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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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du solltest sie sehen, wenn sie mit frischen Rosen
und einem bunten Kranz sich schmükt; und o
wie froh sind wir, wenn wir bey einer rau-
schenden Quelle im schattichten Busch sizen! sie
singt dann, o wie schön singt sie! nnd ich be-
gleite ihren Gesang mit der Flöte; unser Gesang
tönt dann weit umher, und die Echo singet uns
nach; oder wir behorchen den schönen Gesang
der Vögel, die von den Wipfeln der Bäume und
aus den Gebüschen singen. Oder singen eure
Saitenspieler besser als die Nachtigal oder die lieb-
liche Grasmüke? Nein, nein ich geh nicht mit
dir in die Stadt.

Aeschines. Was soll ich dir denn geben, Hirt?
Hier nimm die Hand voll Gold, und diss goldne
Hüfthorn.

Menalkas. Was soll mir das Gold? ich habe
Heberfluss; soll ich mit dem Golde die Früchte von
den Bäumen erkaufen, oder die Blumen von den
Wiesen, oder soll ich von meiner Herde die Milch
erkaufen?

Aeschines.

du ſollteſt ſie ſehen, wenn ſie mit friſchen Roſen
und einem bunten Kranz ſich ſchmükt; und o
wie froh ſind wir, wenn wir bey einer rau-
ſchenden Quelle im ſchattichten Buſch ſizen! ſie
ſingt dann, o wie ſchön ſingt ſie! nnd ich be-
gleite ihren Geſang mit der Flöte; unſer Geſang
tönt dann weit umher, und die Echo ſinget uns
nach; oder wir behorchen den ſchönen Geſang
der Vögel, die von den Wipfeln der Bäume und
aus den Gebüſchen ſingen. Oder ſingen eure
Saitenſpieler beſſer als die Nachtigal oder die lieb-
liche Grasmüke? Nein, nein ich geh nicht mit
dir in die Stadt.

Aeſchines. Was ſoll ich dir denn geben, Hirt?
Hier nimm die Hand voll Gold, und diſs goldne
Hüfthorn.

Menalkas. Was ſoll mir das Gold? ich habe
Heberfluſs; ſoll ich mit dem Golde die Früchte von
den Bäumen erkaufen, oder die Blumen von den
Wieſen, oder ſoll ich von meiner Herde die Milch
erkaufen?

Aeſchines.
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[80/0085] du ſollteſt ſie ſehen, wenn ſie mit friſchen Roſen und einem bunten Kranz ſich ſchmükt; und o wie froh ſind wir, wenn wir bey einer rau- ſchenden Quelle im ſchattichten Buſch ſizen! ſie ſingt dann, o wie ſchön ſingt ſie! nnd ich be- gleite ihren Geſang mit der Flöte; unſer Geſang tönt dann weit umher, und die Echo ſinget uns nach; oder wir behorchen den ſchönen Geſang der Vögel, die von den Wipfeln der Bäume und aus den Gebüſchen ſingen. Oder ſingen eure Saitenſpieler beſſer als die Nachtigal oder die lieb- liche Grasmüke? Nein, nein ich geh nicht mit dir in die Stadt. Aeſchines. Was ſoll ich dir denn geben, Hirt? Hier nimm die Hand voll Gold, und diſs goldne Hüfthorn. Menalkas. Was ſoll mir das Gold? ich habe Heberfluſs; ſoll ich mit dem Golde die Früchte von den Bäumen erkaufen, oder die Blumen von den Wieſen, oder ſoll ich von meiner Herde die Milch erkaufen? Aeſchines.

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/85>, abgerufen am 13.05.2024.