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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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nahe gelegenen Garten des Palais de Luxembourg. Währender
solcher Zeit fand sich der Duc de Gesvres mit 2 pagen und vielen
Domestiquen in einer Staats-Carosse vor unserm Hotel zur
Visite ein. Da denn der Herr von Geusau zu ihm an den Wagen
herunter gieng, und Illustrissimi Abwesenheit entschuldigte. Welches
er überaus wohl auf zu nehmen schiene, auch nichts destoweni-
ger absteigen und denselben besuchen wolte, auf erfolgte
Deprecirung dieser Ehre aber endlich seinen Weg weiter
fortsetzete. Mittags hatten wir den Printzen von Schwartz-
burg
nebst Herrn von Hertenberg und Herrn Rouchlin, wie auch Monsieur Rollin
zu Gaste. ErDieser letztere war ungemein erfreuet, aus denen vorfallen-
den Discoursen bey denen teutschen jungen Herrn mehr realiter
als bey seiner Nation zu verspühren, und recommandirte
dem Printzen und Illmo sonderlich das gründliche studium der
Biblischen Historie, als ohne welche die Biebel nicht recht
verstanden werden konne, deßen sich doch die Protestanten vor
andern picquireten. Wie er denn zum Beweiß deßen ein und
andern Ort aus denen Büchern der Könige uns erklärete, welche
Erklärung hier beyzubringen, allzuweitläuffig fiele. Als
von einem redlichen Mann geredet wurde, der aber ein Mo-
linist sey, versicherte er, aller erlittenen molinistischen
Drangsal ungeachtet unpartheyisch zu seyn, und einen recht-
schaffnen Molinisten eben so gut als einen Jansenisten zu
lieben. Souvent setzte er hinzu, il ya un mur entre l'esprit
et le coeur. l'esprit ne pense pas bien, mais la partique du c[unleserliches Material]
est bonne. Wir fragten ihn, ob er nicht von denen Protestanten
eben so urtheile? Seine Antwort aber war: ah! que voudre[unleserliches Material]
le pouvoir faire! Von dem Abbe du Guet sagte er, daß er sein
special guter Freund gewesen, und von ihm zu Schreibung
manchen guten Buches sey veranlaßet worden. Von seinen
eignen Büchern erzehlete er uns dieses particulare, wie er
den Beyfall des publici sich gar nicht vorgestellet, und deswegen den
Buchführer, der seine erste Schrift zu verlegen übernommen, die
indexinisation versprochen habe, im Fall dieselbe nicht abginge
die Frau des Buchführers, welche viel Verstand gehabt, und das MSt
gelesen, habe ihrem Mann noch ein Hertz zugesprochen und ihn zum
Verlag persuadiret, davor dieser ihr nunmehro Obligation habe. Er
hatte 2 Original-Briefe des Königs in Preußen zu sich gesteckt
welche er uns vorlase, und ungemein adminirete. Wie denn viel
gute Sentimens darinnen, aber manche Aus drücke doch sehr hoch und
recherchiret scheinen. Weil auch das meiste auf Monsieur Rollins Lob
hinaus lief, und. bey diesen Passagen die Erklärung, welche er darüber
machte, sehr nach der Ichheit schmeckete, auch sogar ein frantzösischer
Lob-Spruch, welcher unter seinem hier in Kupfer gestochenen Portrait

nahe gelegenen Garten des Palais de Luxembourg. Währender
solcher Zeit fand sich der Duc de Gesvres mit 2 pagen und vielen
Domestiquen in einer Staats-Carosse vor unserm Hôtel zur
Visite ein. Da denn der Herr von Geusau zu ihm an den Wagen
herunter gieng, und Illustrissimi Abwesenheit entschuldigte. Welches
er überaus wohl auf zu nehmen schiene, auch nichts destoweni-
ger absteigen und denselben besuchen wolte, auf erfolgte
Deprecirung dieser Ehre aber endlich seinen Weg weiter
fortsetzete. Mittags hatten wir den Printzen von Schwartz-
burg
nebst Herrn von Hertenberg und Herrn Rouchlin, wie auch Monsieur Rollin
zu Gaste. ErDieser letztere war ungemein erfreuet, aus denen vorfallen-
den Discoursen bey denen teutschen jungen Herrn mehr realiter
als bey seiner Nation zu verspühren, und recommandirte
dem Printzen und Illmo sonderlich das gründliche studium der
Biblischen Historie, als ohne welche die Biebel nicht recht
verstanden werden konne, deßen sich doch die Protestanten vor
andern picquireten. Wie er denn zum Beweiß deßen ein und
andern Ort aus denen Büchern der Könige uns erklärete, welche
Erklärung hier beyzubringen, allzuweitläuffig fiele. Als
von einem redlichen Mann geredet wurde, der aber ein Mo-
linist sey, versicherte er, aller erlittenen molinistischen
Drangsal ungeachtet unpartheyisch zu seyn, und einen recht-
schaffnen Molinisten eben so gut als einen Jansenisten zu
lieben. Souvent setzte er hinzu, il ya un mur entre l’esprit
et le coeur. l’esprit ne pense pas bien, mais la partique du c[unleserliches Material]
est bonne. Wir fragten ihn, ob er nicht von denen Protestanten
eben so urtheile? Seine Antwort aber war: ah! que voudre[unleserliches Material]
le pouvoir faire! Von dem Abbé du Guet sagte er, daß er sein
special guter Freund gewesen, und von ihm zu Schreibung
manchen guten Buches sey veranlaßet worden. Von seinen
eignen Büchern erzehlete er uns dieses particulare, wie er
den Beyfall des publici sich gar nicht vorgestellet, und deswegen den
Buchführer, der seine erste Schrift zu verlegen übernommen, die
indexinisation versprochen habe, im Fall dieselbe nicht abginge
die Frau des Buchführers, welche viel Verstand gehabt, und das MSt
gelesen, habe ihrem Mann noch ein Hertz zugesprochen und ihn zum
Verlag persuadiret, davor dieser ihr nunmehro Obligation habe. Er
hatte 2 Original-Briefe des Königs in Preußen zu sich gesteckt
welche er uns vorlase, und ungemein adminirete. Wie denn viel
gute Sentimens darinnen, aber manche Aus drücke doch sehr hoch und
recherchiret scheinen. Weil auch das meiste auf Monsieur Rollins Lob
hinaus lief, und. bey diesen Passagen die Erklärung, welche er darüber
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Lob-Spruch, welcher unter seinem hier in Kupfer gestochenen Portrait

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[0181] nahe gelegenen Garten des Palais de Luxembourg. Währender solcher Zeit fand sich der Duc de Gesvres mit 2 pagen und vielen Domestiquen in einer Staats-Carosse vor unserm Hôtel zur Visite ein. Da denn der von Geusau zu ihm an den Wagen herunter gieng, u. Illmi Abwesenheit entschuldigte. Welches er überaus wohl auf zu nehmen schiene, auch nichts destoweni- ger absteigen und denselben besuchen wolte, auf erfolgte Deprecirung dieser Ehre aber endlich seinen Weg weiter fortsetzete. Mittags hatten wir den Printzen von Schwartz- burg nebst Hl. v. Hertenberg u. H. Rouchlin, wie auch Mr: Rollin zu Gaste. Dieser letztere war ungemein erfreuet, aus denen vorfallen- den Discoursen bey denen teutschen jungen Herrn mehr realiter als bey seiner Nation zu verspühren, und recommandirte dem Printzen und Illmo sonderl: das gründliche studium der Biblischen Historie, als ohne welche die Biebel nicht recht verstanden werden konne, deßen sich doch die Protestanten vor andern picquireten. Wie er denn zum Beweiß deßen ein und andern Ort aus denen Büchern der Könige uns erklärete, welche Erklärung hier beyzubringen, allzuweitläuffig fiele. Als von einem redlichen Mann geredet wurde, der aber ein Mo- linist sey, versicherte er, aller erlittenen molinistischen Drangsal ungeachtet unpartheyisch zu seyn, u. einen recht- schaffnen Molinisten eben so gut als einen Jansenisten zu lieben. Souvent setzte er hinzu, il ya un mur entre l’esprit et le coeur. l’esprit ne pense pas bien, mais la partique du c_ est bonne. Wir fragten ihn, ob er nicht von denen Protestanten eben so urtheile? Seine Antwort aber war: ah! que voudre_ le pouvoir faire! Von dem Abbé du Guet sagte er, daß er sein special guter Freund gewesen, und von ihm zu Schreibung manchen guten Buches sey veranlaßet worden. Von seinen eignen Büchern erzehlete er uns dieses particulare, wie er den Beyfall des publici sich gar nicht vorgestellet, u. deswegen den Buchführer, der seine erste Schrift zu verlegen übernommen, die indexinisation versprochen habe, im Fall dieselbe nicht abginge die Frau des Buchführers, welche viel Verstand gehabt, u. das MSt gelesen, habe ihrem Mann noch ein Hertz zugesprochen und ihn zum Verlag persuadiret, davor dieser ihr nunmehro Obligation habe. Er hatte 2 Original-Briefe des Königs in Preußen zu sich gesteckt welche er uns vorlase, und ungemein adminirete. Wie denn viel gute Sentimens darinnen, aber manche Aus drücke doch sehr hoch und recherchiret scheinen. Weil auch das meiste auf Mr. Rollins Lob hinaus lief, u. bey diesen Passagen die Erklärung, welche er darüber machte, sehr nach der Ichheit schmeckete, auch sogar ein frantzösischer Lob-Spruch, welcher unter seinem hier in Kupfer gestochenen Portrait

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/181>, abgerufen am 21.11.2024.