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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Absolute Festigkeit der Körper.
wichte seyen q, Q', Q und Q; die Ausdehnung der zwei ersten Körper sey a, derFig.
6.
Tab.
14.

zwei letzten aber a'' und a'.

1tens. Betrachten wir zuerst die zwei vollkommen elastischen Körper A und B
von gleicher Materie und gleicher Länge, jedoch verschiedenen Querschnitts-
flächen, so kann man annehmen, dass ein jeder dieser Körper aus einer Anzahl
gleichartiger Fasern besteht, welche durch ihren Zusammenhang die Festigkeit
derselben bewirken. Es wird sich daher die Festigkeit dieser Körper wie die
Anzahl der Fasern verhalten, aus welchen ein jeder besteht, d. h. die Fe-
stigkeit wird den Querschnittsflächen proportional seyn
; dem-
nach haben wir q : Q' = f : F (I).
2tens. Betrachten wir nun die Körper B und C, deren Querschnittsfläche F gleich
ist, so werden sie um so mehr ausgedehnt werden, je grösser die Gewichte
sind, welche man an dieselben anhängt. Es werden sich daher die Aus-
dehnungen wie die Gewichte
oder Q' : Q = a : a'' verhalten. (II).
Dieses zweite Gesetz ist durch alle mit Genauigkeit hierüber angestellten
Versuche bestätigt worden, so lange nämlich die Ausdehnungen klein blieben,
und eine gewisse Gränze nicht überschritten hatten, d. h. so lange die Körper
vollkommen elastisch blieben.
3tens. Betrachten wir wieder die zwei vollkommen elastischen Körper C und D
mit gleichen Querschnitten, jedoch ungleicher Länge l und L. Werden diesel-
ben mit einer gleichen Last Q beschwert, so wird aus dem Grundsatze, dass
alle Theile dieser Körper von gleichen Gewichten gleich gespannt sind, folgen,
dass bei demjenigen Körper, dessen Länge doppelt ist, auch die Ausdehnung
doppelt seyn werde u. s. w. Es wird sich daher l : L = a'' : a' verhalten (III) d. h.
die Ausdehnungen sind den Längen der Körper proportional.

Setzen wir diese drei Proportionen unter einander, so ist

q : Q' = f : F
Q' : Q = a : a''
l : L = a'' : a'
und multiplicirt, q . l : Q . L = f . a : F. a'
oder q : Q = [Formel 1] (IV),

d. h. die Gewichte, welche zwei vollkommen elastische Körper A
und D von verschiedenen Dimensionen, jedoch gleicher Materie
ausdehnen, verhalten sich wie die Produkte ihrer Querschnittsflä-
chen in die Verhältnisse der Ausdehnung zu ihrer Länge
.

§. 239.

Wir wollen nun zuerst eine Anwendung dieser Proportion auf das Tragungs-
vermögen der Seile
machen. Da sich die Querschnittsflächen oder die Anzahl
der Fäden bereits verfertigter Seile nicht wohl messen lassen, so ist es vortheil-
haft statt der Querschnittsflächen f, F die Gewichte g, G gleich langer Seilstücke

31 *

Absolute Festigkeit der Körper.
wichte seyen q, Q', Q und Q; die Ausdehnung der zwei ersten Körper sey α, derFig.
6.
Tab.
14.

zwei letzten aber α'' und α'.

1tens. Betrachten wir zuerst die zwei vollkommen elastischen Körper A und B
von gleicher Materie und gleicher Länge, jedoch verschiedenen Querschnitts-
flächen, so kann man annehmen, dass ein jeder dieser Körper aus einer Anzahl
gleichartiger Fasern besteht, welche durch ihren Zusammenhang die Festigkeit
derselben bewirken. Es wird sich daher die Festigkeit dieser Körper wie die
Anzahl der Fasern verhalten, aus welchen ein jeder besteht, d. h. die Fe-
stigkeit wird den Querschnittsflächen proportional seyn
; dem-
nach haben wir q : Q' = f : F (I).
2tens. Betrachten wir nun die Körper B und C, deren Querschnittsfläche F gleich
ist, so werden sie um so mehr ausgedehnt werden, je grösser die Gewichte
sind, welche man an dieselben anhängt. Es werden sich daher die Aus-
dehnungen wie die Gewichte
oder Q' : Q = α : α'' verhalten. (II).
Dieses zweite Gesetz ist durch alle mit Genauigkeit hierüber angestellten
Versuche bestätigt worden, so lange nämlich die Ausdehnungen klein blieben,
und eine gewisse Gränze nicht überschritten hatten, d. h. so lange die Körper
vollkommen elastisch blieben.
3tens. Betrachten wir wieder die zwei vollkommen elastischen Körper C und D
mit gleichen Querschnitten, jedoch ungleicher Länge l und L. Werden diesel-
ben mit einer gleichen Last Q beschwert, so wird aus dem Grundsatze, dass
alle Theile dieser Körper von gleichen Gewichten gleich gespannt sind, folgen,
dass bei demjenigen Körper, dessen Länge doppelt ist, auch die Ausdehnung
doppelt seyn werde u. s. w. Es wird sich daher l : L = α'' : α' verhalten (III) d. h.
die Ausdehnungen sind den Längen der Körper proportional.

Setzen wir diese drei Proportionen unter einander, so ist

q : Q' = f : F
Q' : Q = α : α''
l : L = α'' : α'
und multiplicirt, q . l : Q . L = f . α : F. α'
oder q : Q = [Formel 1] (IV),

d. h. die Gewichte, welche zwei vollkommen elastische Körper A
und D von verschiedenen Dimensionen, jedoch gleicher Materie
ausdehnen, verhalten sich wie die Produkte ihrer Querschnittsflä-
chen in die Verhältnisse der Ausdehnung zu ihrer Länge
.

§. 239.

Wir wollen nun zuerst eine Anwendung dieser Proportion auf das Tragungs-
vermögen der Seile
machen. Da sich die Querschnittsflächen oder die Anzahl
der Fäden bereits verfertigter Seile nicht wohl messen lassen, so ist es vortheil-
haft statt der Querschnittsflächen f, F die Gewichte g, G gleich langer Seilstücke

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[243/0273] Absolute Festigkeit der Körper. wichte seyen q, Q', Q und Q; die Ausdehnung der zwei ersten Körper sey α, der zwei letzten aber α'' und α'. Fig. 6. Tab. 14. 1tens. Betrachten wir zuerst die zwei vollkommen elastischen Körper A und B von gleicher Materie und gleicher Länge, jedoch verschiedenen Querschnitts- flächen, so kann man annehmen, dass ein jeder dieser Körper aus einer Anzahl gleichartiger Fasern besteht, welche durch ihren Zusammenhang die Festigkeit derselben bewirken. Es wird sich daher die Festigkeit dieser Körper wie die Anzahl der Fasern verhalten, aus welchen ein jeder besteht, d. h. die Fe- stigkeit wird den Querschnittsflächen proportional seyn; dem- nach haben wir q : Q' = f : F (I). 2tens. Betrachten wir nun die Körper B und C, deren Querschnittsfläche F gleich ist, so werden sie um so mehr ausgedehnt werden, je grösser die Gewichte sind, welche man an dieselben anhängt. Es werden sich daher die Aus- dehnungen wie die Gewichte oder Q' : Q = α : α'' verhalten. (II). Dieses zweite Gesetz ist durch alle mit Genauigkeit hierüber angestellten Versuche bestätigt worden, so lange nämlich die Ausdehnungen klein blieben, und eine gewisse Gränze nicht überschritten hatten, d. h. so lange die Körper vollkommen elastisch blieben. 3tens. Betrachten wir wieder die zwei vollkommen elastischen Körper C und D mit gleichen Querschnitten, jedoch ungleicher Länge l und L. Werden diesel- ben mit einer gleichen Last Q beschwert, so wird aus dem Grundsatze, dass alle Theile dieser Körper von gleichen Gewichten gleich gespannt sind, folgen, dass bei demjenigen Körper, dessen Länge doppelt ist, auch die Ausdehnung doppelt seyn werde u. s. w. Es wird sich daher l : L = α'' : α' verhalten (III) d. h. die Ausdehnungen sind den Längen der Körper proportional. Setzen wir diese drei Proportionen unter einander, so ist q : Q' = f : F Q' : Q = α : α'' l : L = α'' : α' und multiplicirt, q . l : Q . L = f . α : F. α' oder q : Q = [FORMEL] (IV), d. h. die Gewichte, welche zwei vollkommen elastische Körper A und D von verschiedenen Dimensionen, jedoch gleicher Materie ausdehnen, verhalten sich wie die Produkte ihrer Querschnittsflä- chen in die Verhältnisse der Ausdehnung zu ihrer Länge. §. 239. Wir wollen nun zuerst eine Anwendung dieser Proportion auf das Tragungs- vermögen der Seile machen. Da sich die Querschnittsflächen oder die Anzahl der Fäden bereits verfertigter Seile nicht wohl messen lassen, so ist es vortheil- haft statt der Querschnittsflächen f, F die Gewichte g, G gleich langer Seilstücke 31 *

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/273>, abgerufen am 28.03.2024.