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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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meister, der den Plan des ganzen denkt, ihm be-
stimmt hat. Ja du, göttliche Tugend, du bist
unser Glük, du streust Freud' und Seligkeit in je-
dem Stand auf unsre Tage. O wen soll ich be-
neiden, wenn ich durch dich beglükt die Lauf-
bahn meines Lebens vollende? dann sterb' ich
froh, von Edeln beweint, die mich um deinet-
willen liebten, von euch beweint ihr Freunde.
Wenn ihr beym Hügel meines Grabes vor-
bey geht, dann drüket euch die Hand, dann um-
armet euch; Hier ligt sein Staub, sagt ihr,
des Redlichen, aber Gott belohnt seine Be-
mühung glüklich zu seyn, izt mit ewigem Glük;
bald aber wird unser Staub auch da ligen, und
dann geniessen wir mit ihm das ewige Glük;
und du, geliebte Freundin! wann du beym Hügel
meines Grabes vorüber gehest, wann die Maass-
lieben und die Ringelblumen von meinem Grabe
dir winken, dann steig eine Thräne dir ins Auge,
und ists den Seligen vergönnt, die Gegend, die

meiſter, der den Plan des ganzen denkt, ihm be-
ſtimmt hat. Ja du, göttliche Tugend, du biſt
unſer Glük, du ſtreuſt Freud’ und Seligkeit in je-
dem Stand auf unſre Tage. O wen ſoll ich be-
neiden, wenn ich durch dich beglükt die Lauf-
bahn meines Lebens vollende? dann ſterb’ ich
froh, von Edeln beweint, die mich um deinet-
willen liebten, von euch beweint ihr Freunde.
Wenn ihr beym Hügel meines Grabes vor-
bey geht, dann drüket euch die Hand, dann um-
armet euch; Hier ligt ſein Staub, ſagt ihr,
des Redlichen, aber Gott belohnt ſeine Be-
mühung glüklich zu ſeyn, izt mit ewigem Glük;
bald aber wird unſer Staub auch da ligen, und
dann genieſſen wir mit ihm das ewige Glük;
und du, geliebte Freundin! wann du beym Hügel
meines Grabes vorüber geheſt, wann die Maaſs-
lieben und die Ringelblumen von meinem Grabe
dir winken, dann ſteig eine Thräne dir ins Auge,
und iſts den Seligen vergönnt, die Gegend, die

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[133/0138] meiſter, der den Plan des ganzen denkt, ihm be- ſtimmt hat. Ja du, göttliche Tugend, du biſt unſer Glük, du ſtreuſt Freud’ und Seligkeit in je- dem Stand auf unſre Tage. O wen ſoll ich be- neiden, wenn ich durch dich beglükt die Lauf- bahn meines Lebens vollende? dann ſterb’ ich froh, von Edeln beweint, die mich um deinet- willen liebten, von euch beweint ihr Freunde. Wenn ihr beym Hügel meines Grabes vor- bey geht, dann drüket euch die Hand, dann um- armet euch; Hier ligt ſein Staub, ſagt ihr, des Redlichen, aber Gott belohnt ſeine Be- mühung glüklich zu ſeyn, izt mit ewigem Glük; bald aber wird unſer Staub auch da ligen, und dann genieſſen wir mit ihm das ewige Glük; und du, geliebte Freundin! wann du beym Hügel meines Grabes vorüber geheſt, wann die Maaſs- lieben und die Ringelblumen von meinem Grabe dir winken, dann ſteig eine Thräne dir ins Auge, und iſts den Seligen vergönnt, die Gegend, die

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/138>, abgerufen am 10.05.2024.