diese reliquie des Alterthums nicht nur venerable, son-
dern auch erbaulich, weil die Pferde= Hühner= und Tauben-Ställe,
welche sich ietziger Zeit in diesem prächtig gewesenen Behältniß
finden, von der Nichtig= und Flüchtigkeit derer menschlichen
grandeurs einen sehr guten Eindruck geben. Der bequemste
Eingang zur Besichtigung dieser antiquitaet ist, durch eine
Bothen-Herberge, zum eisernen Creutz genannt, rue de la Harpe.
Bey der Marquise de Montbrun, woselbst der Abend zugebracht

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dennoch wenig Reisenden bekannte Stück der Römischen Antiquitaet, wo
nicht nur in gantz Franckreich, doch gewiß in Paris, und bestehet in
denen Uberbleibseln des Palasts, den Kayser Julianus sich hier
erbauet, und der auch in folgenden Zeiten von Childeberto und
einigen andern Frantzösischen Königen von der ersten race noch
bewohnet worden. Wie denn solches aus noch vorhandenen alten
Briefen dieser Könige, welche in diesem Palais datiret sind,
erwiesen werden kan. Es ist dieses alte Gemäuer ietzo
mit privat-Häusern verbauet, und davon weiter nichts recht
distinctes und zusammen hangendes mehr zu sehen, als ein er-
staunlich hohes, ins gevierdte über der Erde errichtetes, und sehr
spatioses Gewölbe, deßen voute mit keinem Pfeiler unter-
stützet, und gleichwol im allergeringsten nicht schadhaft ist,
ohnerachtet ein förmlicher Garten mit Bäumen und Früchten
von geraumen Jahren her darauf angerichtet worden, welcher
3 Mann hoch Erde hat, und in den man aus dem 4ten Stock-
Werck des daran liegenden Hôtel de Cluny, als auf eine
ordentliche terrasse, à plein pied hinein spatzieren kan.
Die Fenster=Oeffnungen, durch welche das Licht in dieses große
Behältniß fält, sind gantz oben in der Höhe unter der Rundung
des Gewölbes, und wollen einige aus denen 3 großen
niches, welche sich auf der mittägigen Seite in der Mauer
finden, den Schluß machen, daß gedachtes Behältniß, nach
unsrer Art zu reden, die Kayserl. Hof-Capelle, und die Statuen
Heydnischer Gottheiten in besagten niches aufgestellet gewe-
sen. Die allgemeine tradition und Meinung aber ist,
daß es zum Bade gebraucht worden; wie denn davor gehalten,
und durch einige auf dem nahe gelegenen Dorf Arcueil
noch vorhandene alte Schwibbogen wahrscheinlich gemacht
wird, daß Kayser Julianus einen eignen aqueduct zu
dem Ende erbauet habe, um das Waßer von ietzbenanntem
Dorf an diesen Ort herzu leiten. Dem sey aber wie ihm
wolle, so ist die Erbauung von Kayser Juliano unstreitig,
und diese reliquie des Alterthums nicht nur venerable, son-
dern auch erbaulich, weil die Pferde= Hühner= und Tauben-Ställe,
welche sich ietziger Zeit in diesem prächtig gewesenen Behältniß
finden, von der Nichtig= und Flüchtigkeit derer menschlichen
grandeurs einen sehr guten Eindruck geben. Der bequemste
Eingang zur Besichtigung dieser antiquitaet ist, durch eine
Bothen-Herberge, zum eisernen Creutz genannt, rue de la Harpe.
Bey der Marquise de Montbrun, woselbst der Abend zugebracht

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[0288] 137 dennoch wenig Reisenden bekannte Stück der Römischen Antiquitaet, wo nicht in gantz Franckreich, doch gewiß in Paris, und bestehet in denen Uberbleibseln des Palasts, den Kayser Julianus sich hier erbauet, und der auch in folgenden Zeiten von Childeberto und einigen andern Frantzösischen Königen von der ersten race noch bewohnet worden. Wie denn solches aus noch vorhandenen alten Briefen dieser Könige, welche in diesem Palais datiret sind, erwiesen werden kan. Es ist dieses alte Gemäuer ietzo mit privat-Häusern verbauet, und davon weiter nichts recht distinctes und zusammen hangendes mehr zu sehen, als ein er- staunlich hohes, ins gevierdte über der Erde errichtetes, und sehr spatioses Gewölbe, deßen voute mit keinem Pfeiler unter- stützet, und gleichwol im allergeringsten nicht schadhaft ist, ohnerachtet ein förmlicher Garten mit Bäumen und Früchten von geraumen Jahren her darauf angerichtet worden, welcher 3 Mann hoch Erde hat, und in den man aus dem 4ten Stock- Werck des daran liegenden Hôtel de Cluny, als auf eine ordentliche terrasse, à plein pied hinein spatzieren kan. Die Fenster=Oeffnungen, durch welche das Licht in dieses große Behältniß fält, sind gantz oben in der Höhe unter der Rundung des Gewölbes, und wollen einige aus denen 3 großen niches, welche sich auf der mittägigen Seite in der Mauer finden, den Schluß machen, daß gedachtes Behältniß, nach unsrer Art zu reden, die Kayserl. Hof-Capelle, und die Statuen Heydnischer Gottheiten in besagten niches aufgestellet gewe- sen. Die allgemeine tradition und Meinung aber ist, daß es zum Bade gebraucht worden; wie denn davor gehalten, und durch einige auf dem nahe gelegenen Dorf Arcueil noch vorhandene alte Schwibbogen wahrscheinlich gemacht wird, daß Kayser Julianus einen eignen aqueduct zu dem Ende erbauet habe, um das Waßer von ietzbenanntem Dorf an diesen Ort herzu leiten. Dem sey aber wie ihm wolle, so ist die Erbauung von Kayser Juliano unstreitig, und diese reliquie des Alterthums nicht nur venerable, son- dern auch erbaulich, weil die Pferde= Hühner= u. Tauben-Ställe, welche sich ietziger Zeit in diesem prächtig gewesenen Behältniß finden, von der Nichtig= und Flüchtigkeit derer menschlichen grandeurs einen sehr guten Eindruck geben. Der bequemste Eingang zur Besichtigung dieser antiquitaet ist, durch eine Bothen-Herberge, zum eisernen Creutz genannt, rue de la Harpe. Bey der Marquise de Montbrun, woselbst der Abend zugebracht

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/288>, abgerufen am 03.12.2024.