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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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welcher denn solche sehr misbilligte. Der Discour fiel endlich überhaupt
auf Mosis Schriften, da er denn die bekante Wahrheit, daß alle Heidnischen
Historien von denen ersten Welt-Zeiten aus Mose genommen und nur
mit mancherley Fabeln untermenget und verderbet worden, gantz artig
zu deduciren wuste. Wie er denn überhaupt in der alten und neuen
Historie wohl beschlagen ist. Die große Animositaet zwischen denen
Jansenisten und Molinisten desaprobirte er, und lobte den Monsieur Rollin
wegen seiner moderation. Zwischen Engelland und Spanien wünschte er
einen baldigen Frieden, ohnerachtet er dem Interesse der Jacobiten, von
welche er selbst mit gehöret, den Krieg gantz vorträglich erkante. Daß
es ein Merckmal eines großen Geistes sey, bey denen allerwichtigsten
Beschäftigungen auch an nötige Kleinigkeiten zu gedencken, bewieß
er mit dem Exempel des Alberoni, welcher zu der einen Englischen Descente
Königs Jacobi ein zwar bey der Execution mißlungenes, aber
doch admirabel ausgedachtes Project gemacht, mitten unter der wichtigen
deliberation über dieses Project aber ex abrupta den König gefra-
get: mais, Sire, aves vous des chemises? pour ne pas pourrir
sur mer? Man habe auf diese Erinnerung auch so fort in der
Guarde Robe nachsehen laßen, und diselbe würcklich mit Hembden
nicht genugsam versehen gefunden, mithin so fort 12 Dutzend machen
laßen. Beym Abschied gab Monsieur Ramsey zu erkennen, daß er
sonst seinen Printzen noch zur Zeit gerne von der Gesellschaft
derer Etrangers abhalte, die Beybehaltung der unsrigen aber sich
gar sehr aus bitte. Der Printz ist 15 bis 16 Jahr alt und hat bereits
die Charge eines Capitaine general de Cavalerie, benebst einem
Regiement auch die Survivance auf die Ober-Cammer Herrn Stelle
des Herrn. Vaters.

Den 7 Martii

Früh um 8 Uhr fuhren wir in einer 4spännigen Carosse nach
Versailles und nahmen den Herrn von Böhmer auf sein Verlangen
mit dahin. Die große Arbeitsamkeit und Ordnung des Cardinals
wuste er nicht genug zu rühmen, und gab uns überhaupt von der
Art und Weise, wie die hiesigen Staats-Geschäfte tractiret
werden, von denen Staats-Secretairen, deren Commis und Unter-
Commis, item von denen Reposituren und Archiven pour les
affaires etrangeres und andern dergleichen Dingen recht nützliche
Nachricht. Nachdem wir a la Sale des Ambassadeurs etwas Choco-
late zu uns genommen, verfügten wir uns nachdem Aparte-
ment des Duc de Bouillon und sprachen denselben im Bette,
unterhielten uns auch mit dem gleichfals dahin gekommenen prince
de Guise
. Der Marquis de Montbrun, welcher mit in denen Bouillon-
schen Zimmern logirete, zog sich auf unser Bitten so fort an, und
praesentirete uns an des Dauphins Hofmeister Duc de Chattillon
weil der Introducteur bey der ehemaligen Praesentation an
den Dauphin selbst, solches unterlaßen, es aber doch auf mancherlei

welcher denn solche sehr misbilligte. Der Discour fiel endlich überhaupt
auf Mosis Schriften, da er denn die bekante Wahrheit, daß alle Heidnischen
Historien von denen ersten Welt-Zeiten aus Mose genommen und nur
mit mancherley Fabeln untermenget und verderbet worden, gantz artig
zu deduciren wuste. Wie er denn überhaupt in der alten und neuen
Historie wohl beschlagen ist. Die große Animositaet zwischen denen
Jansenisten und Molinisten desaprobirte er, und lobte den Monsieur Rollin
wegen seiner moderation. Zwischen Engelland und Spanien wünschte er
einen baldigen Frieden, ohnerachtet er dem Interesse der Jacobiten, von
welche er selbst mit gehöret, den Krieg gantz vorträglich erkante. Daß
es ein Merckmal eines großen Geistes sey, bey denen allerwichtigsten
Beschäftigungen auch an nötige Kleinigkeiten zu gedencken, bewieß
er mit dem Exempel des Alberoni, welcher zu der einen Englischen Descente
Königs Jacobi ein zwar bey der Execution mißlungenes, aber
doch admirabel ausgedachtes Project gemacht, mitten unter der wichtigen
deliberation über dieses Project aber ex abrupta den König gefra-
get: mais, Sire, aves vous des chemises? pour ne pas pourrir
sur mer? Man habe auf diese Erinnerung auch so fort in der
Guarde Robe nachsehen laßen, und diselbe würcklich mit Hembden
nicht genugsam versehen gefunden, mithin so fort 12 Dutzend machen
laßen. Beym Abschied gab Monsieur Ramsey zu erkennen, daß er
sonst seinen Printzen noch zur Zeit gerne von der Gesellschaft
derer Etrangers abhalte, die Beybehaltung der unsrigen aber sich
gar sehr aus bitte. Der Printz ist 15 bis 16 Jahr alt und hat bereits
die Charge eines Capitaine general de Cavalerie, benebst einem
Regiement auch die Survivance auf die Ober-Cammer Herrn Stelle
des Herrn. Vaters.

Den 7 Martii

Früh um 8 Uhr fuhren wir in einer 4spännigen Carosse nach
Versailles und nahmen den Herrn von Böhmer auf sein Verlangen
mit dahin. Die große Arbeitsamkeit und Ordnung des Cardinals
wuste er nicht genug zu rühmen, und gab uns überhaupt von der
Art und Weise, wie die hiesigen Staats-Geschäfte tractiret
werden, von denen Staats-Secretairen, deren Commis und Unter-
Commis, item von denen Reposituren und Archiven pour les
affaires etrangéres und andern dergleichen Dingen recht nützliche
Nachricht. Nachdem wir à la Sale des Ambassadeurs etwas Choco-
late zu uns genommen, verfügten wir uns nachdem Aparte-
ment des Duc de Bouillon und sprachen denselben im Bette,
unterhielten uns auch mit dem gleichfals dahin gekommenen prince
de Guise
. Der Marquis de Montbrun, welcher mit in denen Bouillon-
schen Zimmern logirete, zog sich auf unser Bitten so fort an, und
praesentirete uns an des Dauphins Hofmeister Duc de Chattillon
weil der Introducteur bey der ehemaligen Praesentation an
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[0195] welcher denn solche sehr misbilligte. Der Discour fiel endl: überhaupt auf Mosis Schriften, da er denn die bekante Wahrheit, daß alle Heidnischen Historien von denen ersten Welt-Zeiten aus Mose genommen und nur mit mancherley Fabeln untermenget und verderbet worden, gantz artig zu deduciren wuste. Wie er denn überhaupt in der alten und neuen Historie wohl beschlagen ist. Die große Animositaet zwischen denen Jansenisten und Molinisten desaprobirte er, und lobte den Mr. Rollin wegen seiner moderation. Zwischen Engelland und Spanien wünschte er einen baldigen Frieden, ohnerachtet er dem Interesse der Jacobiten, von welche er selbst mit gehöret, den Krieg gantz vorträglich erkante. Daß es ein Merckmal eines großen Geistes sey, bey denen allerwichtigsten Beschäftigungen auch an nötige Kleinigkeiten zu gedencken, bewieß er mit dem Exempel des Alberoni, welcher zu der einen Englischen Descente Königs Jacobi ein zwar bey der Execution mißlungenes, aber doch admirabel ausgedachtes Project gemacht, mitten unter der wichtigen deliberation über dieses Project aber ex abrupta den König gefra- get: mais, Sire, aves vous des chemises? pour ne pas pourrir sur mer? Man habe auf diese Erinnerung auch so fort in der Guarde Robe nachsehen laßen, und diselbe würcklich mit Hembden nicht genugsam versehen gefunden, mithin so fort 12 Dutzend machen laßen. Beym Abschied gab Mr. Ramsey zu erkennen, daß er sonst seinen Printzen noch zur Zeit gerne von der Gesellschaft derer Etrangers abhalte, die Beybehaltung der unsrigen aber sich gar sehr aus bitte. Der Printz ist 15 bis 16 Jahr alt und hat bereits die Charge eines Capitaine general de Cavalerie, benebst einem Regiement auch die Survivance auf die Ober-Cammer Herrn Stelle des H. Vaters. Den 7 Mart: Früh um 8 Uhr fuhren wir in einer 4spännigen Carosse nach Versailles und nahmen dH. v. Böhmer auf sein Verlangen mit dahin. Die große Arbeitsamkeit und Ordnung des Cardinals wuste er nicht genug zu rühmen, und gab uns überhaupt von der Art und Weise, wie die hiesigen Staats-Geschäfte tractiret werden, von denen Staats-Secretairen, deren Commis und Unter- Commis, item von denen Reposituren und Archiven pour les affaires etrangéres und andern dergl: Dingen recht nützliche Nachricht. Nachdem wir à la Sale des Ambassadeurs etwas Choco- late zu uns genommen, verfügten wir uns nachdem Aparte- ment des Duc de Bouillon und sprachen denselben im Bette, unterhielten uns auch mit dem gleichfals dahin gekommenen prince de Guise. Der Marquis de Montbrun, welcher mit in denen Bouillon- schen Zimmern logirete, zog sich auf unser Bitten so fort an, und praesentirete uns an des Dauphins Hofmeister Duc de Chattillon weil der Introducteur bey der ehemaligen Praesentation an den Dauphin selbst, solches unterlaßen, es aber doch auf mancherlei

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/195>, abgerufen am 14.08.2024.