z. B. einer Klafter anzunehmen. Da sich nun f : F = g : G verhält, so ist auch q : Q =
[Formel 1]
.
Wenn die Seile aus gleichem Materiale (Hanf) verfertigt und gleich stark gedreht sind, so sind die Verhältnisse
[Formel 2]
und
[Formel 3]
einander gleich; es verhält sich daher q : Q = g : G, d. h. die Gewichte, welche bei zwei aus demselben Stoffe auf gleiche Art verfertigten Seilen eine gleiche Ausdehnung a bewirken, verhalten sich wie die Ge- wichte gleicher Längen dieser Seile.
§. 240.
Bei dem Gebrauche dieser Proportion muss das Verhältniss q : g durch Versuche be- stimmt werden. Diese Versuche und die daraus zu ziehenden Resultate unterliegen aber mehreren Schwierigkeiten:
Der Hanf, woraus die Seile verfertigt werden, ist nach Verhältniss des Bodens, der Witterung und ihres Wechsels bei dem Rösten in jedem Jahre sehr verschieden. Eine gedeihliche Witterung gibt dem Hanfe sowohl eine grössere Länge als auch mehr Festig- keit, und da der Bast durch die Röstung vom holzigen Stengel getrennt werden muss, so geschieht es nicht selten, dass er auf der Röste bei zu nasser Witterung verdirbt und in Fäulniss geräth, so dass nachher die Fasern sehr wenig Festigkeit haben, und beinahe von selbst zerfallen.
Die Fasern werden bei dem Spinnen durch das Drehen mit einander verbunden, und es ist jedermann bekannt, dass zu wenig Drehen nur eine geringe Festigkeit gibt, und bei dem zu viel Drehen die Fäden leicht abspringen. Da aus den einzelnen Fäden durch abermaliges Drehen erst Seile erzeugt werden, so wird hier abermals eine zu starke Dre- hung nachtheilig. Nach Muschenbröck's Versuchen verlieren die einzelnen hanfenen Fä- den, wenn hieraus Seile verfertigt werden, bei der gewöhnlichen Behandlung des Sei- lers, 1/10 bis 1/3 von ihrer Festigkeit. Man hat in dieser Hinsicht den runden zusammen- gedrehten Seilen flache Seilbänder vorgezogen, welche man dermalen beinahe in allen englischen Kohlenbergwerken im Gebrauche findet.
Aus diesen Gründen ist ersichtlich, wie schwierig und beinahe unmöglich es sey, genaue und allgemein brauchbare Versuche anzustellen, woraus man den Werth von q : g in der obigen Proportion bestimmen könnte. Man thut daher am besten, sich wie wir bereits bemerkten, an verlässige, durch einen mehrjährigen Gebrauch bewährte Erfahrungen zu halten.
§. 241.
Nach Poda's Beschreibung der Bergbaumaschinen zu Schemnitz, Prag 1771 bei Walther pag. 2 bis 7 gebraucht man bei den dortigen Treibmaschinen zweierlei Seile, nämlich Treibseile und Klobenseile. Die erstern haben 21/4 bis 21/2 Zoll im Durch- messer und es wiegt eine Lachter derselben im trockenen Zustande im Mittel 10 Pfund. Mit diesen Seilen wird nach den von Poda angeführten Erfahrungen aus Tiefen von 25 bis 176 Lachtern gefördert.
Festigkeit der Seile.
z. B. einer Klafter anzunehmen. Da sich nun f : F = g : G verhält, so ist auch q : Q =
[Formel 1]
.
Wenn die Seile aus gleichem Materiale (Hanf) verfertigt und gleich stark gedreht sind, so sind die Verhältnisse
[Formel 2]
und
[Formel 3]
einander gleich; es verhält sich daher q : Q = g : G, d. h. die Gewichte, welche bei zwei aus demselben Stoffe auf gleiche Art verfertigten Seilen eine gleiche Ausdehnung α bewirken, verhalten sich wie die Ge- wichte gleicher Längen dieser Seile.
§. 240.
Bei dem Gebrauche dieser Proportion muss das Verhältniss q : g durch Versuche be- stimmt werden. Diese Versuche und die daraus zu ziehenden Resultate unterliegen aber mehreren Schwierigkeiten:
Der Hanf, woraus die Seile verfertigt werden, ist nach Verhältniss des Bodens, der Witterung und ihres Wechsels bei dem Rösten in jedem Jahre sehr verschieden. Eine gedeihliche Witterung gibt dem Hanfe sowohl eine grössere Länge als auch mehr Festig- keit, und da der Bast durch die Röstung vom holzigen Stengel getrennt werden muss, so geschieht es nicht selten, dass er auf der Röste bei zu nasser Witterung verdirbt und in Fäulniss geräth, so dass nachher die Fasern sehr wenig Festigkeit haben, und beinahe von selbst zerfallen.
Die Fasern werden bei dem Spinnen durch das Drehen mit einander verbunden, und es ist jedermann bekannt, dass zu wenig Drehen nur eine geringe Festigkeit gibt, und bei dem zu viel Drehen die Fäden leicht abspringen. Da aus den einzelnen Fäden durch abermaliges Drehen erst Seile erzeugt werden, so wird hier abermals eine zu starke Dre- hung nachtheilig. Nach Muschenbröck’s Versuchen verlieren die einzelnen hanfenen Fä- den, wenn hieraus Seile verfertigt werden, bei der gewöhnlichen Behandlung des Sei- lers, 1/10 bis ⅓ von ihrer Festigkeit. Man hat in dieser Hinsicht den runden zusammen- gedrehten Seilen flache Seilbänder vorgezogen, welche man dermalen beinahe in allen englischen Kohlenbergwerken im Gebrauche findet.
Aus diesen Gründen ist ersichtlich, wie schwierig und beinahe unmöglich es sey, genaue und allgemein brauchbare Versuche anzustellen, woraus man den Werth von q : g in der obigen Proportion bestimmen könnte. Man thut daher am besten, sich wie wir bereits bemerkten, an verlässige, durch einen mehrjährigen Gebrauch bewährte Erfahrungen zu halten.
§. 241.
Nach Poda’s Beschreibung der Bergbaumaschinen zu Schemnitz, Prag 1771 bei Walther pag. 2 bis 7 gebraucht man bei den dortigen Treibmaschinen zweierlei Seile, nämlich Treibseile und Klobenseile. Die erstern haben 2¼ bis 2½ Zoll im Durch- messer und es wiegt eine Lachter derselben im trockenen Zustande im Mittel 10 Pfund. Mit diesen Seilen wird nach den von Poda angeführten Erfahrungen aus Tiefen von 25 bis 176 Lachtern gefördert.
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Festigkeit der Seile.
z. B. einer Klafter anzunehmen. Da sich nun f : F = g : G verhält, so ist auch
q : Q = [FORMEL].
Wenn die Seile aus gleichem Materiale (Hanf) verfertigt und gleich stark gedreht
sind, so sind die Verhältnisse [FORMEL] und [FORMEL] einander gleich; es verhält sich daher
q : Q = g : G, d. h. die Gewichte, welche bei zwei aus demselben Stoffe auf gleiche
Art verfertigten Seilen eine gleiche Ausdehnung α bewirken, verhalten sich wie die Ge-
wichte gleicher Längen dieser Seile.
§. 240.
Bei dem Gebrauche dieser Proportion muss das Verhältniss q : g durch Versuche be-
stimmt werden. Diese Versuche und die daraus zu ziehenden Resultate unterliegen aber
mehreren Schwierigkeiten:
Der Hanf, woraus die Seile verfertigt werden, ist nach Verhältniss des Bodens, der
Witterung und ihres Wechsels bei dem Rösten in jedem Jahre sehr verschieden. Eine
gedeihliche Witterung gibt dem Hanfe sowohl eine grössere Länge als auch mehr Festig-
keit, und da der Bast durch die Röstung vom holzigen Stengel getrennt werden muss,
so geschieht es nicht selten, dass er auf der Röste bei zu nasser Witterung verdirbt und
in Fäulniss geräth, so dass nachher die Fasern sehr wenig Festigkeit haben, und beinahe
von selbst zerfallen.
Die Fasern werden bei dem Spinnen durch das Drehen mit einander verbunden, und
es ist jedermann bekannt, dass zu wenig Drehen nur eine geringe Festigkeit gibt, und bei
dem zu viel Drehen die Fäden leicht abspringen. Da aus den einzelnen Fäden durch
abermaliges Drehen erst Seile erzeugt werden, so wird hier abermals eine zu starke Dre-
hung nachtheilig. Nach Muschenbröck’s Versuchen verlieren die einzelnen hanfenen Fä-
den, wenn hieraus Seile verfertigt werden, bei der gewöhnlichen Behandlung des Sei-
lers, 1/10 bis ⅓ von ihrer Festigkeit. Man hat in dieser Hinsicht den runden zusammen-
gedrehten Seilen flache Seilbänder vorgezogen, welche man dermalen beinahe in
allen englischen Kohlenbergwerken im Gebrauche findet.
Aus diesen Gründen ist ersichtlich, wie schwierig und beinahe unmöglich es sey,
genaue und allgemein brauchbare Versuche anzustellen, woraus man den Werth
von q : g in der obigen Proportion bestimmen könnte. Man thut daher am besten, sich
wie wir bereits bemerkten, an verlässige, durch einen mehrjährigen Gebrauch bewährte
Erfahrungen zu halten.
§. 241.
Nach Poda’s Beschreibung der Bergbaumaschinen zu Schemnitz, Prag 1771 bei
Walther pag. 2 bis 7 gebraucht man bei den dortigen Treibmaschinen zweierlei Seile,
nämlich Treibseile und Klobenseile. Die erstern haben 2¼ bis 2½ Zoll im Durch-
messer und es wiegt eine Lachter derselben im trockenen Zustande im Mittel 10 Pfund.
Mit diesen Seilen wird nach den von Poda angeführten Erfahrungen aus Tiefen von 25
bis 176 Lachtern gefördert.
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/274>, abgerufen am 25.11.2024.
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