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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Strassen- oder Mauthwage.
ein Oehr gehende Nagel in dem nächsten Zimmerwerke und der Nagel, der durch das
andere Oehr geht, in dem Rahmen der Brücke befestigt ist, wodurch also die horizontale
Verschiebung der Brücke nach ihrer Länge gehindert wird, jedoch die senkrechte Bewe-
gung derselben bei dem Abwägen vollkommen frei bleibt.

§. 203.

Wir wollen nunmehr berechnen, wie eine solche Strassenwage angeordnet, d. h.Fig.
17.
Tab.
10.

die Grösse der einzelnen Theile derselben bestimmt wird, um den vorhandenen Zweck
der Abwägung mit der erforderlichen Genauigkeit zu erreichen. Um diese Rechnung zu
erleichtern, sind Fig. 17 die Hauptbestandtheile der Wage in einfachen Linien darge-
stellt worden.

Zu diesem Behufe wollen wir zuerst zeigen, dass der Standort des Wagens auf der
Brücke willkührlich ist, und keinen Einfluss bei dem Abwägen verursacht. Wir ha-
ben bereits im vorigen §. bemerkt, dass die vier unter der Brücke angebrachten He-
bel b c d von gleicher Länge sind, und dass sie die gemeinschaftliche Zugstange d f,
welche mit der Schnellwage in weiterer Verbindung steht, hinaufziehen. Der Druck auf
diese Hebel oder auf die vier Punkte b, b', b'', b''' rührt offenbar von dem Gewichte der
Brücke (B) und dem Gewichte des Wagens (W) her; wir können ihn daher in vier Thei-
le w, x, y, z zertheilen, welche die Drücke auf die vier Hebel unter der Brücke be-
zeichnen, so dass W + B = w + x + y + z. (I).

Ein jeder dieser Theile hebt mit einer zugehörigen Kraft die Zugstange d f in die
Höhe, nämlich w mit der Kraft = p, x mit q, y mit r und z mit der Kraft s; die gan-
ze Kraft aber, womit d f in die Höhe gezogen wird, nennen wir T, welches daher
= p + q + r + s. (II). Wir erhalten demnach die Gleichungen:

w. b c = p. d cund da b c = b' c' = b'' c'' = b''' c'''
und d c = d c' = d c'' = d c''',
x. b' c' = q. d c'
y. b'' c'' = r. d c''
z. b''' c''' = s. d c''',
so erhalten wir (w + x + y + z) b c = (p + q + r + s) d c,

und substituirt, (W + B) b c = T. d c. Hieraus ergibt sich die ganze Kraft, womit die
Stange d f in die Höhe gezogen wird, T = (W + B) [Formel 1] (III); man sieht daher, dass
diese Kraft immer dieselbe bleibt, der Wagen mag stehen, wo er wolle. Dasselbe
ist der Fall, wenn z. B. die hintern Räder des Wagens mehr beladen sind als die vordern;
die Stange d f wird immer mit einer Kraft in die Höhe gezogen, die bloss von dem gan-
zen Gewichte des Wagens und nicht von dem Drucke der einzelnen Räder abhängig ist.
Hiebei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Hebelsarme b c und d c bei allen vier Hebeln
genau dieselbe Länge haben, weil sonst durch die Stellung des Wagens eine Ver-
änderung der Zugkraft T bewirkt würde.

Die Kraft T wirkt an dem Hebel der ersten Art f i; nennen wir daher die Kraft, wo-
mit die Stange k i herunter gezogen wird = S, so ist T. f h = S . h i + M. m, wo M
das Gewicht des Hebels und m die Entfernung seines Schwerpunktes von der Achse be-
deutet. Substituirt man aus der Gleichung III den Werth für T, so ist

Strassen- oder Mauthwage.
ein Oehr gehende Nagel in dem nächsten Zimmerwerke und der Nagel, der durch das
andere Oehr geht, in dem Rahmen der Brücke befestigt ist, wodurch also die horizontale
Verschiebung der Brücke nach ihrer Länge gehindert wird, jedoch die senkrechte Bewe-
gung derselben bei dem Abwägen vollkommen frei bleibt.

§. 203.

Wir wollen nunmehr berechnen, wie eine solche Strassenwage angeordnet, d. h.Fig.
17.
Tab.
10.

die Grösse der einzelnen Theile derselben bestimmt wird, um den vorhandenen Zweck
der Abwägung mit der erforderlichen Genauigkeit zu erreichen. Um diese Rechnung zu
erleichtern, sind Fig. 17 die Hauptbestandtheile der Wage in einfachen Linien darge-
stellt worden.

Zu diesem Behufe wollen wir zuerst zeigen, dass der Standort des Wagens auf der
Brücke willkührlich ist, und keinen Einfluss bei dem Abwägen verursacht. Wir ha-
ben bereits im vorigen §. bemerkt, dass die vier unter der Brücke angebrachten He-
bel b c d von gleicher Länge sind, und dass sie die gemeinschaftliche Zugstange d f,
welche mit der Schnellwage in weiterer Verbindung steht, hinaufziehen. Der Druck auf
diese Hebel oder auf die vier Punkte b, b', b'', b''' rührt offenbar von dem Gewichte der
Brücke (B) und dem Gewichte des Wagens (W) her; wir können ihn daher in vier Thei-
le w, x, y, z zertheilen, welche die Drücke auf die vier Hebel unter der Brücke be-
zeichnen, so dass W + B = w + x + y + z. (I).

Ein jeder dieser Theile hebt mit einer zugehörigen Kraft die Zugstange d f in die
Höhe, nämlich w mit der Kraft = p, x mit q, y mit r und z mit der Kraft s; die gan-
ze Kraft aber, womit d f in die Höhe gezogen wird, nennen wir T, welches daher
= p + q + r + s. (II). Wir erhalten demnach die Gleichungen:

w. b c = p. d cund da b c = b' c' = b'' c'' = b''' c'''
und d c = d c' = d c'' = d c''',
x. b' c' = q. d c'
y. b'' c'' = r. d c''
z. b''' c''' = s. d c''',
so erhalten wir (w + x + y + z) b c = (p + q + r + s) d c,

und substituirt, (W + B) b c = T. d c. Hieraus ergibt sich die ganze Kraft, womit die
Stange d f in die Höhe gezogen wird, T = (W + B) [Formel 1] (III); man sieht daher, dass
diese Kraft immer dieselbe bleibt, der Wagen mag stehen, wo er wolle. Dasselbe
ist der Fall, wenn z. B. die hintern Räder des Wagens mehr beladen sind als die vordern;
die Stange d f wird immer mit einer Kraft in die Höhe gezogen, die bloss von dem gan-
zen Gewichte des Wagens und nicht von dem Drucke der einzelnen Räder abhängig ist.
Hiebei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Hebelsarme b c und d c bei allen vier Hebeln
genau dieselbe Länge haben, weil sonst durch die Stellung des Wagens eine Ver-
änderung der Zugkraft T bewirkt würde.

Die Kraft T wirkt an dem Hebel der ersten Art f i; nennen wir daher die Kraft, wo-
mit die Stange k i herunter gezogen wird = S, so ist T. f h = S . h i + M. m, wo M
das Gewicht des Hebels und m die Entfernung seines Schwerpunktes von der Achse be-
deutet. Substituirt man aus der Gleichung III den Werth für T, so ist

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[207/0237] Strassen- oder Mauthwage. ein Oehr gehende Nagel in dem nächsten Zimmerwerke und der Nagel, der durch das andere Oehr geht, in dem Rahmen der Brücke befestigt ist, wodurch also die horizontale Verschiebung der Brücke nach ihrer Länge gehindert wird, jedoch die senkrechte Bewe- gung derselben bei dem Abwägen vollkommen frei bleibt. §. 203. Wir wollen nunmehr berechnen, wie eine solche Strassenwage angeordnet, d. h. die Grösse der einzelnen Theile derselben bestimmt wird, um den vorhandenen Zweck der Abwägung mit der erforderlichen Genauigkeit zu erreichen. Um diese Rechnung zu erleichtern, sind Fig. 17 die Hauptbestandtheile der Wage in einfachen Linien darge- stellt worden. Fig. 17. Tab. 10. Zu diesem Behufe wollen wir zuerst zeigen, dass der Standort des Wagens auf der Brücke willkührlich ist, und keinen Einfluss bei dem Abwägen verursacht. Wir ha- ben bereits im vorigen §. bemerkt, dass die vier unter der Brücke angebrachten He- bel b c d von gleicher Länge sind, und dass sie die gemeinschaftliche Zugstange d f, welche mit der Schnellwage in weiterer Verbindung steht, hinaufziehen. Der Druck auf diese Hebel oder auf die vier Punkte b, b', b'', b''' rührt offenbar von dem Gewichte der Brücke (B) und dem Gewichte des Wagens (W) her; wir können ihn daher in vier Thei- le w, x, y, z zertheilen, welche die Drücke auf die vier Hebel unter der Brücke be- zeichnen, so dass W + B = w + x + y + z. (I). Ein jeder dieser Theile hebt mit einer zugehörigen Kraft die Zugstange d f in die Höhe, nämlich w mit der Kraft = p, x mit q, y mit r und z mit der Kraft s; die gan- ze Kraft aber, womit d f in die Höhe gezogen wird, nennen wir T, welches daher = p + q + r + s. (II). Wir erhalten demnach die Gleichungen: w. b c = p. d c x. b' c' = q. d c' y. b'' c'' = r. d c'' z. b''' c''' = s. d c''', so erhalten wir (w + x + y + z) b c = (p + q + r + s) d c,und da b c = b' c' = b'' c'' = b''' c''' und d c = d c' = d c'' = d c''', und substituirt, (W + B) b c = T. d c. Hieraus ergibt sich die ganze Kraft, womit die Stange d f in die Höhe gezogen wird, T = (W + B) [FORMEL] (III); man sieht daher, dass diese Kraft immer dieselbe bleibt, der Wagen mag stehen, wo er wolle. Dasselbe ist der Fall, wenn z. B. die hintern Räder des Wagens mehr beladen sind als die vordern; die Stange d f wird immer mit einer Kraft in die Höhe gezogen, die bloss von dem gan- zen Gewichte des Wagens und nicht von dem Drucke der einzelnen Räder abhängig ist. Hiebei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Hebelsarme b c und d c bei allen vier Hebeln genau dieselbe Länge haben, weil sonst durch die Stellung des Wagens eine Ver- änderung der Zugkraft T bewirkt würde. Die Kraft T wirkt an dem Hebel der ersten Art f i; nennen wir daher die Kraft, wo- mit die Stange k i herunter gezogen wird = S, so ist T. f h = S . h i + M. m, wo M das Gewicht des Hebels und m die Entfernung seines Schwerpunktes von der Achse be- deutet. Substituirt man aus der Gleichung III den Werth für T, so ist

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/237>, abgerufen am 29.03.2024.