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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Uiberwucht bei dem Rade an der Welle.

Den Raum, welchen die Last Q beschreibt, erhält man auf gleiche Art aus der
Gleichung, [Formel 1] .

§. 521.

Aus der gefundenen Formel sieht man, dass, so oft die Kraft bei einem Rade
an der Welle die Uiberwucht hat, eine beschleunigte Bewegung entsteht. Da nun
die Kraft bei den meisten Maschinen nicht durchaus gleich stark zu wirken im Stande
ist, so bringt man in solchen Fällen ein Schwungrad an. Man versteht darunter
ein schweres, grosses Rad, welches zugleich an der Welle, woran die Kraft wirkt,
oder auch an einer andern mit der Kraft verbundenen Welle angebracht ist und den
Zweck hat, die Bewegung der Maschine so gleichförmig als möglich zu machen. In
allen Fällen, wo die Kraft ihrer Natur nach nicht gleichförmig wirken kann, bedient
man sich eines Schwungrades z. B. die Drechsler, Porzellaindreher, Spinner .... haben
an ihren Drehbänken, Spinnrädern .... Schwungräder, weil sie mit ihrem Fusse das
Rad mittelst des an einer Kurbel angebrachten Hebels nur herunter, nicht aber hinauf
bewegen können, demnach das Rad nur durch einen Halbkreis bewegen, wogegen die
Bewegung durch den andern halben Kreis von dem, dem Rade ertheilten Schwunge fort-
gesetzt werden muss. Die Menschen, welche an Kurbeln oder Haspeln arbeiten, üben
hiebei eine grössere Kraft aus, wenn sie drücken oder ziehen, als wenn ihre Arme horizontal
ausgespannt sind, man wendet daher auch bei allen Kurbelbewegungen Schwungräder an.

Bei Dampfmaschinen wird der Kolben und der mit ihm verbundene Hebel
durch die Kraft der Dämpfe nur hinauf und hinabgezogen, man muss daher bei allen
Dampfmaschinen ebenfalls Schwungräder anbringen, um die Bewegung während des
Wechsels der Dämpfe durch die dem Rade ertheilte Schwungkraft zu bewirken. Der-
selbe Fall tritt auch bei Brettsägen und vielen andern Maschinen ein.

§. 522.

Alle diese Schwungräder dienen bloss dazu, die Bewegung der Maschine,
wenn die Kraft nicht fortwährend gleich stark wirkt, möglichst gleichförmig zu
machen; das Schwungrad selbst kann nie eine Bewegung hervorbringen, weil es in sei-
nem Mittelpunkte auf der Achse liegt; der einzige Zweck desselben besteht darin, die
Ungleichförmigkeiten der Bewegungen zu vermindern und den Gang der Maschinen so
gleichförmig als möglich zu machen.

Um nun zu finden, wie ein Schwungrad eingerichtet seyn müsse, um den ZweckFig.
16.
Tab.
28.

einer gleichförmigen Bewegung zu bewirken, wollen wir dessen Gewicht = R und sei-
nen Hebelsarm = f setzen, ferner, um eine einfachere Formel zu erhalten, auf den
Widerstand der Reibung keine Rücksicht nehmen. Demnach ist P . a -- Q . b das Mo-
ment, welches die Bewegung hervorbringt und P . a -- Q . b = a (x + y + z), (I) wo
x das Gewicht ist, welches zur Bewegung von P, y das Gewicht, welches zur Bewegung
von Q, und z derjenige Theil ist, welcher zur Bewegung des Schwungrades R verwendet
wird. Demnach erhält man folgende Proportionen, P : 2 g . t = x : v und [Formel 2] (II),

Uiberwucht bei dem Rade an der Welle.

Den Raum, welchen die Last Q beschreibt, erhält man auf gleiche Art aus der
Gleichung, [Formel 1] .

§. 521.

Aus der gefundenen Formel sieht man, dass, so oft die Kraft bei einem Rade
an der Welle die Uiberwucht hat, eine beschleunigte Bewegung entsteht. Da nun
die Kraft bei den meisten Maschinen nicht durchaus gleich stark zu wirken im Stande
ist, so bringt man in solchen Fällen ein Schwungrad an. Man versteht darunter
ein schweres, grosses Rad, welches zugleich an der Welle, woran die Kraft wirkt,
oder auch an einer andern mit der Kraft verbundenen Welle angebracht ist und den
Zweck hat, die Bewegung der Maschine so gleichförmig als möglich zu machen. In
allen Fällen, wo die Kraft ihrer Natur nach nicht gleichförmig wirken kann, bedient
man sich eines Schwungrades z. B. die Drechsler, Porzellaindreher, Spinner .... haben
an ihren Drehbänken, Spinnrädern .... Schwungräder, weil sie mit ihrem Fusse das
Rad mittelst des an einer Kurbel angebrachten Hebels nur herunter, nicht aber hinauf
bewegen können, demnach das Rad nur durch einen Halbkreis bewegen, wogegen die
Bewegung durch den andern halben Kreis von dem, dem Rade ertheilten Schwunge fort-
gesetzt werden muss. Die Menschen, welche an Kurbeln oder Haspeln arbeiten, üben
hiebei eine grössere Kraft aus, wenn sie drücken oder ziehen, als wenn ihre Arme horizontal
ausgespannt sind, man wendet daher auch bei allen Kurbelbewegungen Schwungräder an.

Bei Dampfmaschinen wird der Kolben und der mit ihm verbundene Hebel
durch die Kraft der Dämpfe nur hinauf und hinabgezogen, man muss daher bei allen
Dampfmaschinen ebenfalls Schwungräder anbringen, um die Bewegung während des
Wechsels der Dämpfe durch die dem Rade ertheilte Schwungkraft zu bewirken. Der-
selbe Fall tritt auch bei Brettsägen und vielen andern Maschinen ein.

§. 522.

Alle diese Schwungräder dienen bloss dazu, die Bewegung der Maschine,
wenn die Kraft nicht fortwährend gleich stark wirkt, möglichst gleichförmig zu
machen; das Schwungrad selbst kann nie eine Bewegung hervorbringen, weil es in sei-
nem Mittelpunkte auf der Achse liegt; der einzige Zweck desselben besteht darin, die
Ungleichförmigkeiten der Bewegungen zu vermindern und den Gang der Maschinen so
gleichförmig als möglich zu machen.

Um nun zu finden, wie ein Schwungrad eingerichtet seyn müsse, um den ZweckFig.
16.
Tab.
28.

einer gleichförmigen Bewegung zu bewirken, wollen wir dessen Gewicht = R und sei-
nen Hebelsarm = f setzen, ferner, um eine einfachere Formel zu erhalten, auf den
Widerstand der Reibung keine Rücksicht nehmen. Demnach ist P . a — Q . b das Mo-
ment, welches die Bewegung hervorbringt und P . a — Q . b = a (x + y + z), (I) wo
x das Gewicht ist, welches zur Bewegung von P, y das Gewicht, welches zur Bewegung
von Q, und z derjenige Theil ist, welcher zur Bewegung des Schwungrades R verwendet
wird. Demnach erhält man folgende Proportionen, P : 2 g . t = x : v und [Formel 2] (II),

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[559/0591] Uiberwucht bei dem Rade an der Welle. Den Raum, welchen die Last Q beschreibt, erhält man auf gleiche Art aus der Gleichung, [FORMEL]. §. 521. Aus der gefundenen Formel sieht man, dass, so oft die Kraft bei einem Rade an der Welle die Uiberwucht hat, eine beschleunigte Bewegung entsteht. Da nun die Kraft bei den meisten Maschinen nicht durchaus gleich stark zu wirken im Stande ist, so bringt man in solchen Fällen ein Schwungrad an. Man versteht darunter ein schweres, grosses Rad, welches zugleich an der Welle, woran die Kraft wirkt, oder auch an einer andern mit der Kraft verbundenen Welle angebracht ist und den Zweck hat, die Bewegung der Maschine so gleichförmig als möglich zu machen. In allen Fällen, wo die Kraft ihrer Natur nach nicht gleichförmig wirken kann, bedient man sich eines Schwungrades z. B. die Drechsler, Porzellaindreher, Spinner .... haben an ihren Drehbänken, Spinnrädern .... Schwungräder, weil sie mit ihrem Fusse das Rad mittelst des an einer Kurbel angebrachten Hebels nur herunter, nicht aber hinauf bewegen können, demnach das Rad nur durch einen Halbkreis bewegen, wogegen die Bewegung durch den andern halben Kreis von dem, dem Rade ertheilten Schwunge fort- gesetzt werden muss. Die Menschen, welche an Kurbeln oder Haspeln arbeiten, üben hiebei eine grössere Kraft aus, wenn sie drücken oder ziehen, als wenn ihre Arme horizontal ausgespannt sind, man wendet daher auch bei allen Kurbelbewegungen Schwungräder an. Bei Dampfmaschinen wird der Kolben und der mit ihm verbundene Hebel durch die Kraft der Dämpfe nur hinauf und hinabgezogen, man muss daher bei allen Dampfmaschinen ebenfalls Schwungräder anbringen, um die Bewegung während des Wechsels der Dämpfe durch die dem Rade ertheilte Schwungkraft zu bewirken. Der- selbe Fall tritt auch bei Brettsägen und vielen andern Maschinen ein. §. 522. Alle diese Schwungräder dienen bloss dazu, die Bewegung der Maschine, wenn die Kraft nicht fortwährend gleich stark wirkt, möglichst gleichförmig zu machen; das Schwungrad selbst kann nie eine Bewegung hervorbringen, weil es in sei- nem Mittelpunkte auf der Achse liegt; der einzige Zweck desselben besteht darin, die Ungleichförmigkeiten der Bewegungen zu vermindern und den Gang der Maschinen so gleichförmig als möglich zu machen. Um nun zu finden, wie ein Schwungrad eingerichtet seyn müsse, um den Zweck einer gleichförmigen Bewegung zu bewirken, wollen wir dessen Gewicht = R und sei- nen Hebelsarm = f setzen, ferner, um eine einfachere Formel zu erhalten, auf den Widerstand der Reibung keine Rücksicht nehmen. Demnach ist P . a — Q . b das Mo- ment, welches die Bewegung hervorbringt und P . a — Q . b = a (x + y + z), (I) wo x das Gewicht ist, welches zur Bewegung von P, y das Gewicht, welches zur Bewegung von Q, und z derjenige Theil ist, welcher zur Bewegung des Schwungrades R verwendet wird. Demnach erhält man folgende Proportionen, P : 2 g . t = x : v und [FORMEL] (II), Fig. 16. Tab. 28.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/591>, abgerufen am 25.04.2024.