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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Creutz führet, welche denen Leichen-Tüchern vollkommen ähnlich sehen. Unter denen
hiesigen Gelehrten ist der Prof. Historia et Eloquential Schöpflin vornehmlich zu bemercken,
weil er in seinem Scibili nicht nur vollkommen solide, sondern auch in der Conversation
überaus polit und unpedantisch ist. Sein Vaterland ist das Baden-Badenische. Er
hat auf Kosten der Stadt, Frankreich und Italien durchreiset und hält er sich deswegen
beständig hier zu bleiben verpflichtet, ohnerachtet er sich externe dazu nicht ver-
bindlich gemacht. Sein Antiquitaeten Vorrath ist exquisit und die in zweyen
großen Zimmern stehende Bibliothec sonderlich in Historicis ungemein considerabel
Er hat eine Historie von Elsaß in lateinischer Sprache unter der Feder. Eine Frantzösische
dissertation welche er an die academie de Inscriptions et de belles lettres deren
Mitglied er ist, einschicken wolte, war ungemein wohl abgefaßt, und darinnen
behauptet, daß Guttenberg zwar ein Mainzer von Geburt gewesen, die
Buchdruckerey aber eigentlich in Strasburg erfunden habe, ohnerachtet diese
Kunst an diesem Ort nicht zur Perfection gebracht worden. Unter andern
wurde dieses durch einen Contract bewiesen, welchen Guttenberg mit 3 darinn
benannten Strasburger Bürgern geschloßen, und zwar zu dem Entzweck, um
wie die Worte lauteten: Abendtheuer und Kunst zu suchen. Occasionaliter
erwehnte er, daß zum Behuff seiner Elsaßischen Historie keine Obrechtischen
Collectanea vorhanden wären, wie denn Obrecht niemal gemeinet gewesen
dergleichen zu schreiben, sondern seinen prodromur rerum Alsaticarum nur
deswegen heraus gegeben, um wieder die Frantzösische Praetension auf Strasburg
auf eine verdeckte Weise zu schreiben. Ohnerachtet er ein Protestant ist, so
hat ihm doch der König vor wenig Monaten das Praedicat Conseiler et Historio-
graphe du Roi beigeleget. Als wir eben bey Herrn Schöpflin waren, fand
sich auch der Marquis de Bauvaux bey demselben ein, welcher als Frantzösischer
Envoge Extraordinaire nach Berlin hier durch passirte und den Herrn Schöpflin
wegen einer Römischen Müntze die er kauffen wolte, zu Rathe zog; wie er denn
in numismaticis ungemein erfahren zu seyn scheine. Bey dem Marechal
de Broglio
erzehlte ein Frantzösischer Officier von ihm, daß er sich viele Stunden
auf der Jagd fatigire und wenn er nach Hause käme, sogleich viele
Stunden in einem Stück fort studire . Der Marechal selbst aber urtheilte
von ihm: il a beaucoup d'ambition et toujours de nouveaus projects, comme
Monsieur de Bellisle. Auch lernten wir ebenfals bey Monsieur Schöpflin zwey
junge Grafen von Harrach von 15 bis 16 Jahren kennen, welche des
Brüßelischen premier-Ministre Söhne und studirens halber hier sind.

Saverne den 5 October

Das hiesige Residentz-Schloß des Bischofs von Strasburg benebst dem Garten
ist sehr propre und wohl angeleget, besonders aber der den hohen Berg hinauf
hinter der Stadt verfertigte gestampfte sehr breite Weg zu admiriren, als
vermittelst deßen man, weil er sich durch verschiedene Krümmen den Berg
hinauf schleiget, ungemein commode die Höhe hinauf und herunter kommen kan.

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Creutz führet, welche denen Leichen-Tüchern vollkommen ähnlich sehen. Unter denen
hiesigen Gelehrten ist der Prof. Historia et Eloquential Schöpflin vornehmlich zu bemercken,
weil er in seinem Scibili nicht nur vollkommen solide, sondern auch in der Conversation
überaus polit und unpedantisch ist. Sein Vaterland ist das Baden-Badenische. Er
hat auf Kosten der Stadt, Frankreich und Italien durchreiset und hält er sich deswegen
beständig hier zu bleiben verpflichtet, ohnerachtet er sich externe dazu nicht ver-
bindlich gemacht. Sein Antiquitaeten Vorrath ist exquisit und die in zweyen
großen Zimmern stehende Bibliothec sonderlich in Historicis ungemein considerabel
Er hat eine Historie von Elsaß in lateinischer Sprache unter der Feder. Eine Frantzösische
dissertation welche er an die academie de Inscriptions et de belles lettres deren
Mitglied er ist, einschicken wolte, war ungemein wohl abgefaßt, und darinnen
behauptet, daß Guttenberg zwar ein Mainzer von Geburt gewesen, die
Buchdruckerey aber eigentlich in Strasburg erfunden habe, ohnerachtet diese
Kunst an diesem Ort nicht zur Perfection gebracht worden. Unter andern
wurde dieses durch einen Contract bewiesen, welchen Guttenberg mit 3 darinn
benannten Strasburger Bürgern geschloßen, und zwar zu dem Entzweck, um
wie die Worte lauteten: Abendtheuer und Kunst zu suchen. Occasionaliter
erwehnte er, daß zum Behuff seiner Elsaßischen Historie keine Obrechtischen
Collectanea vorhanden wären, wie denn Obrecht niemal gemeinet gewesen
dergleichen zu schreiben, sondern seinen prodromur rerum Alsaticarum nur
deswegen heraus gegeben, um wieder die Frantzösische Praetension auf Strasburg
auf eine verdeckte Weise zu schreiben. Ohnerachtet er ein Protestant ist, so
hat ihm doch der König vor wenig Monaten das Praedicat Conseiler et Historio-
graphe du Roi beigeleget. Als wir eben bey Herrn Schöpflin waren, fand
sich auch der Marquis de Bauvaux bey demselben ein, welcher als Frantzösischer
Envogé Extraordinaire nach Berlin hier durch passirte und den Herrn Schöpflin
wegen einer Römischen Müntze die er kauffen wolte, zu Rathe zog; wie er denn
in numismaticis ungemein erfahren zu seyn scheine. Bey dem Marechal
de Broglio
erzehlte ein Frantzösischer Officier von ihm, daß er sich viele Stunden
auf der Jagd fatigire und wenn er nach Hause käme, sogleich viele
Stunden in einem Stück fort studire . Der Marechal selbst aber urtheilte
von ihm: il a beaucoup d’ambition et toujours de nouveaus projects, comme
Monsieur de Bellisle. Auch lernten wir ebenfals bey Monsieur Schöpflin zwey
junge Grafen von Harrach von 15 bis 16 Jahren kennen, welche des
Brüßelischen premier-Ministre Söhne und studirens halber hier sind.

Saverne den 5 October

Das hiesige Residentz-Schloß des Bischofs von Strasburg benebst dem Garten
ist sehr propre und wohl angeleget, besonders aber der den hohen Berg hinauf
hinter der Stadt verfertigte gestampfte sehr breite Weg zu admiriren, als
vermittelst deßen man, weil er sich durch verschiedene Krümmen den Berg
hinauf schleiget, ungemein commode die Höhe hinauf und herunter kommen kan.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/16>, abgerufen am 21.11.2024.