daher die oben angegebene Verzeichnungsart diejenige, bei der man aus einem run- den Stamme wirklich den stärksten Balken durch Zimmerung erhält.
§. 303.
Die Vergleichung der Tragungsfähigkeit eines Modelles, z. B. ei- nes hölzernen Brückenmodelles mit jener des darnach ausgeführ- ten Baues verdient ihrer Wichtigkeit wegen hier noch eine Erwähnung.
Es seyen b, h, l die Abmessungen eines einzelnen Balkens des Modelles und p das noch darauf befindliche Gewicht der Streuhölzer etc., so ist sein Tragungsvermögen in der Mitte oder
[Formel 1]
. Wir wollen zu einem Bei- spiele die Belastung viermal so gross als das eigene Gewicht des Balkens oder
[Formel 2]
annehmen, so ist
[Formel 3]
(I).
Werden nun nach diesem Modelle die Abmessungen für den wirklichen Bau sämmt- lich nmal vergrössert, so ist das Tragungsvermögen eines solchen Balkens der Brücke
[Formel 4]
(II).
Aus dem Vergleiche dieser beiden Ausdrücke, welche die Cohaesionskraft ähn- licher Balken darstellen, sehen wir, dass das erste Glied mit der zweiten Potenz der Verhältnisszahl n wächst, dagegen aber das zweite Glied, worin das Gewicht der Balken und ihre Belastung vorkommt, wegen der gleichfalls darin enthaltenen dritten Po- tenz von n weit schneller zunimmt; es wird daher das Tragungsvermögen einer Brücke gegen jenes eines Modelles desto geringer werden, je grösser das eigene Gewicht der Balken der Brücke sammt ihrer Belastung gegen das Gewicht der Balken des Modelles ist. Da überhaupt das Tragungsvermögen des Modelles und der Brücke durch die Differenz der, in I und II enthaltenen zwei Glieder bestimmt wird, so sieht man, dass sich aus dem, von einem Modelle getragenen Gewichte keineswegs auf ein von der Brücke zu tra- gendes Gewicht, welches im Verhältnisse zu der Vergrösserung steht, schliessen lässt; ja es können Fälle statt finden, wo das Modell bedeutende Gewichte trägt, während die darnach ausgeführte Brücke durch ihr eigenes Gewicht bricht. Das Letztere findet näm- lich in der Gleichung II statt, wenn man Q = 0 setzt, in welchem Falle
[Formel 5]
= 0, mithin n =
[Formel 6]
ist; es wird daher bei dieser Vergrösserung (n) die ausgeführte Brücke brechen, wenn gleich das Modell ein bedeutendes Gewicht trägt.
Beispiel. Es sey im Modelle b = h = 1/2 Zoll, 1 = 36 Zoll, das Gewicht eines Kubikfusses Holz oder g = 30 Lb und m für den Bruch = 1000, so bricht ein Tragbalken des Modelles nach der Gleichung I von dem Gewichte
Relative Festigkeit der Körper.
daher die oben angegebene Verzeichnungsart diejenige, bei der man aus einem run- den Stamme wirklich den stärksten Balken durch Zimmerung erhält.
§. 303.
Die Vergleichung der Tragungsfähigkeit eines Modelles, z. B. ei- nes hölzernen Brückenmodelles mit jener des darnach ausgeführ- ten Baues verdient ihrer Wichtigkeit wegen hier noch eine Erwähnung.
Es seyen b, h, l die Abmessungen eines einzelnen Balkens des Modelles und p das noch darauf befindliche Gewicht der Streuhölzer etc., so ist sein Tragungsvermögen in der Mitte oder
[Formel 1]
. Wir wollen zu einem Bei- spiele die Belastung viermal so gross als das eigene Gewicht des Balkens oder
[Formel 2]
annehmen, so ist
[Formel 3]
(I).
Werden nun nach diesem Modelle die Abmessungen für den wirklichen Bau sämmt- lich nmal vergrössert, so ist das Tragungsvermögen eines solchen Balkens der Brücke
[Formel 4]
(II).
Aus dem Vergleiche dieser beiden Ausdrücke, welche die Cohaesionskraft ähn- licher Balken darstellen, sehen wir, dass das erste Glied mit der zweiten Potenz der Verhältnisszahl n wächst, dagegen aber das zweite Glied, worin das Gewicht der Balken und ihre Belastung vorkommt, wegen der gleichfalls darin enthaltenen dritten Po- tenz von n weit schneller zunimmt; es wird daher das Tragungsvermögen einer Brücke gegen jenes eines Modelles desto geringer werden, je grösser das eigene Gewicht der Balken der Brücke sammt ihrer Belastung gegen das Gewicht der Balken des Modelles ist. Da überhaupt das Tragungsvermögen des Modelles und der Brücke durch die Differenz der, in I und II enthaltenen zwei Glieder bestimmt wird, so sieht man, dass sich aus dem, von einem Modelle getragenen Gewichte keineswegs auf ein von der Brücke zu tra- gendes Gewicht, welches im Verhältnisse zu der Vergrösserung steht, schliessen lässt; ja es können Fälle statt finden, wo das Modell bedeutende Gewichte trägt, während die darnach ausgeführte Brücke durch ihr eigenes Gewicht bricht. Das Letztere findet näm- lich in der Gleichung II statt, wenn man Q = 0 setzt, in welchem Falle
[Formel 5]
= 0, mithin n =
[Formel 6]
ist; es wird daher bei dieser Vergrösserung (n) die ausgeführte Brücke brechen, wenn gleich das Modell ein bedeutendes Gewicht trägt.
Beispiel. Es sey im Modelle b = h = ½ Zoll, 1 = 36 Zoll, das Gewicht eines Kubikfusses Holz oder g = 30 ℔ und m für den Bruch = 1000, so bricht ein Tragbalken des Modelles nach der Gleichung I von dem Gewichte
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[310/0340]
Relative Festigkeit der Körper.
daher die oben angegebene Verzeichnungsart diejenige, bei der man aus einem run-
den Stamme wirklich den stärksten Balken durch Zimmerung erhält.
§. 303.
Die Vergleichung der Tragungsfähigkeit eines Modelles, z. B. ei-
nes hölzernen Brückenmodelles mit jener des darnach ausgeführ-
ten Baues verdient ihrer Wichtigkeit wegen hier noch eine Erwähnung.
Es seyen b, h, l die Abmessungen eines einzelnen Balkens des Modelles und p das
noch darauf befindliche Gewicht der Streuhölzer etc., so ist sein Tragungsvermögen
in der Mitte oder [FORMEL]. Wir wollen zu einem Bei-
spiele die Belastung viermal so gross als das eigene Gewicht des Balkens oder
[FORMEL] annehmen, so ist
[FORMEL] (I).
Werden nun nach diesem Modelle die Abmessungen für den wirklichen Bau sämmt-
lich nmal vergrössert, so ist das Tragungsvermögen eines solchen Balkens der Brücke
[FORMEL] (II).
Aus dem Vergleiche dieser beiden Ausdrücke, welche die Cohaesionskraft ähn-
licher Balken darstellen, sehen wir, dass das erste Glied mit der zweiten Potenz
der Verhältnisszahl n wächst, dagegen aber das zweite Glied, worin das Gewicht der
Balken und ihre Belastung vorkommt, wegen der gleichfalls darin enthaltenen dritten Po-
tenz von n weit schneller zunimmt; es wird daher das Tragungsvermögen einer Brücke
gegen jenes eines Modelles desto geringer werden, je grösser das eigene Gewicht der
Balken der Brücke sammt ihrer Belastung gegen das Gewicht der Balken des Modelles ist.
Da überhaupt das Tragungsvermögen des Modelles und der Brücke durch die Differenz
der, in I und II enthaltenen zwei Glieder bestimmt wird, so sieht man, dass sich aus
dem, von einem Modelle getragenen Gewichte keineswegs auf ein von der Brücke zu tra-
gendes Gewicht, welches im Verhältnisse zu der Vergrösserung steht, schliessen lässt;
ja es können Fälle statt finden, wo das Modell bedeutende Gewichte trägt, während die
darnach ausgeführte Brücke durch ihr eigenes Gewicht bricht. Das Letztere findet näm-
lich in der Gleichung II statt, wenn man Q = 0 setzt, in welchem Falle
[FORMEL] = 0, mithin n = [FORMEL] ist; es wird daher bei
dieser Vergrösserung (n) die ausgeführte Brücke brechen, wenn gleich das Modell ein
bedeutendes Gewicht trägt.
Beispiel. Es sey im Modelle b = h = ½ Zoll, 1 = 36 Zoll, das Gewicht eines
Kubikfusses Holz oder g = 30 ℔ und m für den Bruch = 1000, so bricht ein
Tragbalken des Modelles nach der Gleichung I von dem Gewichte
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/340>, abgerufen am 27.11.2024.
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