Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Habt Ihr Eure Mutter so lieb? Mehr als mein Leben. Und sie Euch? Liebt eine Mutter ihr Kind nicht? Und wenn Ihr nicht wieder heim zu ihr kämet? Arme Mutter, sagte Arnold -- ihr Herz würde brechen. Da beginnt der Tanz wieder, rief Gertrud rasch -- kommt, wir dürfen keinen Augenblick mehr versäumen! Und wilder als je begann der Tanz; die jungen Burschen, von dem starken Wein erhitzt, tobten und jubelten und kreischten, und ein Lärmen entstand, das die Musik zu übertäuben drohte. Arnold fühlte sich nicht mehr so wohl in dem Toben, und auch Gertrud war ernst und still dabei geworden. Nur bei den anderen Allen schien der Jubel zu wachsen, und in einer Pause kam der Schulze auf sie zu, schlug dem jungen Manne herzhaft auf die Schultern und sagte lachend: Das ist recht, Herr Maler, nur lustig die Beine geschwenkt den Abend; wir haben Zeit genug, uns wieder auszuruhen. Na, Trudchen, weßhalb schneidest denn du ein so ernstes Gesicht? -- paßt das zu dem Tanze heint? Lustig -- hei da geht's wieder los! Jetzt muß ich meine Alte auch suchen, mit ihr den letzten Tanz zu machen. Stellt Euch an; die Musikanten blasen schon wieder die Backen auf! -- und mit einem Jauchzen drängte er sich durch den Schwarm der lustigen Menschen. Habt Ihr Eure Mutter so lieb? Mehr als mein Leben. Und sie Euch? Liebt eine Mutter ihr Kind nicht? Und wenn Ihr nicht wieder heim zu ihr kämet? Arme Mutter, sagte Arnold — ihr Herz würde brechen. Da beginnt der Tanz wieder, rief Gertrud rasch — kommt, wir dürfen keinen Augenblick mehr versäumen! Und wilder als je begann der Tanz; die jungen Burschen, von dem starken Wein erhitzt, tobten und jubelten und kreischten, und ein Lärmen entstand, das die Musik zu übertäuben drohte. Arnold fühlte sich nicht mehr so wohl in dem Toben, und auch Gertrud war ernst und still dabei geworden. Nur bei den anderen Allen schien der Jubel zu wachsen, und in einer Pause kam der Schulze auf sie zu, schlug dem jungen Manne herzhaft auf die Schultern und sagte lachend: Das ist recht, Herr Maler, nur lustig die Beine geschwenkt den Abend; wir haben Zeit genug, uns wieder auszuruhen. Na, Trudchen, weßhalb schneidest denn du ein so ernstes Gesicht? — paßt das zu dem Tanze heint? Lustig — hei da geht's wieder los! Jetzt muß ich meine Alte auch suchen, mit ihr den letzten Tanz zu machen. Stellt Euch an; die Musikanten blasen schon wieder die Backen auf! — und mit einem Jauchzen drängte er sich durch den Schwarm der lustigen Menschen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <pb facs="#f0040"/> <p>Habt Ihr Eure Mutter so lieb?</p><lb/> <p>Mehr als mein Leben.</p><lb/> <p>Und sie Euch?</p><lb/> <p>Liebt eine Mutter ihr Kind nicht?</p><lb/> <p>Und wenn Ihr nicht wieder heim zu ihr kämet?</p><lb/> <p>Arme Mutter, sagte Arnold — ihr Herz würde brechen.</p><lb/> <p>Da beginnt der Tanz wieder, rief Gertrud rasch — kommt, wir dürfen keinen Augenblick mehr versäumen!</p><lb/> <p>Und wilder als je begann der Tanz; die jungen Burschen, von dem starken Wein erhitzt, tobten und jubelten und kreischten, und ein Lärmen entstand, das die Musik zu übertäuben drohte. Arnold fühlte sich nicht mehr so wohl in dem Toben, und auch Gertrud war ernst und still dabei geworden. Nur bei den anderen Allen schien der Jubel zu wachsen, und in einer Pause kam der Schulze auf sie zu, schlug dem jungen Manne herzhaft auf die Schultern und sagte lachend:</p><lb/> <p>Das ist recht, Herr Maler, nur lustig die Beine geschwenkt den Abend; wir haben Zeit genug, uns wieder auszuruhen. Na, Trudchen, weßhalb schneidest denn du ein so ernstes Gesicht? — paßt das zu dem Tanze heint? Lustig — hei da geht's wieder los! Jetzt muß ich meine Alte auch suchen, mit ihr den letzten Tanz zu machen. Stellt Euch an; die Musikanten blasen schon wieder die Backen auf! — und mit einem Jauchzen drängte er sich durch den Schwarm der lustigen Menschen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
Habt Ihr Eure Mutter so lieb?
Mehr als mein Leben.
Und sie Euch?
Liebt eine Mutter ihr Kind nicht?
Und wenn Ihr nicht wieder heim zu ihr kämet?
Arme Mutter, sagte Arnold — ihr Herz würde brechen.
Da beginnt der Tanz wieder, rief Gertrud rasch — kommt, wir dürfen keinen Augenblick mehr versäumen!
Und wilder als je begann der Tanz; die jungen Burschen, von dem starken Wein erhitzt, tobten und jubelten und kreischten, und ein Lärmen entstand, das die Musik zu übertäuben drohte. Arnold fühlte sich nicht mehr so wohl in dem Toben, und auch Gertrud war ernst und still dabei geworden. Nur bei den anderen Allen schien der Jubel zu wachsen, und in einer Pause kam der Schulze auf sie zu, schlug dem jungen Manne herzhaft auf die Schultern und sagte lachend:
Das ist recht, Herr Maler, nur lustig die Beine geschwenkt den Abend; wir haben Zeit genug, uns wieder auszuruhen. Na, Trudchen, weßhalb schneidest denn du ein so ernstes Gesicht? — paßt das zu dem Tanze heint? Lustig — hei da geht's wieder los! Jetzt muß ich meine Alte auch suchen, mit ihr den letzten Tanz zu machen. Stellt Euch an; die Musikanten blasen schon wieder die Backen auf! — und mit einem Jauchzen drängte er sich durch den Schwarm der lustigen Menschen.
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Zitationshilfe: | Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/40>, abgerufen am 16.07.2024. |