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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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diesem stehet einer, welcher die rubriquen derer Processe, in
welchen etwas zu interloquiren ist, ablieset. Bey einer ieden
solchen abgelesenen rubric stehen die advocaten derer Partheyen
auf, erinnern was sie nöthig finden, und darauf decidiret der
premier President mit wenigen Worten entweder so fort, oder,
nachdem er mit denen Räthen vorher kurtz deliberiret. Dieses
letztere geschiehet also, daß er hinter seinem catheder hervor
gehet, und die eine Helfte derer Räthe um ihn herum treten.
Wenn diese sich wieder niedergesetzt, stellet sich die andre
Helfte derer Räthe um ihn herum, und nachdem auch diese so-
wol, als der president selbst ihre Plätze wieder occupiret,
erfolget aus dem Munde dieses letzern der Spruch. Die Ad-
vocaten thaten gegen einander sehr emportirt, und zanckten
sich immer fort, wenn gleich die Richter schon im Circul stun-
den und nicht darauf höreten. Um 9 Uhr, da diese kleine
Audientz geendiget, musten wir mit allen übrigen
Zuhörern unsern Abtritt nehmen, begaben uns aber, der
von Monsieur Menin empfangenen Anweisung zu folge, vor
die grade Beuvette de la grande Chambre, welches ein
großes Zimmer ist, darinn die zu dieser Chambre
gehörige Herren frühstücken. Wir erfuhren, daß der
Parlements-Rath Monsieur Cadeau schon da gewesen, und uns
gesuchet, weil er sich aber verlauffen hatte, und unter
denen eben en procession zum Frühstück einziehenden
Parlements-Herren sich auch der Madame d'Amelot
Bruder befande, mit dem wir bey dem Cardinal Polignac
ehemals gepeiset hatten; so wurden wir durch deßen
Vermittelung von dem premier Greffier in eine von
denen sogenanten lanternes geführet, deren in dem
großen audientz-Saal zwey vorhanden sind, und welche die
Gestalt eines runden aus der Wand hervorstehenden
Erckers, 6 bis 7 Personen aber in einer solchen machine
Platz haben. Weil diese Behältniße hoch liegen, und man auf
einer Treppe hinauf steiget, so kan darinn alles aufs beste gesehen
und gehöret werden. Der geheimbde Rath Fritsch mit einem Pohlni-
schen Grafen
wurde auch zu uns eingelaßen, und nachdem
alles auf die unterm 18 hujus schon beschriebene Weise seinen
Platz genommen, machte Monsieur Oubri den Anfang, und führete das,
was er an ietztgedachtem Tage vorgestellet weiter aus, brachte
auch ein Arret du Parlement von anno etliche und 80 des vorigen Seculi

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diesem stehet einer, welcher die rubriquen derer Processe, in
welchen etwas zu interloquiren ist, ablieset. Bey einer ieden
solchen abgelesenen rubric stehen die advocaten derer Partheyen
auf, erinnern was sie nöthig finden, und darauf decidiret der
premier President mit wenigen Worten entweder so fort, oder,
nachdem er mit denen Räthen vorher kurtz deliberiret. Dieses
letztere geschiehet also, daß er hinter seinem catheder hervor
gehet, und die eine Helfte derer Räthe um ihn herum treten.
Wenn diese sich wieder niedergesetzt, stellet sich die andre
Helfte derer Räthe um ihn herum, und nachdem auch diese so-
wol, als der president selbst ihre Plätze wieder occupiret,
erfolget aus dem Munde dieses letzern der Spruch. Die Ad-
vocaten thaten gegen einander sehr emportirt, und zanckten 
sich immer fort, wenn gleich die Richter schon im Circul stun-
den und nicht darauf höreten. Um 9 Uhr, da diese kleine
Audientz geendiget, musten wir mit allen übrigen
Zuhörern unsern Abtritt nehmen, begaben uns aber, der
von Monsieur Menin empfangenen Anweisung zu folge, vor
die grade Beuvette de la grande Chambre, welches ein
großes Zimmer ist, darinn die zu dieser Chambre
gehörige Herren frühstücken. Wir erfuhren, daß der
Parlements-Rath Monsieur Cadeau schon da gewesen, und uns
gesuchet, weil er sich aber verlauffen hatte, und unter
denen eben en procession zum Frühstück einziehenden
Parlements-Herren sich auch der Madame d’Amelot
Bruder befande, mit dem wir bey dem Cardinal Polignac
ehemals gepeiset hatten; so wurden wir durch deßen
Vermittelung von dem premier Greffier in eine von
denen sogenanten lanternes geführet, deren in dem
großen audientz-Saal zwey vorhanden sind, und welche die
Gestalt eines runden aus der Wand hervorstehenden
Erckers, 6 bis 7 Personen aber in einer solchen machine
Platz haben. Weil diese Behältniße hoch liegen, und man auf
einer Treppe hinauf steiget, so kan darinn alles aufs beste gesehen
und gehöret werden. Der geheimbde Rath Fritsch mit einem Pohlni-
schen Grafen
wurde auch zu uns eingelaßen, und nachdem
alles auf die unterm 18 hujus schon beschriebene Weise seinen
Platz genommen, machte Monsieur Oubri den Anfang, und führete das,
was er an ietztgedachtem Tage vorgestellet weiter aus, brachte
auch ein Arrêt du Parlement von anno etliche und 80 des vorigen Seculi

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[0274] 130 diesem stehet einer, welcher die rubriquen derer Processe, in welchen etwas zu interloquiren ist, ablieset. Bey einer ieden solchen abgelesenen rubric stehen die advocaten derer Partheyen auf, erinnern was sie nöthig finden, und darauf decidiret der premier President mit wenigen Worten entweder so fort, oder, nachdem er mit denen Räthen vorher kurtz deliberiret. Dieses letztere geschiehet also, daß er hinter seinem catheder hervor gehet, und die eine Helfte derer Räthe um ihn herum treten. Wenn diese sich wieder niedergesetzt, stellet sich die andre Helfte derer Räthe um ihn herum, und nachdem auch diese so- wol, als der president selbst ihre Plätze wieder occupiret, erfolget aus dem Munde dieses letzern der Spruch. Die Ad- vocaten thaten gegen einander sehr emportirt, und zanckten  sich immer fort, wenn gleich die Richter schon im Circul stun- den und nicht darauf höreten. Um 9 Uhr, da diese kleine Audientz geendiget, musten wir mit allen übrigen Zuhörern unsern Abtritt nehmen, begaben uns aber, der von Mr. Menin empfangenen Anweisung zu folge, vor die grade Beuvette de la grande Chambre, welches ein großes Zimmer ist, darinn die zu dieser Chambre gehörige Herren frühstücken. Wir erfuhren, daß der Parlements-Rath Mr. Cadeau schon da gewesen, und uns gesuchet, weil er sich aber verlauffen hatte, und unter denen eben en procession zum Frühstück einziehenden Parlements-Herren sich auch der Madame d’Amelot Bruder befande, mit dem wir bey dem Cardinal Polignac ehemals gepeiset hatten; so wurden wir durch deßen Vermittelung von dem premier Greffier in eine von denen sogenanten lanternes geführet, deren in dem großen audientz-Saal zwey vorhanden sind, und welche die Gestalt eines runden aus der Wand hervorstehenden Erckers, 6 bis 7 Personen aber in einer solchen machine Platz haben. Weil diese Behältniße hoch liegen, und man auf einer Treppe hinauf steiget, so kan darinn alles aufs beste gesehen und gehöret werden. Der geheimbde Rath Fritsch mit einem Pohlni- schen Grafen wurde auch zu uns eingelaßen, und nachdem alles auf die unterm 18 hujus schon beschriebene Weise seinen Platz genommen, machte Mr. Oubri den Anfang, und führete das, was er an ietztgedachtem Tage vorgestellet weiter aus, brachte auch ein Arrêt du Parlement von ao etl: und 80 des vorigen Seculi

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/274>, abgerufen am 21.11.2024.