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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

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Rad an der Welle.
Erze aus einem Bergschachte auf die sogenannte Hängebank zu he-
ben
; die Höhe, auf welche diese Baumaterialien oder Erze gehoben werden sollen, wol-
len wir allgemein mit H bezeichnen; es frägt sich nun, wie viel bei jedem Aufzu-
ge in die Tonne geladen
, mit welcher Geschwindigkeit und durch wie viel
Arbeitsstunden täglich gearbeitet werden soll, dann welches Verhältniss der
Hebelsarme
hiebei nothwendig oder zur Vermehrung des Effektes am zuträglichsten,
und wie gross endlich das tägliche Arbeitsprodukt oder die Anzahl Zent-
ner
sey, welche von einer gegebenene Anzahl Arbeiter auf die gegebene Höhe H gehoben
werden kann.

An dem Hornhaspel hat die Kraft bei jeder Umdrehung einen Kreis zu beschreiben,Fig.
2.
Tab.
3.

welcher den Arm der Kurbel A C = R zum Halbmesser hat. In derselben Zeit wird die
Last auf eine Höhe gehoben, welche demjenigen Theile des Seiles gleich ist, der bei ei-
ner Umdrehung auf die Welle aufgewunden wird, und daher die Summe der Halbmesser
der Welle und des Seiles zum Halbmesser hat.

Da hiebei die Last immer nur an einem und demselben Punkte D oder Hebelsarme
C D = r angebracht ist, sonach ihre Erhebung einen gleichförmigen Widerstand entge-
gen setzt, so folgt, dass auch die Kraft an allen Punkten der Peripherie des Rades A, E,
F, G .... einen gleichen Druck und zwar nach der Richtung der Peripherie oder winkel-
recht auf die Hebelsarme C A, C E, C F, C G ..... äussern müsse *). Wir haben demnach für
die Kraft K an der Peripherie des Rades und für die Last Q an der Peripherie der Welle
nach §. 86. die Gleichung K . R = Q . r. Setzen wir die Anzahl der Haspelzieher, wel-
che zu gleicher Zeit den Bau- oder Berghaspel in Bewegung setzen = N, so ist
[Formel 1] .

Die aufzuziehenden Baumaterialien und Erze werden gewöhnlich in Tonnen gela-
den und am untern Ende des Seiles oder mittelst der sogenannten Quenzelkette befestigt.
Setzen wir die Last, welche in die Tonne geladen wird = Q, das Gewicht der Tonne
= B und das Gewicht des Seiles = S, so würde für die ganze Last die Summe Q + B + S
anzunehmen seyn; da jedoch dieser Fall die Folgen nach sich ziehen würde, dass die leere
Tonne nach ihrem Ausladen, wie auch das Seil wieder herabgelassen werden müsste,
so pflegt man zur Verhüthung des hieraus entstehenden Zeit- und Kraftverlustes gewöhn-
lich zwei Tonnen anzuwenden, so, dass während des Ausladens der obern Tonne, die
untere wieder eingeladen und auf solche Art die Kraft fortwährend ohne Unterbrechung
nützlich beschäftigt wird. Die Ungleichheiten, welche bei sehr tiefen Bergschachten aus
dem Gewichte des Seiles noch übrig bleiben, werden wir erst später bei dem Pferdegö-
pel
besonders in Rechnung nehmen, und hier wegen der Unbedeutenheit der Gewichte der

*) Die Bedenklichkeit, ob auch der menschliche Arm diess zu thun im Stande sey, was für Ungleichhei-
ten in der Bewegung des Rades hieraus erfolgen, und die Mittel, wie dieselben zu verhüthen und
eine möglichst gleichförmige Bewegung zu bewirken sey, werden wir später bei der ungleichförmigen
Bewegung und bei den Schwungrädern abhandeln. Indess ist bei der Winde, wo die Kraft um die stehende
Welle herumgeht, wie auch bei dem Tret- und Spillenrade, wo sich die Kraft immerfort an einer
und derselben Stelle befindet, für die winkelrechte Richtung der Kraft vollkommen gesorgt.

Rad an der Welle.
Erze aus einem Bergschachte auf die sogenannte Hängebank zu he-
ben
; die Höhe, auf welche diese Baumaterialien oder Erze gehoben werden sollen, wol-
len wir allgemein mit H bezeichnen; es frägt sich nun, wie viel bei jedem Aufzu-
ge in die Tonne geladen
, mit welcher Geschwindigkeit und durch wie viel
Arbeitsstunden täglich gearbeitet werden soll, dann welches Verhältniss der
Hebelsarme
hiebei nothwendig oder zur Vermehrung des Effektes am zuträglichsten,
und wie gross endlich das tägliche Arbeitsprodukt oder die Anzahl Zent-
ner
sey, welche von einer gegebenene Anzahl Arbeiter auf die gegebene Höhe H gehoben
werden kann.

An dem Hornhaspel hat die Kraft bei jeder Umdrehung einen Kreis zu beschreiben,Fig.
2.
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3.

welcher den Arm der Kurbel A C = R zum Halbmesser hat. In derselben Zeit wird die
Last auf eine Höhe gehoben, welche demjenigen Theile des Seiles gleich ist, der bei ei-
ner Umdrehung auf die Welle aufgewunden wird, und daher die Summe der Halbmesser
der Welle und des Seiles zum Halbmesser hat.

Da hiebei die Last immer nur an einem und demselben Punkte D oder Hebelsarme
C D = r angebracht ist, sonach ihre Erhebung einen gleichförmigen Widerstand entge-
gen setzt, so folgt, dass auch die Kraft an allen Punkten der Peripherie des Rades A, E,
F, G .... einen gleichen Druck und zwar nach der Richtung der Peripherie oder winkel-
recht auf die Hebelsarme C A, C E, C F, C G ..... äussern müsse *). Wir haben demnach für
die Kraft K an der Peripherie des Rades und für die Last Q an der Peripherie der Welle
nach §. 86. die Gleichung K . R = Q . r. Setzen wir die Anzahl der Haspelzieher, wel-
che zu gleicher Zeit den Bau- oder Berghaspel in Bewegung setzen = N, so ist
[Formel 1] .

Die aufzuziehenden Baumaterialien und Erze werden gewöhnlich in Tonnen gela-
den und am untern Ende des Seiles oder mittelst der sogenannten Quenzelkette befestigt.
Setzen wir die Last, welche in die Tonne geladen wird = Q, das Gewicht der Tonne
= B und das Gewicht des Seiles = S, so würde für die ganze Last die Summe Q + B + S
anzunehmen seyn; da jedoch dieser Fall die Folgen nach sich ziehen würde, dass die leere
Tonne nach ihrem Ausladen, wie auch das Seil wieder herabgelassen werden müsste,
so pflegt man zur Verhüthung des hieraus entstehenden Zeit- und Kraftverlustes gewöhn-
lich zwei Tonnen anzuwenden, so, dass während des Ausladens der obern Tonne, die
untere wieder eingeladen und auf solche Art die Kraft fortwährend ohne Unterbrechung
nützlich beschäftigt wird. Die Ungleichheiten, welche bei sehr tiefen Bergschachten aus
dem Gewichte des Seiles noch übrig bleiben, werden wir erst später bei dem Pferdegö-
pel
besonders in Rechnung nehmen, und hier wegen der Unbedeutenheit der Gewichte der

*) Die Bedenklichkeit, ob auch der menschliche Arm diess zu thun im Stande sey, was für Ungleichhei-
ten in der Bewegung des Rades hieraus erfolgen, und die Mittel, wie dieselben zu verhüthen und
eine möglichst gleichförmige Bewegung zu bewirken sey, werden wir später bei der ungleichförmigen
Bewegung und bei den Schwungrädern abhandeln. Indess ist bei der Winde, wo die Kraft um die stehende
Welle herumgeht, wie auch bei dem Tret- und Spillenrade, wo sich die Kraft immerfort an einer
und derselben Stelle befindet, für die winkelrechte Richtung der Kraft vollkommen gesorgt.
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[101/0131] Rad an der Welle. Erze aus einem Bergschachte auf die sogenannte Hängebank zu he- ben; die Höhe, auf welche diese Baumaterialien oder Erze gehoben werden sollen, wol- len wir allgemein mit H bezeichnen; es frägt sich nun, wie viel bei jedem Aufzu- ge in die Tonne geladen, mit welcher Geschwindigkeit und durch wie viel Arbeitsstunden täglich gearbeitet werden soll, dann welches Verhältniss der Hebelsarme hiebei nothwendig oder zur Vermehrung des Effektes am zuträglichsten, und wie gross endlich das tägliche Arbeitsprodukt oder die Anzahl Zent- ner sey, welche von einer gegebenene Anzahl Arbeiter auf die gegebene Höhe H gehoben werden kann. An dem Hornhaspel hat die Kraft bei jeder Umdrehung einen Kreis zu beschreiben, welcher den Arm der Kurbel A C = R zum Halbmesser hat. In derselben Zeit wird die Last auf eine Höhe gehoben, welche demjenigen Theile des Seiles gleich ist, der bei ei- ner Umdrehung auf die Welle aufgewunden wird, und daher die Summe der Halbmesser der Welle und des Seiles zum Halbmesser hat. Fig. 2. Tab. 3. Da hiebei die Last immer nur an einem und demselben Punkte D oder Hebelsarme C D = r angebracht ist, sonach ihre Erhebung einen gleichförmigen Widerstand entge- gen setzt, so folgt, dass auch die Kraft an allen Punkten der Peripherie des Rades A, E, F, G .... einen gleichen Druck und zwar nach der Richtung der Peripherie oder winkel- recht auf die Hebelsarme C A, C E, C F, C G ..... äussern müsse *). Wir haben demnach für die Kraft K an der Peripherie des Rades und für die Last Q an der Peripherie der Welle nach §. 86. die Gleichung K . R = Q . r. Setzen wir die Anzahl der Haspelzieher, wel- che zu gleicher Zeit den Bau- oder Berghaspel in Bewegung setzen = N, so ist [FORMEL]. Die aufzuziehenden Baumaterialien und Erze werden gewöhnlich in Tonnen gela- den und am untern Ende des Seiles oder mittelst der sogenannten Quenzelkette befestigt. Setzen wir die Last, welche in die Tonne geladen wird = Q, das Gewicht der Tonne = B und das Gewicht des Seiles = S, so würde für die ganze Last die Summe Q + B + S anzunehmen seyn; da jedoch dieser Fall die Folgen nach sich ziehen würde, dass die leere Tonne nach ihrem Ausladen, wie auch das Seil wieder herabgelassen werden müsste, so pflegt man zur Verhüthung des hieraus entstehenden Zeit- und Kraftverlustes gewöhn- lich zwei Tonnen anzuwenden, so, dass während des Ausladens der obern Tonne, die untere wieder eingeladen und auf solche Art die Kraft fortwährend ohne Unterbrechung nützlich beschäftigt wird. Die Ungleichheiten, welche bei sehr tiefen Bergschachten aus dem Gewichte des Seiles noch übrig bleiben, werden wir erst später bei dem Pferdegö- pel besonders in Rechnung nehmen, und hier wegen der Unbedeutenheit der Gewichte der *) Die Bedenklichkeit, ob auch der menschliche Arm diess zu thun im Stande sey, was für Ungleichhei- ten in der Bewegung des Rades hieraus erfolgen, und die Mittel, wie dieselben zu verhüthen und eine möglichst gleichförmige Bewegung zu bewirken sey, werden wir später bei der ungleichförmigen Bewegung und bei den Schwungrädern abhandeln. Indess ist bei der Winde, wo die Kraft um die stehende Welle herumgeht, wie auch bei dem Tret- und Spillenrade, wo sich die Kraft immerfort an einer und derselben Stelle befindet, für die winkelrechte Richtung der Kraft vollkommen gesorgt.

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/131>, abgerufen am 28.03.2024.