des Abendroth. Wie wird er lachen, wenn er mich sieht, fern von der feinen Welt bey den Würmern im Gras kriechen! Aber verzeihen sie, Hyacintus, wenn ich so tumm bin, ihrem schö- nen Gang und dem Glanz ihres Kleides nicht nach- zusehn, denn hier an diesem Gräschen läuft ein Würmchen empor, seine Flügel sind grünlichtes Gold, und wechseln prächtig die hellen Farben des Regenbogens. Verzeihen sie Hyacintus, ver- zeihen sie der Natur, die einem Wurm ein schöner Kleid gab, als keine Kunst ihnen liefern kan, ihnen der doch so ausnehmenden Wiz hat, Gewissen und Religion dem tummen Pöbel zu überlassen.
Aber izt kömmt sie, die schöne Daphne! ich eil izt an ihre Seite, ihr Blumen, und ihr, ihr kleinen Bewohner; aber noch oft sollt ihr mir das sanfte Entzüken gewähren, das Entzüken, auch in der kleinsten Verzierung der Natur die Harmonie mit der Schönheit und dem Nuzen ins Unendliche hin in unauflöslicher Umarmung zusehn.
des Abendroth. Wie wird er lachen, wenn er mich ſieht, fern von der feinen Welt bey den Würmern im Gras kriechen! Aber verzeihen ſie, Hyacintus, wenn ich ſo tumm bin, ihrem ſchö- nen Gang und dem Glanz ihres Kleides nicht nach- zuſehn, denn hier an dieſem Gräschen läuft ein Würmchen empor, ſeine Flügel ſind grünlichtes Gold, und wechſeln prächtig die hellen Farben des Regenbogens. Verzeihen ſie Hyacintus, ver- zeihen ſie der Natur, die einem Wurm ein ſchöner Kleid gab, als keine Kunſt ihnen liefern kan, ihnen der doch ſo ausnehmenden Wiz hat, Gewiſſen und Religion dem tummen Pöbel zu überlaſſen.
Aber izt kömmt ſie, die ſchöne Daphne! ich eil izt an ihre Seite, ihr Blumen, und ihr, ihr kleinen Bewohner; aber noch oft ſollt ihr mir das ſanfte Entzüken gewähren, das Entzüken, auch in der kleinſten Verzierung der Natur die Harmonie mit der Schönheit und dem Nuzen ins Unendliche hin in unauflöslicher Umarmung zuſehn.
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des Abendroth. Wie wird er lachen, wenn er
mich ſieht, fern von der feinen Welt bey den
Würmern im Gras kriechen! Aber verzeihen ſie,
Hyacintus, wenn ich ſo tumm bin, ihrem ſchö-
nen Gang und dem Glanz ihres Kleides nicht nach-
zuſehn, denn hier an dieſem Gräschen läuft ein
Würmchen empor, ſeine Flügel ſind grünlichtes
Gold, und wechſeln prächtig die hellen Farben
des Regenbogens. Verzeihen ſie Hyacintus, ver-
zeihen ſie der Natur, die einem Wurm ein ſchöner
Kleid gab, als keine Kunſt ihnen liefern kan, ihnen
der doch ſo ausnehmenden Wiz hat, Gewiſſen
und Religion dem tummen Pöbel zu überlaſſen.
Aber izt kömmt ſie, die ſchöne Daphne! ich
eil izt an ihre Seite, ihr Blumen, und ihr, ihr
kleinen Bewohner; aber noch oft ſollt ihr mir
das ſanfte Entzüken gewähren, das Entzüken,
auch in der kleinſten Verzierung der Natur die
Harmonie mit der Schönheit und dem Nuzen ins
Unendliche hin in unauflöslicher Umarmung zuſehn.
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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/123>, abgerufen am 25.07.2024.
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