Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
Kräfte der Menschen.
V. Eben so erzählt Desaguliers, wie schon oben bemerkt wurde, (Cours de Physique
experimentale, pag.
259), dass die Träger in London Lasten von 2 bis 3 Zentner auf
sich nehmen, aus den Schiffen in die nahen Waarenlager und Wohngebäude tragen,
dabei zwar sehr langsam und nicht weit, jedoch auch oft über Stiegen in die obern
Stockwerke hinaufgehen. Die Sackträger für die Getreidehändler tragen jedesmal
300 engl. Lb (243 Nied. Oesterr. Lb), sie arbeiten den ganzen Tag, gehen aber dabei
sehr langsam. Die Steinkohlenträger tragen 250 Lb (202 Nied. Oesterr. Lb), sie gehen
jedoch nicht weit, und legen ihre Last bald ab, obgleich sie von der andern Seite
diese Last auch über Stiegen hinauftragen. Zwei Senftträger tragen 300 englische Lb
(243 Nied. Oesterr. Lb) mit einer Geschwindigkeit von 4 engl. Meilen (zu 848 Nied.
Oesterr. Klafter) in jeder Stunde (also mit der Geschwindigkeit [Formel 1]
Nied. Oesterr. Fuss.)

Lebesnier hob im Jahre 1826 zu Prag eine Tafel, worauf 25 Zentner Gusseisen, näm-
lich 5 nach der Länge und 5 nach der Breite aufgestellt waren.

Demnach wäre die mittlere Kraft k für so starke Menschen zwei bis dreimal grösser,
als die gewöhnlichen 25 Lb.

§. 25.

In Hinsicht auf die Geschwindigkeit der Menschen verdient noch bemerkt zu werden,
dass die herrschaftlichen Läufer mit den Wagenpferden im Trabe gleich laufen, sonach
8 bis 10 Fuss in jeder Sekunde zurücklegen. Englische Läufer legen auf kürzern Strecken
bei Wettläufen bis 9 engl. Meilen in einer Stunde zurück und beschreiben daher in einer
Sekunde 12,7 Nied. Oesterr. Fuss. In dem Correspondenten von und für Deutschland
N. 127 vom 7. Mai 1817 wird berichtet: "Ein irländischer 18jähriger Bursche, Namens
O'Neil machte dieser Tage baarfuss 46 engl. Meilen in 71/2 Stunden". Er legte somit 39008
Nied. Oesterr. Klafter in 71/2 Stunden, also [Formel 2] Fuss oder 1 Meile in
3/4 Stunden zurück, welches bei der durchlaufenen Wegstrecke von 93/4 Nied. Oesterr. Mei-
len eine ausserordentliche Leistung ist.

Unter solche ausgezeichnete Leistungen gehört auch die des Schnelläufers Goehrich,
welcher im Jahre 1826 zu Prag
an einem Tage 21/2 Nied. Oesterr. Meilen in 5/4 Stunden
und an einem andern Tage 11/2 " " " 3/4 "
also 4 Nied. Oesterr. Meilen in 2 Stunden zurücklegte. Die
Geschwindigkeit desselben betrug demnach [Formel 3] Fuss in einer Sekunde,
wobei noch bemerkt werden muss, dass derselbe nach jedem solchen Gange ganz gelassen
eine Schaale Thee trank, dabei auf und ab ging, folglich die äusserste Anstrengung noch
bei weitem nicht verwendete.

Diese grossen Geschwindigkeiten gehören aber eben so sehr zu den ausserordentli-
chen, als die angeführten Kräfte der stärksten Lastträger. Beide zeigen nur die Gränzen,
wie weit es die Menschen durch Uibung und angemessenen Körperbau zu bringen vermö-
gen; sie zeigen, dass man seine Glieder sowohl zur Arbeit oder zum Tragen grosser La-

Kräfte der Menschen.
V. Eben so erzählt Desaguliers, wie schon oben bemerkt wurde, (Cours de Physique
experimentale, pag.
259), dass die Träger in London Lasten von 2 bis 3 Zentner auf
sich nehmen, aus den Schiffen in die nahen Waarenlager und Wohngebäude tragen,
dabei zwar sehr langsam und nicht weit, jedoch auch oft über Stiegen in die obern
Stockwerke hinaufgehen. Die Sackträger für die Getreidehändler tragen jedesmal
300 engl. ℔ (243 Nied. Oesterr. ℔), sie arbeiten den ganzen Tag, gehen aber dabei
sehr langsam. Die Steinkohlenträger tragen 250 ℔ (202 Nied. Oesterr. ℔), sie gehen
jedoch nicht weit, und legen ihre Last bald ab, obgleich sie von der andern Seite
diese Last auch über Stiegen hinauftragen. Zwei Senftträger tragen 300 englische ℔
(243 Nied. Oesterr. ℔) mit einer Geschwindigkeit von 4 engl. Meilen (zu 848 Nied.
Oesterr. Klafter) in jeder Stunde (also mit der Geschwindigkeit [Formel 1]
Nied. Oesterr. Fuss.)

Lebesnier hob im Jahre 1826 zu Prag eine Tafel, worauf 25 Zentner Gusseisen, näm-
lich 5 nach der Länge und 5 nach der Breite aufgestellt waren.

Demnach wäre die mittlere Kraft k für so starke Menschen zwei bis dreimal grösser,
als die gewöhnlichen 25 ℔.

§. 25.

In Hinsicht auf die Geschwindigkeit der Menschen verdient noch bemerkt zu werden,
dass die herrschaftlichen Läufer mit den Wagenpferden im Trabe gleich laufen, sonach
8 bis 10 Fuss in jeder Sekunde zurücklegen. Englische Läufer legen auf kürzern Strecken
bei Wettläufen bis 9 engl. Meilen in einer Stunde zurück und beschreiben daher in einer
Sekunde 12,7 Nied. Oesterr. Fuss. In dem Correspondenten von und für Deutschland
N. 127 vom 7. Mai 1817 wird berichtet: „Ein irländischer 18jähriger Bursche, Namens
O’Neil machte dieser Tage baarfuss 46 engl. Meilen in 7½ Stunden“. Er legte somit 39008
Nied. Oesterr. Klafter in 7½ Stunden, also [Formel 2] Fuss oder 1 Meile in
¾ Stunden zurück, welches bei der durchlaufenen Wegstrecke von 9¾ Nied. Oesterr. Mei-
len eine ausserordentliche Leistung ist.

Unter solche ausgezeichnete Leistungen gehört auch die des Schnelläufers Goehrich,
welcher im Jahre 1826 zu Prag
an einem Tage 2½ Nied. Oesterr. Meilen in 5/4 Stunden
und an einem andern Tage 1½ „ „ „ ¾ „
also 4 Nied. Oesterr. Meilen in 2 Stunden zurücklegte. Die
Geschwindigkeit desselben betrug demnach [Formel 3] Fuss in einer Sekunde,
wobei noch bemerkt werden muss, dass derselbe nach jedem solchen Gange ganz gelassen
eine Schaale Thee trank, dabei auf und ab ging, folglich die äusserste Anstrengung noch
bei weitem nicht verwendete.

Diese grossen Geschwindigkeiten gehören aber eben so sehr zu den ausserordentli-
chen, als die angeführten Kräfte der stärksten Lastträger. Beide zeigen nur die Gränzen,
wie weit es die Menschen durch Uibung und angemessenen Körperbau zu bringen vermö-
gen; sie zeigen, dass man seine Glieder sowohl zur Arbeit oder zum Tragen grosser La-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0059" n="29"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Kräfte der Menschen</hi>.</fw><lb/>
            <list>
              <item>V. Eben so erzählt <hi rendition="#i">Desaguliers,</hi> wie schon oben bemerkt wurde, (<hi rendition="#i">Cours de Physique<lb/>
experimentale, pag.</hi> 259), dass die Träger in London Lasten von 2 bis 3 Zentner auf<lb/>
sich nehmen, aus den Schiffen in die nahen Waarenlager und Wohngebäude tragen,<lb/>
dabei zwar sehr langsam und nicht weit, jedoch auch oft über Stiegen in die obern<lb/>
Stockwerke hinaufgehen. Die Sackträger für die Getreidehändler tragen jedesmal<lb/>
300 engl. &#x2114; (243 Nied. Oesterr. &#x2114;), sie arbeiten den ganzen Tag, gehen aber dabei<lb/>
sehr langsam. Die Steinkohlenträger tragen 250 &#x2114; (202 Nied. Oesterr. &#x2114;), sie gehen<lb/>
jedoch nicht weit, und legen ihre Last bald ab, obgleich sie von der andern Seite<lb/>
diese Last auch über Stiegen hinauftragen. Zwei Senftträger tragen 300 englische &#x2114;<lb/>
(243 Nied. Oesterr. &#x2114;) mit einer Geschwindigkeit von 4 engl. Meilen (zu 848 Nied.<lb/>
Oesterr. Klafter) in jeder Stunde (also mit der Geschwindigkeit <formula/><lb/>
Nied. Oesterr. Fuss.)</item>
            </list><lb/>
            <p><hi rendition="#i">Lebesnier</hi> hob im Jahre 1826 zu Prag eine Tafel, worauf 25 Zentner Gusseisen, näm-<lb/>
lich 5 nach der Länge und 5 nach der Breite aufgestellt waren.</p><lb/>
            <p>Demnach wäre die mittlere Kraft k für so starke Menschen zwei bis dreimal grösser,<lb/>
als die gewöhnlichen 25 &#x2114;.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 25.</head><lb/>
            <p>In Hinsicht auf die Geschwindigkeit der Menschen verdient noch bemerkt zu werden,<lb/>
dass die herrschaftlichen Läufer mit den Wagenpferden im Trabe gleich laufen, sonach<lb/>
8 bis 10 Fuss in jeder Sekunde zurücklegen. Englische Läufer legen auf kürzern Strecken<lb/>
bei Wettläufen bis 9 engl. Meilen in einer Stunde zurück und beschreiben daher in einer<lb/>
Sekunde 12,<hi rendition="#sub">7</hi> Nied. Oesterr. Fuss. In dem Correspondenten von und für Deutschland<lb/>
N. 127 vom 7. Mai 1817 wird berichtet: &#x201E;Ein irländischer 18jähriger Bursche, Namens<lb/><hi rendition="#i">O&#x2019;Neil</hi> machte dieser Tage baarfuss 46 engl. Meilen in 7½ Stunden&#x201C;. Er legte somit 39008<lb/>
Nied. Oesterr. Klafter in 7½ Stunden, also <formula/> Fuss oder 1 Meile in<lb/>
¾ Stunden zurück, welches bei der durchlaufenen Wegstrecke von 9¾ Nied. Oesterr. Mei-<lb/>
len eine ausserordentliche Leistung ist.</p><lb/>
            <p>Unter solche ausgezeichnete Leistungen gehört auch die des Schnelläufers <hi rendition="#i">Goehrich,</hi><lb/>
welcher im Jahre 1826 zu Prag<lb/><hi rendition="#et">an einem Tage 2½ Nied. Oesterr. Meilen in 5/4 Stunden</hi><lb/>
und an einem andern Tage <hi rendition="#u">&#x201E; &#x201E; &#x201E; ¾ &#x201E;</hi><lb/><hi rendition="#et">also 4 Nied. Oesterr. Meilen in 2 Stunden zurücklegte. Die</hi><lb/>
Geschwindigkeit desselben betrug demnach <formula/> Fuss in einer Sekunde,<lb/>
wobei noch bemerkt werden muss, dass derselbe nach jedem solchen Gange ganz gelassen<lb/>
eine Schaale Thee trank, dabei auf und ab ging, folglich die äusserste Anstrengung noch<lb/>
bei weitem nicht verwendete.</p><lb/>
            <p>Diese grossen Geschwindigkeiten gehören aber eben so sehr zu den ausserordentli-<lb/>
chen, als die angeführten Kräfte der stärksten Lastträger. Beide zeigen nur die Gränzen,<lb/>
wie weit es die Menschen durch Uibung und angemessenen Körperbau zu bringen vermö-<lb/>
gen; sie zeigen, dass man seine Glieder sowohl zur Arbeit oder zum Tragen grosser La-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0059] Kräfte der Menschen. V. Eben so erzählt Desaguliers, wie schon oben bemerkt wurde, (Cours de Physique experimentale, pag. 259), dass die Träger in London Lasten von 2 bis 3 Zentner auf sich nehmen, aus den Schiffen in die nahen Waarenlager und Wohngebäude tragen, dabei zwar sehr langsam und nicht weit, jedoch auch oft über Stiegen in die obern Stockwerke hinaufgehen. Die Sackträger für die Getreidehändler tragen jedesmal 300 engl. ℔ (243 Nied. Oesterr. ℔), sie arbeiten den ganzen Tag, gehen aber dabei sehr langsam. Die Steinkohlenträger tragen 250 ℔ (202 Nied. Oesterr. ℔), sie gehen jedoch nicht weit, und legen ihre Last bald ab, obgleich sie von der andern Seite diese Last auch über Stiegen hinauftragen. Zwei Senftträger tragen 300 englische ℔ (243 Nied. Oesterr. ℔) mit einer Geschwindigkeit von 4 engl. Meilen (zu 848 Nied. Oesterr. Klafter) in jeder Stunde (also mit der Geschwindigkeit [FORMEL] Nied. Oesterr. Fuss.) Lebesnier hob im Jahre 1826 zu Prag eine Tafel, worauf 25 Zentner Gusseisen, näm- lich 5 nach der Länge und 5 nach der Breite aufgestellt waren. Demnach wäre die mittlere Kraft k für so starke Menschen zwei bis dreimal grösser, als die gewöhnlichen 25 ℔. §. 25. In Hinsicht auf die Geschwindigkeit der Menschen verdient noch bemerkt zu werden, dass die herrschaftlichen Läufer mit den Wagenpferden im Trabe gleich laufen, sonach 8 bis 10 Fuss in jeder Sekunde zurücklegen. Englische Läufer legen auf kürzern Strecken bei Wettläufen bis 9 engl. Meilen in einer Stunde zurück und beschreiben daher in einer Sekunde 12,7 Nied. Oesterr. Fuss. In dem Correspondenten von und für Deutschland N. 127 vom 7. Mai 1817 wird berichtet: „Ein irländischer 18jähriger Bursche, Namens O’Neil machte dieser Tage baarfuss 46 engl. Meilen in 7½ Stunden“. Er legte somit 39008 Nied. Oesterr. Klafter in 7½ Stunden, also [FORMEL] Fuss oder 1 Meile in ¾ Stunden zurück, welches bei der durchlaufenen Wegstrecke von 9¾ Nied. Oesterr. Mei- len eine ausserordentliche Leistung ist. Unter solche ausgezeichnete Leistungen gehört auch die des Schnelläufers Goehrich, welcher im Jahre 1826 zu Prag an einem Tage 2½ Nied. Oesterr. Meilen in 5/4 Stunden und an einem andern Tage 1½ „ „ „ ¾ „ also 4 Nied. Oesterr. Meilen in 2 Stunden zurücklegte. Die Geschwindigkeit desselben betrug demnach [FORMEL] Fuss in einer Sekunde, wobei noch bemerkt werden muss, dass derselbe nach jedem solchen Gange ganz gelassen eine Schaale Thee trank, dabei auf und ab ging, folglich die äusserste Anstrengung noch bei weitem nicht verwendete. Diese grossen Geschwindigkeiten gehören aber eben so sehr zu den ausserordentli- chen, als die angeführten Kräfte der stärksten Lastträger. Beide zeigen nur die Gränzen, wie weit es die Menschen durch Uibung und angemessenen Körperbau zu bringen vermö- gen; sie zeigen, dass man seine Glieder sowohl zur Arbeit oder zum Tragen grosser La-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/59
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/59>, abgerufen am 22.11.2024.