Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Versuche mit Flaschenzügen.
worin m und n . d erscheint mit einander zu multipliciren sind, so ist es einleuchtend,
warum man bei einem sehr zusammengesetzten Flaschenzuge durch eine Berechnung
nach den obigen Formeln keine vollkommene Uibereinstimmung mit der Erfahrung fin-
den könne. Dieser Umstand nöthigt uns in jedem Falle, wo ein genaues Verhältniss
zwischen Kraft und Last gesucht wird, erst einen Versuch mit dem vorhandenen Fla-
schenzuge zu machen, um sich auf diese Weise von seiner Wirkung praktisch zu
überzeugen.

Zur Bestimmung der Reibung bei einem Flaschenzuge wurden folgende Versuche
am technischen Institute in Prag gemacht. Der erste Versuch geschah mit einem ge-
wöhnlichen Flaschenzuge mit vier Rollen, der bereits mehrere Jahre von einem Zim-
mermeister gebraucht wurde; derselbe wurde zuerst genau untersucht und verbessert,
damit kein besonderer Widerstand vorhanden sey; hierauf wurde er eingeschmiert und
an einem im Fenster des zweiten Stockwerkes angebrachten Balken befestigt. Bei die-
sem Flaschenzuge war die obere und untere Flasche gleich, der Halbmesser der grös-
sern Rollen an der obern und untern Flasche sammt dem Halbmesser des Seiles
C = D = 23 Linien, der Halbmesser der kleinern Rollen sammt dem Halbmesser des
Seiles A = B = 18,5 Linien, der Halbmesser der Achsen a = b = c = d = 3,5
Linien. Eine jede Flasche wog 10 Lb, und das Gewicht der vier gespannten Seile be-
trug 12 Lb. An diesem Flaschenzuge wurden nun verschiedene Gewichte angehängt,
und zwar zuerst 50 Lb. Da das Gewicht der vier Seile 12 Lb und der untern Flasche
10 Lb betrug, so folgt, dass das Gesammtgewicht in diesem Falle 72 Lb war. An das
fünfte Seil wurden nun so lange Gewichte befestigt, bis eine gleichförmige Bewegung
erfolgte. Diess geschah in dem genannten Falle bei 22 Lb, da jedoch das Gewicht
dieses fünften Seiles 3 Lb betrug, so war die ganze Kraft = 25 Lb, demnach das
Verhältniss der Kraft zur Last = 25/72.

Nunmehr wurde das Gewicht von 25 Lb (die Kraft) so lange vermindert, bis die
Last von 72 Lb die Ueberwucht erhielt, und eine gleichförmige Bewegung der letztern
hinab erfolgte; diess geschah, wenn 6 Lb am fünften Seile angehängt waren, demnach
die Last sammt dem Gewicht des Seiles 6 + 3 = 9 Lb betrug. Nachstehende Tabelle
enthält die Resultate der Versuche:

[Tabelle]

Versuche mit Flaschenzügen.
worin m und n . δ erscheint mit einander zu multipliciren sind, so ist es einleuchtend,
warum man bei einem sehr zusammengesetzten Flaschenzuge durch eine Berechnung
nach den obigen Formeln keine vollkommene Uibereinstimmung mit der Erfahrung fin-
den könne. Dieser Umstand nöthigt uns in jedem Falle, wo ein genaues Verhältniss
zwischen Kraft und Last gesucht wird, erst einen Versuch mit dem vorhandenen Fla-
schenzuge zu machen, um sich auf diese Weise von seiner Wirkung praktisch zu
überzeugen.

Zur Bestimmung der Reibung bei einem Flaschenzuge wurden folgende Versuche
am technischen Institute in Prag gemacht. Der erste Versuch geschah mit einem ge-
wöhnlichen Flaschenzuge mit vier Rollen, der bereits mehrere Jahre von einem Zim-
mermeister gebraucht wurde; derselbe wurde zuerst genau untersucht und verbessert,
damit kein besonderer Widerstand vorhanden sey; hierauf wurde er eingeschmiert und
an einem im Fenster des zweiten Stockwerkes angebrachten Balken befestigt. Bei die-
sem Flaschenzuge war die obere und untere Flasche gleich, der Halbmesser der grös-
sern Rollen an der obern und untern Flasche sammt dem Halbmesser des Seiles
C = D = 23 Linien, der Halbmesser der kleinern Rollen sammt dem Halbmesser des
Seiles A = B = 18,5 Linien, der Halbmesser der Achsen a = b = c = d = 3,5
Linien. Eine jede Flasche wog 10 ℔, und das Gewicht der vier gespannten Seile be-
trug 12 ℔. An diesem Flaschenzuge wurden nun verschiedene Gewichte angehängt,
und zwar zuerst 50 ℔. Da das Gewicht der vier Seile 12 ℔ und der untern Flasche
10 ℔ betrug, so folgt, dass das Gesammtgewicht in diesem Falle 72 ℔ war. An das
fünfte Seil wurden nun so lange Gewichte befestigt, bis eine gleichförmige Bewegung
erfolgte. Diess geschah in dem genannten Falle bei 22 ℔, da jedoch das Gewicht
dieses fünften Seiles 3 ℔ betrug, so war die ganze Kraft = 25 ℔, demnach das
Verhältniss der Kraft zur Last = 25/72.

Nunmehr wurde das Gewicht von 25 ℔ (die Kraft) so lange vermindert, bis die
Last von 72 ℔ die Ueberwucht erhielt, und eine gleichförmige Bewegung der letztern
hinab erfolgte; diess geschah, wenn 6 ℔ am fünften Seile angehängt waren, demnach
die Last sammt dem Gewicht des Seiles 6 + 3 = 9 ℔ betrug. Nachstehende Tabelle
enthält die Resultate der Versuche:

[Tabelle]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0544" n="512"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Versuche mit Flaschenzügen</hi>.</fw><lb/>
worin m und n . &#x03B4; erscheint mit einander zu multipliciren sind, so ist es einleuchtend,<lb/>
warum man bei einem sehr zusammengesetzten Flaschenzuge durch eine Berechnung<lb/>
nach den obigen Formeln keine vollkommene Uibereinstimmung mit der Erfahrung fin-<lb/>
den könne. Dieser Umstand nöthigt uns in jedem Falle, wo ein genaues Verhältniss<lb/>
zwischen Kraft und Last gesucht wird, erst einen Versuch mit dem vorhandenen Fla-<lb/>
schenzuge zu machen, um sich auf diese Weise von seiner Wirkung praktisch zu<lb/>
überzeugen.</p><lb/>
            <p>Zur Bestimmung der Reibung bei einem Flaschenzuge wurden folgende Versuche<lb/>
am technischen Institute in Prag gemacht. Der erste Versuch geschah mit einem ge-<lb/>
wöhnlichen Flaschenzuge mit vier Rollen, der bereits mehrere Jahre von einem Zim-<lb/>
mermeister gebraucht wurde; derselbe wurde zuerst genau untersucht und verbessert,<lb/>
damit kein besonderer Widerstand vorhanden sey; hierauf wurde er eingeschmiert und<lb/>
an einem im Fenster des zweiten Stockwerkes angebrachten Balken befestigt. Bei die-<lb/>
sem Flaschenzuge war die obere und untere Flasche gleich, der Halbmesser der grös-<lb/>
sern Rollen an der obern und untern Flasche sammt dem Halbmesser des Seiles<lb/>
C = D = 23 Linien, der Halbmesser der kleinern Rollen sammt dem Halbmesser des<lb/>
Seiles A = B = 18,<hi rendition="#sub">5</hi> Linien, der Halbmesser der Achsen a = b = c = d = 3,<hi rendition="#sub">5</hi><lb/>
Linien. Eine jede Flasche wog 10 &#x2114;, und das Gewicht der vier gespannten Seile be-<lb/>
trug 12 &#x2114;. An diesem Flaschenzuge wurden nun verschiedene Gewichte angehängt,<lb/>
und zwar zuerst 50 &#x2114;. Da das Gewicht der vier Seile 12 &#x2114; und der untern Flasche<lb/>
10 &#x2114; betrug, so folgt, dass das Gesammtgewicht in diesem Falle 72 &#x2114; war. An das<lb/>
fünfte Seil wurden nun so lange Gewichte befestigt, bis eine gleichförmige Bewegung<lb/>
erfolgte. Diess geschah in dem genannten Falle bei 22 &#x2114;, da jedoch das Gewicht<lb/>
dieses fünften Seiles 3 &#x2114; betrug, so war die ganze Kraft = 25 &#x2114;, demnach das<lb/>
Verhältniss der Kraft zur Last = 25/72.</p><lb/>
            <p>Nunmehr wurde das Gewicht von 25 &#x2114; (die Kraft) so lange vermindert, bis die<lb/>
Last von 72 &#x2114; die Ueberwucht erhielt, und eine gleichförmige Bewegung der letztern<lb/>
hinab erfolgte; diess geschah, wenn 6 &#x2114; am fünften Seile angehängt waren, demnach<lb/>
die Last sammt dem Gewicht des Seiles 6 + 3 = 9 &#x2114; betrug. Nachstehende Tabelle<lb/>
enthält die Resultate der Versuche:<lb/><table><row><cell/></row></table></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[512/0544] Versuche mit Flaschenzügen. worin m und n . δ erscheint mit einander zu multipliciren sind, so ist es einleuchtend, warum man bei einem sehr zusammengesetzten Flaschenzuge durch eine Berechnung nach den obigen Formeln keine vollkommene Uibereinstimmung mit der Erfahrung fin- den könne. Dieser Umstand nöthigt uns in jedem Falle, wo ein genaues Verhältniss zwischen Kraft und Last gesucht wird, erst einen Versuch mit dem vorhandenen Fla- schenzuge zu machen, um sich auf diese Weise von seiner Wirkung praktisch zu überzeugen. Zur Bestimmung der Reibung bei einem Flaschenzuge wurden folgende Versuche am technischen Institute in Prag gemacht. Der erste Versuch geschah mit einem ge- wöhnlichen Flaschenzuge mit vier Rollen, der bereits mehrere Jahre von einem Zim- mermeister gebraucht wurde; derselbe wurde zuerst genau untersucht und verbessert, damit kein besonderer Widerstand vorhanden sey; hierauf wurde er eingeschmiert und an einem im Fenster des zweiten Stockwerkes angebrachten Balken befestigt. Bei die- sem Flaschenzuge war die obere und untere Flasche gleich, der Halbmesser der grös- sern Rollen an der obern und untern Flasche sammt dem Halbmesser des Seiles C = D = 23 Linien, der Halbmesser der kleinern Rollen sammt dem Halbmesser des Seiles A = B = 18,5 Linien, der Halbmesser der Achsen a = b = c = d = 3,5 Linien. Eine jede Flasche wog 10 ℔, und das Gewicht der vier gespannten Seile be- trug 12 ℔. An diesem Flaschenzuge wurden nun verschiedene Gewichte angehängt, und zwar zuerst 50 ℔. Da das Gewicht der vier Seile 12 ℔ und der untern Flasche 10 ℔ betrug, so folgt, dass das Gesammtgewicht in diesem Falle 72 ℔ war. An das fünfte Seil wurden nun so lange Gewichte befestigt, bis eine gleichförmige Bewegung erfolgte. Diess geschah in dem genannten Falle bei 22 ℔, da jedoch das Gewicht dieses fünften Seiles 3 ℔ betrug, so war die ganze Kraft = 25 ℔, demnach das Verhältniss der Kraft zur Last = 25/72. Nunmehr wurde das Gewicht von 25 ℔ (die Kraft) so lange vermindert, bis die Last von 72 ℔ die Ueberwucht erhielt, und eine gleichförmige Bewegung der letztern hinab erfolgte; diess geschah, wenn 6 ℔ am fünften Seile angehängt waren, demnach die Last sammt dem Gewicht des Seiles 6 + 3 = 9 ℔ betrug. Nachstehende Tabelle enthält die Resultate der Versuche:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/544
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/544>, abgerufen am 27.11.2024.