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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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derte, Jahrtausende lange Gewöhnung, durch überaus allmähliche Angleichung die Menschennatur so fest auch an ungünstige Einflüsse gewöhnen kann, dass eine Abwendung von ihnen für den Augenblick nur schädlich zu wirken scheint.

So finden wir das körperliche Leben der Naturvölker im engsten Einklang mit den Naturumgebungen und ihren Einflüssen. Vor der Bekanntschaft mit den Europäern oder Amerikanern (die immer, was gestattet sein möge, mitgemeint sind, wenn im Folgenden einfach nur von den Europäern und ihrem Einfluss die Rede ist) waren daher die Naturvölker durchaus gesund, obwohl einzelne Seuchen ab und zu schon damals bei ihnen vorkamen: nie aber kannten sie die chronische Kränklichkeit kultivirter Nationen.

So war es mit der Kleidung. Die Neuseeländer trugen Kleider von Mattenzeug, welches aus den Blättern der neuseeländischen Flachslilie (Phormium tenax) geflochten war -- auf welchen Matten man auch schlief -- und seltener und nur die Fürsten einen Mantel aus zusammengenähten Hundefellen (Dieffenbach 2, 153). Statt dieser kühlen, die Haut nur schützenden, kaum erregenden Kleidung, welche auch (für Neuseeland sehr wichtig, wo es sehr oft, meist nur vorübergehend, regnet) die Nässe nicht lange hielt, tragen sie jetzt wollene Decken, die, abgesehen davon, dass sie dem Ungeziefer eine willkommene Zuflucht sind, die Haut reizen, die Feuchtigkeit sehr lange halten und einen viel stärkeren Wechsel in der Temperatur des Körpers hervorbringen. Denn wie die Maoris früher ihre Phormiummatten bei irgend welcher Arbeit oder sonstigen Gelegenheit leicht ablegten, gerade so machen sie es, ganz ohne Rücksicht, ob sie warm sind, ob nicht, auch mit den Wollendecken jetzt (Dieffenbach 2, 18). Ganz ähnlich schildert das Jarves 370 von Hawaii. Fürsten und Volk, sehr begierig auf jeden ausländischen Stoff, gleich viel ob es Matrosentuch oder das dünnste chinesische Gewebe war, trugen alles ganz ohne Unterschied, und so kamen sie bald nach ihrer alten Art, bald anders, bald mit einer Mischung von beiden bekleidet; derselbe, der längere Zeit eine solche Kleidung trug, erschien dann wieder viele Tage lang nackt. Je schöner das Wetter war, um so reichlicher bekleidet gingen sie, um zu paradiren, bei schlechtem Wetter aber meist nackt, um die Kleidung zu schonen; nackt daher auch in der ganzen Jahreszeit des Winters, und im Sommer bekleidet. Jarves wie Dieffenbach finden daher mit vollem, Recht in dieser Veränderung und in dieser Art der Neuerung eine äusserst wirksame Ursache für den Verfall der Gesundheit dieser Völker. Diese Ursache aber wirkt überall, wo Natur- und Kulturvölker zusammentreffen: sie musste eintreten, weil schon die Missionäre eine etwas decentere Bekleidung als die meisten Naturvölker kannten, verlangen mussten.

Auch eingeführte Nahrungsmittel (abgesehen von den Spirituo-

derte, Jahrtausende lange Gewöhnung, durch überaus allmähliche Angleichung die Menschennatur so fest auch an ungünstige Einflüsse gewöhnen kann, dass eine Abwendung von ihnen für den Augenblick nur schädlich zu wirken scheint.

So finden wir das körperliche Leben der Naturvölker im engsten Einklang mit den Naturumgebungen und ihren Einflüssen. Vor der Bekanntschaft mit den Europäern oder Amerikanern (die immer, was gestattet sein möge, mitgemeint sind, wenn im Folgenden einfach nur von den Europäern und ihrem Einfluss die Rede ist) waren daher die Naturvölker durchaus gesund, obwohl einzelne Seuchen ab und zu schon damals bei ihnen vorkamen: nie aber kannten sie die chronische Kränklichkeit kultivirter Nationen.

So war es mit der Kleidung. Die Neuseeländer trugen Kleider von Mattenzeug, welches aus den Blättern der neuseeländischen Flachslilie (Phormium tenax) geflochten war — auf welchen Matten man auch schlief — und seltener und nur die Fürsten einen Mantel aus zusammengenähten Hundefellen (Dieffenbach 2, 153). Statt dieser kühlen, die Haut nur schützenden, kaum erregenden Kleidung, welche auch (für Neuseeland sehr wichtig, wo es sehr oft, meist nur vorübergehend, regnet) die Nässe nicht lange hielt, tragen sie jetzt wollene Decken, die, abgesehen davon, dass sie dem Ungeziefer eine willkommene Zuflucht sind, die Haut reizen, die Feuchtigkeit sehr lange halten und einen viel stärkeren Wechsel in der Temperatur des Körpers hervorbringen. Denn wie die Maoris früher ihre Phormiummatten bei irgend welcher Arbeit oder sonstigen Gelegenheit leicht ablegten, gerade so machen sie es, ganz ohne Rücksicht, ob sie warm sind, ob nicht, auch mit den Wollendecken jetzt (Dieffenbach 2, 18). Ganz ähnlich schildert das Jarves 370 von Hawaii. Fürsten und Volk, sehr begierig auf jeden ausländischen Stoff, gleich viel ob es Matrosentuch oder das dünnste chinesische Gewebe war, trugen alles ganz ohne Unterschied, und so kamen sie bald nach ihrer alten Art, bald anders, bald mit einer Mischung von beiden bekleidet; derselbe, der längere Zeit eine solche Kleidung trug, erschien dann wieder viele Tage lang nackt. Je schöner das Wetter war, um so reichlicher bekleidet gingen sie, um zu paradiren, bei schlechtem Wetter aber meist nackt, um die Kleidung zu schonen; nackt daher auch in der ganzen Jahreszeit des Winters, und im Sommer bekleidet. Jarves wie Dieffenbach finden daher mit vollem, Recht in dieser Veränderung und in dieser Art der Neuerung eine äusserst wirksame Ursache für den Verfall der Gesundheit dieser Völker. Diese Ursache aber wirkt überall, wo Natur- und Kulturvölker zusammentreffen: sie musste eintreten, weil schon die Missionäre eine etwas decentere Bekleidung als die meisten Naturvölker kannten, verlangen mussten.

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 Folgenden einfach nur von den Europäern und ihrem Einfluss die
 Rede ist) waren daher die Naturvölker durchaus gesund, obwohl
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 aber kannten sie die chronische Kränklichkeit kultivirter
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 Haut nur schützenden, kaum erregenden Kleidung, welche auch
 (für Neuseeland sehr wichtig, wo es sehr oft, meist nur
 vorübergehend, regnet) die Nässe nicht lange hielt,
 tragen sie jetzt wollene Decken, die, abgesehen davon, dass sie dem
 Ungeziefer eine willkommene Zuflucht sind, die Haut reizen, die
 Feuchtigkeit sehr lange halten und einen viel stärkeren
 Wechsel in der Temperatur des Körpers hervorbringen. Denn wie
 die Maoris früher ihre Phormiummatten bei irgend welcher
 Arbeit oder sonstigen Gelegenheit leicht ablegten, gerade so machen
 sie es, ganz ohne Rücksicht, ob sie warm sind, ob nicht, auch
 mit den Wollendecken jetzt (Dieffenbach 2, 18). Ganz ähnlich
 schildert das Jarves 370 von Hawaii. Fürsten und Volk, sehr
 begierig auf jeden ausländischen Stoff, gleich viel ob es
 Matrosentuch oder das dünnste chinesische Gewebe war, trugen
 alles ganz ohne Unterschied, und so kamen sie bald nach ihrer alten
 Art, bald anders, bald mit einer Mischung von beiden bekleidet;
 derselbe, der längere Zeit eine solche Kleidung trug, erschien
 dann wieder viele Tage lang nackt. Je schöner das Wetter war,
 um so reichlicher bekleidet gingen sie, um zu paradiren, bei
 schlechtem Wetter aber meist nackt, um die Kleidung zu schonen;
 nackt daher auch in der ganzen Jahreszeit des Winters, und im
 Sommer bekleidet. Jarves wie Dieffenbach finden daher mit vollem,
 Recht in dieser Veränderung und in dieser Art der Neuerung
 eine äusserst wirksame Ursache für den Verfall der
 Gesundheit dieser Völker. Diese Ursache aber wirkt
 überall, wo Natur- und Kulturvölker zusammentreffen: sie
 musste eintreten, weil schon die Missionäre eine etwas
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[0097] derte, Jahrtausende lange Gewöhnung, durch überaus allmähliche Angleichung die Menschennatur so fest auch an ungünstige Einflüsse gewöhnen kann, dass eine Abwendung von ihnen für den Augenblick nur schädlich zu wirken scheint. So finden wir das körperliche Leben der Naturvölker im engsten Einklang mit den Naturumgebungen und ihren Einflüssen. Vor der Bekanntschaft mit den Europäern oder Amerikanern (die immer, was gestattet sein möge, mitgemeint sind, wenn im Folgenden einfach nur von den Europäern und ihrem Einfluss die Rede ist) waren daher die Naturvölker durchaus gesund, obwohl einzelne Seuchen ab und zu schon damals bei ihnen vorkamen: nie aber kannten sie die chronische Kränklichkeit kultivirter Nationen. So war es mit der Kleidung. Die Neuseeländer trugen Kleider von Mattenzeug, welches aus den Blättern der neuseeländischen Flachslilie (Phormium tenax) geflochten war — auf welchen Matten man auch schlief — und seltener und nur die Fürsten einen Mantel aus zusammengenähten Hundefellen (Dieffenbach 2, 153). Statt dieser kühlen, die Haut nur schützenden, kaum erregenden Kleidung, welche auch (für Neuseeland sehr wichtig, wo es sehr oft, meist nur vorübergehend, regnet) die Nässe nicht lange hielt, tragen sie jetzt wollene Decken, die, abgesehen davon, dass sie dem Ungeziefer eine willkommene Zuflucht sind, die Haut reizen, die Feuchtigkeit sehr lange halten und einen viel stärkeren Wechsel in der Temperatur des Körpers hervorbringen. Denn wie die Maoris früher ihre Phormiummatten bei irgend welcher Arbeit oder sonstigen Gelegenheit leicht ablegten, gerade so machen sie es, ganz ohne Rücksicht, ob sie warm sind, ob nicht, auch mit den Wollendecken jetzt (Dieffenbach 2, 18). Ganz ähnlich schildert das Jarves 370 von Hawaii. Fürsten und Volk, sehr begierig auf jeden ausländischen Stoff, gleich viel ob es Matrosentuch oder das dünnste chinesische Gewebe war, trugen alles ganz ohne Unterschied, und so kamen sie bald nach ihrer alten Art, bald anders, bald mit einer Mischung von beiden bekleidet; derselbe, der längere Zeit eine solche Kleidung trug, erschien dann wieder viele Tage lang nackt. Je schöner das Wetter war, um so reichlicher bekleidet gingen sie, um zu paradiren, bei schlechtem Wetter aber meist nackt, um die Kleidung zu schonen; nackt daher auch in der ganzen Jahreszeit des Winters, und im Sommer bekleidet. Jarves wie Dieffenbach finden daher mit vollem, Recht in dieser Veränderung und in dieser Art der Neuerung eine äusserst wirksame Ursache für den Verfall der Gesundheit dieser Völker. Diese Ursache aber wirkt überall, wo Natur- und Kulturvölker zusammentreffen: sie musste eintreten, weil schon die Missionäre eine etwas decentere Bekleidung als die meisten Naturvölker kannten, verlangen mussten. Auch eingeführte Nahrungsmittel (abgesehen von den Spirituo-

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/97>, abgerufen am 22.11.2024.