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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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zen! sieh er empfängt wieder ruhig das Bild des
hellen Himmels und der Bäume umher.

Damon. Umarme mich Daphne, umarme
mich! O was für Freude durchströmt mich!
wie herrlich ist alles um uns her! Welche uner-
schöpfliche Quelle von Entzüken! Von der bele-
benden Sonne bis zur kleinesten Pflanze sind alles
Wunder! O wie reisst das Entzüken mich hin!
wenn ich vom hohen Hügel die weitausgebrei-
tete Gegend übersehe, oder, wenn ich ins Gras
hingestrekt, die manigfaltigen Blumen und Kräu-
ter betrachte und ihre kleine Bewohner; oder
wenn ich in nächtlichen Stunden, bey gestirntem
Himmel, den Wechsel der Jahrszeiten, oder den
Wachsthum der unzählbaren Gewächse - - wenn
ich die Wunder betrachte, dann schwellt mir
die Brust, Gedanken drengen sich dann auf;
ich kan sie nicht entwikeln, dann wein' ich
und sinke hin und stammle mein Erstaunen dem
der die Erde schuf! O Daphne, nichts gleicht

zen! ſieh er empfängt wieder ruhig das Bild des
hellen Himmels und der Bäume umher.

Damon. Umarme mich Daphne, umarme
mich! O was für Freude durchſtrömt mich!
wie herrlich iſt alles um uns her! Welche uner-
ſchöpfliche Quelle von Entzüken! Von der bele-
benden Sonne bis zur kleineſten Pflanze ſind alles
Wunder! O wie reiſst das Entzüken mich hin!
wenn ich vom hohen Hügel die weitausgebrei-
tete Gegend überſehe, oder, wenn ich ins Gras
hingeſtrekt, die manigfaltigen Blumen und Kräu-
ter betrachte und ihre kleine Bewohner; oder
wenn ich in nächtlichen Stunden, bey geſtirntem
Himmel, den Wechſel der Jahrszeiten, oder den
Wachsthum der unzählbaren Gewächſe ‒ ‒ wenn
ich die Wunder betrachte, dann ſchwellt mir
die Bruſt, Gedanken drengen ſich dann auf;
ich kan ſie nicht entwikeln, dann wein’ ich
und ſinke hin und ſtammle mein Erſtaunen dem
der die Erde ſchuf! O Daphne, nichts gleicht

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[42/0047] zen! ſieh er empfängt wieder ruhig das Bild des hellen Himmels und der Bäume umher. Damon. Umarme mich Daphne, umarme mich! O was für Freude durchſtrömt mich! wie herrlich iſt alles um uns her! Welche uner- ſchöpfliche Quelle von Entzüken! Von der bele- benden Sonne bis zur kleineſten Pflanze ſind alles Wunder! O wie reiſst das Entzüken mich hin! wenn ich vom hohen Hügel die weitausgebrei- tete Gegend überſehe, oder, wenn ich ins Gras hingeſtrekt, die manigfaltigen Blumen und Kräu- ter betrachte und ihre kleine Bewohner; oder wenn ich in nächtlichen Stunden, bey geſtirntem Himmel, den Wechſel der Jahrszeiten, oder den Wachsthum der unzählbaren Gewächſe ‒ ‒ wenn ich die Wunder betrachte, dann ſchwellt mir die Bruſt, Gedanken drengen ſich dann auf; ich kan ſie nicht entwikeln, dann wein’ ich und ſinke hin und ſtammle mein Erſtaunen dem der die Erde ſchuf! O Daphne, nichts gleicht

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/47>, abgerufen am 28.04.2024.