lancholischer Wald; Leb izt wohl Amor, dein Pfeil wird mich hier nicht finden, ich will nicht mehr lieben, und in einsamer Gegend weise seyn; Lebe wohl, du braunes Mädchen, das mit schwar- zen Augen mir das Gift der Liebe in mein bisher unverwahrtes Herze geblizet hat; Lebe wohl, noch gestern hüpftest du froh im weissen Sommer- Kleid um mich her, wie die Wellen hier im Son- nen-Licht hüpfen; und du blondes Mädchen lebe wohl! dein schmachtender Blik - - ach! zu sehr, zu sehr hast du mein Herze bemeistert, und dein schwellender Busen - - ach! ich förchte, ich werd ihn hier oft in einsamen traurigen Betrachtungen sehen und seufzen! Lebe wohl, majestätische Me- linde, mit dem ernsten Gesicht wie Pallas und mit dem majestätischen Gang, und du kleine Chloe, die du muthwillig nach meinen Lippen aufhüpftest und mich küsstest; in diese Gegenden will ich izt fliehen, und in ernsten Betrachtungen unter diesen Fichten mich lagern, und die Liebe verlachen;
G 5
lancholiſcher Wald; Leb izt wohl Amor, dein Pfeil wird mich hier nicht finden, ich will nicht mehr lieben, und in einſamer Gegend weiſe ſeyn; Lebe wohl, du braunes Mädchen, das mit ſchwar- zen Augen mir das Gift der Liebe in mein bisher unverwahrtes Herze geblizet hat; Lebe wohl, noch geſtern hüpfteſt du froh im weiſſen Sommer- Kleid um mich her, wie die Wellen hier im Son- nen-Licht hüpfen; und du blondes Mädchen lebe wohl! dein ſchmachtender Blik ‒ ‒ ach! zu ſehr, zu ſehr haſt du mein Herze bemeiſtert, und dein ſchwellender Buſen ‒ ‒ ach! ich förchte, ich werd ihn hier oft in einſamen traurigen Betrachtungen ſehen und ſeufzen! Lebe wohl, majeſtätiſche Me- linde, mit dem ernſten Geſicht wie Pallas und mit dem majeſtätiſchen Gang, und du kleine Chloe, die du muthwillig nach meinen Lippen aufhüpfteſt und mich küſsteſt; in dieſe Gegenden will ich izt fliehen, und in ernſten Betrachtungen unter dieſen Fichten mich lagern, und die Liebe verlachen;
G 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0110"n="105"/>
lancholiſcher Wald; Leb izt wohl Amor, dein<lb/>
Pfeil wird mich hier nicht finden, ich will nicht<lb/>
mehr lieben, und in einſamer Gegend weiſe ſeyn;<lb/>
Lebe wohl, du braunes Mädchen, das mit ſchwar-<lb/>
zen Augen mir das Gift der Liebe in mein bisher<lb/>
unverwahrtes Herze geblizet hat; Lebe wohl,<lb/>
noch geſtern hüpfteſt du froh im weiſſen Sommer-<lb/>
Kleid um mich her, wie die Wellen hier im Son-<lb/>
nen-Licht hüpfen; und du blondes Mädchen lebe<lb/>
wohl! dein ſchmachtender Blik ‒‒ ach! zu ſehr,<lb/>
zu ſehr haſt du mein Herze bemeiſtert, und dein<lb/>ſchwellender Buſen ‒‒ ach! ich förchte, ich werd<lb/>
ihn hier oft in einſamen traurigen Betrachtungen<lb/>ſehen und ſeufzen! Lebe wohl, majeſtätiſche Me-<lb/>
linde, mit dem ernſten Geſicht wie Pallas und mit<lb/>
dem majeſtätiſchen Gang, und du kleine Chloe,<lb/>
die du muthwillig nach meinen Lippen aufhüpfteſt<lb/>
und mich küſsteſt; in dieſe Gegenden will ich izt<lb/>
fliehen, und in ernſten Betrachtungen unter dieſen<lb/>
Fichten mich lagern, und die Liebe verlachen;<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G 5</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[105/0110]
lancholiſcher Wald; Leb izt wohl Amor, dein
Pfeil wird mich hier nicht finden, ich will nicht
mehr lieben, und in einſamer Gegend weiſe ſeyn;
Lebe wohl, du braunes Mädchen, das mit ſchwar-
zen Augen mir das Gift der Liebe in mein bisher
unverwahrtes Herze geblizet hat; Lebe wohl,
noch geſtern hüpfteſt du froh im weiſſen Sommer-
Kleid um mich her, wie die Wellen hier im Son-
nen-Licht hüpfen; und du blondes Mädchen lebe
wohl! dein ſchmachtender Blik ‒ ‒ ach! zu ſehr,
zu ſehr haſt du mein Herze bemeiſtert, und dein
ſchwellender Buſen ‒ ‒ ach! ich förchte, ich werd
ihn hier oft in einſamen traurigen Betrachtungen
ſehen und ſeufzen! Lebe wohl, majeſtätiſche Me-
linde, mit dem ernſten Geſicht wie Pallas und mit
dem majeſtätiſchen Gang, und du kleine Chloe,
die du muthwillig nach meinen Lippen aufhüpfteſt
und mich küſsteſt; in dieſe Gegenden will ich izt
fliehen, und in ernſten Betrachtungen unter dieſen
Fichten mich lagern, und die Liebe verlachen;
G 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/110>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.