Resultate gibt, wesshalb sich demnach die Kraftformel für einen jeden ähnlichen Fall be- nützen lässt; d. h. so oft das Gewicht gegeben ist, welches das Militär zu tragen hat, kann man die Weite des Weges, welcher damit zurückgelegt wird, finden, und so oft im Gegentheile der tägliche Marsch gegeben ist, kann man berechnen, welches Gewicht ein Soldat während desselben zu tragen im Stande ist.
§. 23.
Eine weitere Bestätigung unserer aufgestellten Kraftformel zeigt sich bei einer in der Feldwirthschaft sehr bekannten Erfahrung. Man weiss nämlich, dass ein fleissiger Säemann täglich eine Fläche von 15 Nied. Oesterr. Metzen (zu 533 1/3 Quadratklafter) oder 5 Nied. Oesterr. Joch Kornfeld besäen kann. Hiebei bewirft der Säemann bei jedem Gange ein Beet von 4 Fuss Breite; er muss daher, um eine Quadratklafter zu besäen, einen Weg von 11/2 Längenklaftern zurücklegen. Für die ganze Fläche von 5 Joch oder 8000 Quadratklafter beträgt sonach der Weg, welchen der Säemann in einem Tage zu durch- schreiten hat, 12000 Kurrentklafter oder 72000 Fuss.
Das Säen findet in den kürzern Tagen der Monathe März, September und Oktober statt; die Aussaat beginnt gewöhnlich früh um 8 Uhr, dauert ununterbrochen bis 12 Uhr Mittags, und dann von 2 bis 6 Uhr Abends; die wirkliche Arbeit beträgt daher z = 8 Stunden, und sonach ist der Weg in einer Sekunde
[Formel 1]
Fuss, welches also die Geschwindigkeit seyn wird, womit der Säemann zu gehen pflegt. Derselbe trägt 1/4 Metze Saatkorn, das, seiner bessern Qualität wegen als das gewöhnliche Korn, 20 Lb wiegt, das Säetuch hat beiläufig 2 Lb Gewicht, er trägt daher insgesammt 22 Lb.
Wird nun diess in die Kraftformel substituirt, so ist:
[Formel 2]
, woraus sich die mittlere Kraft der zum Säen verwendeten Arbeitsleute, k = 22 Lb er- gibt. Man kann jedoch diese mittlere Kraft auf 25 bis 30 Pfund anschlagen, weil bei unserer Berechnung der Umstand nicht berücksichtigt ist, dass der Säemann in einem frisch geackerten Felde schreitet, und daher weit mehr ermüdet, als ginge er auf einer harten Strasse. Demnach stimmt auch die angeführte, in der Oekonomie bekannte Ar- beitsleistung mit der Berechnung der Kraft nach unserer Formel überein.
§. 24.
Es ist zu bedauern, dass die Erfahrungen, welche in Bezug auf die Kräfte der Men- schen in den meisten mechanischen Schriften angeführt sind, nicht diejenige Vollstän- digkeit besitzen, welche zum Vergleiche mit unserer Kraftformel nöthig ist. Gewöhnlich wird bei solchen Erfahrungen nur die Geschwindigkeit, nicht aber auch die wirkliche Arbeitszeit angegeben, und selbst die wirklich verrichtete Arbeit ist häufig nur unvollständig angeführt; wir können daher auch nur die wenigsten, bisher in Schriften angegebenen Erfahrungen unserer Kraftformel genau entgegenhalten. Fol- gende Angaben über die Kräfte der Menschen verdienen hier eine besondere Berücksich- tigung: *)
*) Die Berechnung der Kraft der Arbeiter aus folgenden in mechanischen Schriften angeführten Erfah- rungen setzt bereits die Kenntnisse des Hebels, der schiefen Fläche u. s. w. voraus; die Begrün-
Kräfte der Menschen.
Resultate gibt, wesshalb sich demnach die Kraftformel für einen jeden ähnlichen Fall be- nützen lässt; d. h. so oft das Gewicht gegeben ist, welches das Militär zu tragen hat, kann man die Weite des Weges, welcher damit zurückgelegt wird, finden, und so oft im Gegentheile der tägliche Marsch gegeben ist, kann man berechnen, welches Gewicht ein Soldat während desselben zu tragen im Stande ist.
§. 23.
Eine weitere Bestätigung unserer aufgestellten Kraftformel zeigt sich bei einer in der Feldwirthschaft sehr bekannten Erfahrung. Man weiss nämlich, dass ein fleissiger Säemann täglich eine Fläche von 15 Nied. Oesterr. Metzen (zu 533⅓ Quadratklafter) oder 5 Nied. Oesterr. Joch Kornfeld besäen kann. Hiebei bewirft der Säemann bei jedem Gange ein Beet von 4 Fuss Breite; er muss daher, um eine Quadratklafter zu besäen, einen Weg von 1½ Längenklaftern zurücklegen. Für die ganze Fläche von 5 Joch oder 8000 Quadratklafter beträgt sonach der Weg, welchen der Säemann in einem Tage zu durch- schreiten hat, 12000 Kurrentklafter oder 72000 Fuss.
Das Säen findet in den kürzern Tagen der Monathe März, September und Oktober statt; die Aussaat beginnt gewöhnlich früh um 8 Uhr, dauert ununterbrochen bis 12 Uhr Mittags, und dann von 2 bis 6 Uhr Abends; die wirkliche Arbeit beträgt daher z = 8 Stunden, und sonach ist der Weg in einer Sekunde
[Formel 1]
Fuss, welches also die Geschwindigkeit seyn wird, womit der Säemann zu gehen pflegt. Derselbe trägt ¼ Metze Saatkorn, das, seiner bessern Qualität wegen als das gewöhnliche Korn, 20 ℔ wiegt, das Säetuch hat beiläufig 2 ℔ Gewicht, er trägt daher insgesammt 22 ℔.
Wird nun diess in die Kraftformel substituirt, so ist:
[Formel 2]
, woraus sich die mittlere Kraft der zum Säen verwendeten Arbeitsleute, k = 22 ℔ er- gibt. Man kann jedoch diese mittlere Kraft auf 25 bis 30 Pfund anschlagen, weil bei unserer Berechnung der Umstand nicht berücksichtigt ist, dass der Säemann in einem frisch geackerten Felde schreitet, und daher weit mehr ermüdet, als ginge er auf einer harten Strasse. Demnach stimmt auch die angeführte, in der Oekonomie bekannte Ar- beitsleistung mit der Berechnung der Kraft nach unserer Formel überein.
§. 24.
Es ist zu bedauern, dass die Erfahrungen, welche in Bezug auf die Kräfte der Men- schen in den meisten mechanischen Schriften angeführt sind, nicht diejenige Vollstän- digkeit besitzen, welche zum Vergleiche mit unserer Kraftformel nöthig ist. Gewöhnlich wird bei solchen Erfahrungen nur die Geschwindigkeit, nicht aber auch die wirkliche Arbeitszeit angegeben, und selbst die wirklich verrichtete Arbeit ist häufig nur unvollständig angeführt; wir können daher auch nur die wenigsten, bisher in Schriften angegebenen Erfahrungen unserer Kraftformel genau entgegenhalten. Fol- gende Angaben über die Kräfte der Menschen verdienen hier eine besondere Berücksich- tigung: *)
*) Die Berechnung der Kraft der Arbeiter aus folgenden in mechanischen Schriften angeführten Erfah- rungen setzt bereits die Kenntnisse des Hebels, der schiefen Fläche u. s. w. voraus; die Begrün-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0054"n="24"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i">Kräfte der Menschen</hi>.</fw><lb/>
Resultate gibt, wesshalb sich demnach die Kraftformel für einen jeden ähnlichen Fall be-<lb/>
nützen lässt; d. h. so oft das Gewicht gegeben ist, welches das Militär zu tragen hat,<lb/>
kann man die Weite des Weges, welcher damit zurückgelegt wird, finden, und so oft<lb/>
im Gegentheile der tägliche Marsch gegeben ist, kann man berechnen, welches Gewicht<lb/>
ein Soldat während desselben zu tragen im Stande ist.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 23.</head><lb/><p>Eine weitere Bestätigung unserer aufgestellten Kraftformel zeigt sich bei einer in<lb/>
der Feldwirthschaft sehr bekannten Erfahrung. Man weiss nämlich, dass ein fleissiger<lb/><hirendition="#g">Säemann</hi> täglich eine Fläche von 15 Nied. Oesterr. Metzen (zu 533⅓ Quadratklafter)<lb/>
oder 5 Nied. Oesterr. Joch Kornfeld besäen kann. Hiebei bewirft der Säemann bei jedem<lb/>
Gange ein Beet von 4 Fuss Breite; er muss daher, um eine Quadratklafter zu besäen,<lb/>
einen Weg von 1½ Längenklaftern zurücklegen. Für die ganze Fläche von 5 Joch oder<lb/>
8000 Quadratklafter beträgt sonach der Weg, welchen der Säemann in einem Tage zu durch-<lb/>
schreiten hat, 12000 Kurrentklafter oder 72000 Fuss.</p><lb/><p>Das Säen findet in den kürzern Tagen der Monathe März, September und Oktober<lb/>
statt; die Aussaat beginnt gewöhnlich früh um 8 Uhr, dauert ununterbrochen bis 12 Uhr<lb/>
Mittags, und dann von 2 bis 6 Uhr Abends; die wirkliche Arbeit beträgt daher z = 8<lb/>
Stunden, und sonach ist der Weg in einer Sekunde <formula/> Fuss, welches also die<lb/>
Geschwindigkeit seyn wird, womit der Säemann zu gehen pflegt. Derselbe trägt ¼ Metze<lb/>
Saatkorn, das, seiner bessern Qualität wegen als das gewöhnliche Korn, 20 ℔ wiegt,<lb/>
das Säetuch hat beiläufig 2 ℔ Gewicht, er trägt daher insgesammt 22 ℔.</p><lb/><p>Wird nun diess in die Kraftformel substituirt, so ist: <formula/>,<lb/>
woraus sich die mittlere Kraft der zum Säen verwendeten Arbeitsleute, k = 22 ℔ er-<lb/>
gibt. Man kann jedoch diese mittlere Kraft auf 25 bis 30 Pfund anschlagen, weil bei<lb/>
unserer Berechnung der Umstand nicht berücksichtigt ist, dass der Säemann in einem<lb/>
frisch geackerten Felde schreitet, und daher weit mehr ermüdet, als ginge er auf einer<lb/>
harten Strasse. Demnach stimmt auch die angeführte, in der Oekonomie bekannte Ar-<lb/>
beitsleistung mit der Berechnung der Kraft nach unserer Formel überein.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 24.</head><lb/><p>Es ist zu bedauern, dass die Erfahrungen, welche in Bezug auf die Kräfte der Men-<lb/>
schen in den meisten mechanischen Schriften angeführt sind, nicht diejenige Vollstän-<lb/>
digkeit besitzen, welche zum Vergleiche mit unserer Kraftformel nöthig ist. Gewöhnlich<lb/>
wird bei solchen Erfahrungen nur die <hirendition="#g">Geschwindigkeit</hi>, nicht aber auch die<lb/><hirendition="#g">wirkliche Arbeitszeit</hi> angegeben, und selbst die wirklich verrichtete Arbeit ist<lb/>
häufig nur unvollständig angeführt; wir können daher auch nur die wenigsten, bisher<lb/>
in Schriften angegebenen Erfahrungen unserer Kraftformel genau entgegenhalten. Fol-<lb/>
gende Angaben über die Kräfte der Menschen verdienen hier eine besondere Berücksich-<lb/>
tigung: <notexml:id="note-0054"next="#note-0055"place="foot"n="*)">Die Berechnung der Kraft der Arbeiter aus folgenden in mechanischen Schriften angeführten Erfah-<lb/>
rungen setzt bereits die Kenntnisse des Hebels, der schiefen Fläche u. s. w. voraus; die Begrün-</note></p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[24/0054]
Kräfte der Menschen.
Resultate gibt, wesshalb sich demnach die Kraftformel für einen jeden ähnlichen Fall be-
nützen lässt; d. h. so oft das Gewicht gegeben ist, welches das Militär zu tragen hat,
kann man die Weite des Weges, welcher damit zurückgelegt wird, finden, und so oft
im Gegentheile der tägliche Marsch gegeben ist, kann man berechnen, welches Gewicht
ein Soldat während desselben zu tragen im Stande ist.
§. 23.
Eine weitere Bestätigung unserer aufgestellten Kraftformel zeigt sich bei einer in
der Feldwirthschaft sehr bekannten Erfahrung. Man weiss nämlich, dass ein fleissiger
Säemann täglich eine Fläche von 15 Nied. Oesterr. Metzen (zu 533⅓ Quadratklafter)
oder 5 Nied. Oesterr. Joch Kornfeld besäen kann. Hiebei bewirft der Säemann bei jedem
Gange ein Beet von 4 Fuss Breite; er muss daher, um eine Quadratklafter zu besäen,
einen Weg von 1½ Längenklaftern zurücklegen. Für die ganze Fläche von 5 Joch oder
8000 Quadratklafter beträgt sonach der Weg, welchen der Säemann in einem Tage zu durch-
schreiten hat, 12000 Kurrentklafter oder 72000 Fuss.
Das Säen findet in den kürzern Tagen der Monathe März, September und Oktober
statt; die Aussaat beginnt gewöhnlich früh um 8 Uhr, dauert ununterbrochen bis 12 Uhr
Mittags, und dann von 2 bis 6 Uhr Abends; die wirkliche Arbeit beträgt daher z = 8
Stunden, und sonach ist der Weg in einer Sekunde [FORMEL] Fuss, welches also die
Geschwindigkeit seyn wird, womit der Säemann zu gehen pflegt. Derselbe trägt ¼ Metze
Saatkorn, das, seiner bessern Qualität wegen als das gewöhnliche Korn, 20 ℔ wiegt,
das Säetuch hat beiläufig 2 ℔ Gewicht, er trägt daher insgesammt 22 ℔.
Wird nun diess in die Kraftformel substituirt, so ist: [FORMEL],
woraus sich die mittlere Kraft der zum Säen verwendeten Arbeitsleute, k = 22 ℔ er-
gibt. Man kann jedoch diese mittlere Kraft auf 25 bis 30 Pfund anschlagen, weil bei
unserer Berechnung der Umstand nicht berücksichtigt ist, dass der Säemann in einem
frisch geackerten Felde schreitet, und daher weit mehr ermüdet, als ginge er auf einer
harten Strasse. Demnach stimmt auch die angeführte, in der Oekonomie bekannte Ar-
beitsleistung mit der Berechnung der Kraft nach unserer Formel überein.
§. 24.
Es ist zu bedauern, dass die Erfahrungen, welche in Bezug auf die Kräfte der Men-
schen in den meisten mechanischen Schriften angeführt sind, nicht diejenige Vollstän-
digkeit besitzen, welche zum Vergleiche mit unserer Kraftformel nöthig ist. Gewöhnlich
wird bei solchen Erfahrungen nur die Geschwindigkeit, nicht aber auch die
wirkliche Arbeitszeit angegeben, und selbst die wirklich verrichtete Arbeit ist
häufig nur unvollständig angeführt; wir können daher auch nur die wenigsten, bisher
in Schriften angegebenen Erfahrungen unserer Kraftformel genau entgegenhalten. Fol-
gende Angaben über die Kräfte der Menschen verdienen hier eine besondere Berücksich-
tigung: *)
*) Die Berechnung der Kraft der Arbeiter aus folgenden in mechanischen Schriften angeführten Erfah-
rungen setzt bereits die Kenntnisse des Hebels, der schiefen Fläche u. s. w. voraus; die Begrün-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/54>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.