Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 2. Leipzig, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

hätten; So würden sie sich auch eine Druckerey anlegen, Vor-
mittag in ihrer Studierstuben herrliche Schrifften verfertigen,
und Nachmittag in ihrer Druckerey ihre eigene verfertigte Sa-
chen auf das schönste haben Drucken dürffen.

Hieraus wird nunmehro deutlich erhellen, daß der Herr
Paul Pater die erste Meynung einiger Leute, die er aber nicht
nennet, schlechterdings hätte verwerffen sollen. Er hat sich
auch endlich etwas beßer besonnen, indem er bekennet, daß
man bey der Beantwortung dieser Frage auf die Beschaffen-
heit des Orts, auf die Obrigkeit und hohen Schulen sehen
müße. Wir sind beynahe seiner Meynung. Nur mit diesem
Unterscheid, daß wir erstlich auf den Befehl, oder Verboth der
lieben Obrigkeit, und hernach auf die Lage des Orts sehen
müßen. Denn wenn ein Ort noch so bequem wäre, und un-
ser Landesvater will nicht; So giebt die Lage an und vor
sich noch keine Freyheit darzu. Unser Wille ist den Hohen
in der Welt unterworffen. Diesen müßen wir Gehorsam lei-
sten, folglich darf auch keine Druckerey an einem solchen Ort
angeleget werden, wo wir, sondern wo selbige wollen. Denn
diese wißen am besten was zur Zierde und Nutzen des Landes
dienet, und wo eine Druckerey nöthig ist.

II. Frage.
Ob den Waysenhäusern Buchdruckereyen
und Bücher-Lotterien mit Recht
zukommen?

Es scheinet zwar, meynt unser Paul Pater, daß derglei-
chen Häuser einer Republick mehr schädlich, als nützlich, wären,
weil sie insgemein von allen bürgerlichen Abgaben frey sind;
Alleine, deßen ungeacht, muß man diese Frage dennoch mit
JA beantworten, weil von den Früchten dieses Nutzens viele
arme Kinder unterhalten würden, welchen man nach dem Ge-
setz der Christlichen Liebe zu helffen verbunden ist.

Anmerckung.

Ehe wir weiter fortgehen, so wollen wir so gleich unsere

Gedan-

haͤtten; So wuͤrden ſie ſich auch eine Druckerey anlegen, Vor-
mittag in ihrer Studierſtuben herrliche Schrifften verfertigen,
und Nachmittag in ihrer Druckerey ihre eigene verfertigte Sa-
chen auf das ſchoͤnſte haben Drucken duͤrffen.

Hieraus wird nunmehro deutlich erhellen, daß der Herr
Paul Pater die erſte Meynung einiger Leute, die er aber nicht
nennet, ſchlechterdings haͤtte verwerffen ſollen. Er hat ſich
auch endlich etwas beßer beſonnen, indem er bekennet, daß
man bey der Beantwortung dieſer Frage auf die Beſchaffen-
heit des Orts, auf die Obrigkeit und hohen Schulen ſehen
muͤße. Wir ſind beynahe ſeiner Meynung. Nur mit dieſem
Unterſcheid, daß wir erſtlich auf den Befehl, oder Verboth der
lieben Obrigkeit, und hernach auf die Lage des Orts ſehen
muͤßen. Denn wenn ein Ort noch ſo bequem waͤre, und un-
ſer Landesvater will nicht; So giebt die Lage an und vor
ſich noch keine Freyheit darzu. Unſer Wille iſt den Hohen
in der Welt unterworffen. Dieſen muͤßen wir Gehorſam lei-
ſten, folglich darf auch keine Druckerey an einem ſolchen Ort
angeleget werden, wo wir, ſondern wo ſelbige wollen. Denn
dieſe wißen am beſten was zur Zierde und Nutzen des Landes
dienet, und wo eine Druckerey noͤthig iſt.

II. Frage.
Ob den Wayſenhaͤuſern Buchdruckereyen
und Buͤcher-Lotterien mit Recht
zukommen?

Es ſcheinet zwar, meynt unſer Paul Pater, daß derglei-
chen Haͤuſer einer Republick mehr ſchaͤdlich, als nuͤtzlich, waͤren,
weil ſie insgemein von allen buͤrgerlichen Abgaben frey ſind;
Alleine, deßen ungeacht, muß man dieſe Frage dennoch mit
JA beantworten, weil von den Fruͤchten dieſes Nutzens viele
arme Kinder unterhalten wuͤrden, welchen man nach dem Ge-
ſetz der Chriſtlichen Liebe zu helffen verbunden iſt.

Anmerckung.

Ehe wir weiter fortgehen, ſo wollen wir ſo gleich unſere

Gedan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0379"/>
ha&#x0364;tten; So wu&#x0364;rden &#x017F;ie &#x017F;ich auch eine Druckerey anlegen, Vor-<lb/>
mittag in ihrer Studier&#x017F;tuben herrliche Schrifften verfertigen,<lb/>
und Nachmittag in ihrer Druckerey ihre eigene verfertigte Sa-<lb/>
chen auf das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te haben Drucken du&#x0364;rffen.</p><lb/>
              <p>Hieraus wird nunmehro deutlich erhellen, daß der Herr<lb/><hi rendition="#fr">Paul Pater</hi> die er&#x017F;te Meynung einiger Leute, die er aber nicht<lb/>
nennet, &#x017F;chlechterdings ha&#x0364;tte verwerffen &#x017F;ollen. Er hat &#x017F;ich<lb/>
auch endlich etwas beßer be&#x017F;onnen, indem er bekennet, daß<lb/>
man bey der Beantwortung die&#x017F;er Frage auf die Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit des Orts, auf die Obrigkeit und hohen Schulen &#x017F;ehen<lb/>
mu&#x0364;ße. Wir &#x017F;ind beynahe &#x017F;einer Meynung. Nur mit die&#x017F;em<lb/>
Unter&#x017F;cheid, daß wir er&#x017F;tlich auf den Befehl, oder Verboth der<lb/>
lieben Obrigkeit, und hernach auf die Lage des Orts &#x017F;ehen<lb/>
mu&#x0364;ßen. Denn wenn ein Ort noch &#x017F;o bequem wa&#x0364;re, und un-<lb/>
&#x017F;er Landesvater will nicht; So giebt die Lage an und vor<lb/>
&#x017F;ich noch keine Freyheit darzu. Un&#x017F;er Wille i&#x017F;t den Hohen<lb/>
in der Welt unterworffen. Die&#x017F;en mu&#x0364;ßen wir Gehor&#x017F;am lei-<lb/>
&#x017F;ten, folglich darf auch keine Druckerey an einem &#x017F;olchen Ort<lb/>
angeleget werden, wo wir, &#x017F;ondern wo &#x017F;elbige wollen. Denn<lb/>
die&#x017F;e wißen am be&#x017F;ten was zur Zierde und Nutzen des Landes<lb/>
dienet, und wo eine Druckerey no&#x0364;thig i&#x017F;t.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">II.</hi> Frage.<lb/>
Ob den Way&#x017F;enha&#x0364;u&#x017F;ern Buchdruckereyen<lb/>
und Bu&#x0364;cher-Lotterien mit Recht<lb/>
zukommen?</head><lb/>
            <p>Es &#x017F;cheinet zwar, meynt un&#x017F;er <hi rendition="#fr">Paul Pater,</hi> daß derglei-<lb/>
chen Ha&#x0364;u&#x017F;er einer Republick mehr &#x017F;cha&#x0364;dlich, als nu&#x0364;tzlich, wa&#x0364;ren,<lb/>
weil &#x017F;ie insgemein von allen bu&#x0364;rgerlichen Abgaben frey &#x017F;ind;<lb/>
Alleine, deßen ungeacht, muß man die&#x017F;e Frage dennoch mit<lb/><hi rendition="#fr">JA</hi> beantworten, weil von den Fru&#x0364;chten die&#x017F;es Nutzens viele<lb/>
arme Kinder unterhalten wu&#x0364;rden, welchen man nach dem Ge-<lb/>
&#x017F;etz der Chri&#x017F;tlichen Liebe zu helffen verbunden i&#x017F;t.</p><lb/>
            <div n="4">
              <head>Anmerckung.</head><lb/>
              <p>Ehe wir weiter fortgehen, &#x017F;o wollen wir &#x017F;o gleich un&#x017F;ere<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gedan-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0379] haͤtten; So wuͤrden ſie ſich auch eine Druckerey anlegen, Vor- mittag in ihrer Studierſtuben herrliche Schrifften verfertigen, und Nachmittag in ihrer Druckerey ihre eigene verfertigte Sa- chen auf das ſchoͤnſte haben Drucken duͤrffen. Hieraus wird nunmehro deutlich erhellen, daß der Herr Paul Pater die erſte Meynung einiger Leute, die er aber nicht nennet, ſchlechterdings haͤtte verwerffen ſollen. Er hat ſich auch endlich etwas beßer beſonnen, indem er bekennet, daß man bey der Beantwortung dieſer Frage auf die Beſchaffen- heit des Orts, auf die Obrigkeit und hohen Schulen ſehen muͤße. Wir ſind beynahe ſeiner Meynung. Nur mit dieſem Unterſcheid, daß wir erſtlich auf den Befehl, oder Verboth der lieben Obrigkeit, und hernach auf die Lage des Orts ſehen muͤßen. Denn wenn ein Ort noch ſo bequem waͤre, und un- ſer Landesvater will nicht; So giebt die Lage an und vor ſich noch keine Freyheit darzu. Unſer Wille iſt den Hohen in der Welt unterworffen. Dieſen muͤßen wir Gehorſam lei- ſten, folglich darf auch keine Druckerey an einem ſolchen Ort angeleget werden, wo wir, ſondern wo ſelbige wollen. Denn dieſe wißen am beſten was zur Zierde und Nutzen des Landes dienet, und wo eine Druckerey noͤthig iſt. II. Frage. Ob den Wayſenhaͤuſern Buchdruckereyen und Buͤcher-Lotterien mit Recht zukommen? Es ſcheinet zwar, meynt unſer Paul Pater, daß derglei- chen Haͤuſer einer Republick mehr ſchaͤdlich, als nuͤtzlich, waͤren, weil ſie insgemein von allen buͤrgerlichen Abgaben frey ſind; Alleine, deßen ungeacht, muß man dieſe Frage dennoch mit JA beantworten, weil von den Fruͤchten dieſes Nutzens viele arme Kinder unterhalten wuͤrden, welchen man nach dem Ge- ſetz der Chriſtlichen Liebe zu helffen verbunden iſt. Anmerckung. Ehe wir weiter fortgehen, ſo wollen wir ſo gleich unſere Gedan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst02_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst02_1740/379
Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Der so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 2. Leipzig, 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst02_1740/379>, abgerufen am 25.11.2024.