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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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von den Schuhen schabt (Waitz 1, 324), in allen diesen Ländern, also bei allen Naturvölkern werden wir auch ein solches Hinsterben Einzelner aus Angst und Aberglauben finden.



§ 7. Ausschweifungen der Naturvölker.

Die gänzliche Abhängigkeit der Naturvölker von sinnlichen Eindrücken hat auch noch eine andere sehr gefährliche Folge für sie, durch welche einzelne Stämme ernstlich bedroht worden sind: wir meinen die Ausschweifungen, denen viele von ihnen verfallen sind, im Trunk und vor allen in geschlechtlicher Beziehung.

Zwar von den gebildeten Völkern Amerikas, den Mexikanern und ihren Verwandten sowie den Peruanern, kann man nicht behaupten, dass sie nach dieser Seite hin Vorwürfe verdienten; freilich kamen bei ihnen Ausschweifungen und grobe, ja unnatürliche Laster vor, freilich gab es bei ihnen öffentliche Dirnen, aber alles das war keineswegs ausgebreitet und durchaus verachtet, so dass wir sie in dieser Beziehung viel höher stellen müssen, als die heutigen Kulturstaaten Europas. Die Schilderung freilich, welche wir bei Pöppig 375 finden, oder was uns der berüchtigte Ortiz, ein Mönch zur Zeit der Entdeckung, erzählt, enthält des Scheusslichsten auch nach dieser Seite viel; Ortiz Darstellung sollte aber nur die Behandlung, welche das Land durch die Conquistadoren erfuhr, rechtfertigen und so häufte sie alle Laster auf die Indianer. Pöppigs Nachrichten beruhen auf ähnlichen Quellen, die gleichfalls ganz unzuverlässig und meist unwahr sind. Wenn z. B. Gomara (bei Pöppig) berichtet, dass Balboa 50 Päderasten in Quarequa in Darien und ebenso (Waitz 4, 350) den Herrn dieses Landes um desselben Lasters willegebrachtn von Hunden zerreissen und dann verbrennen liess, so ist es ganz klar, dass hier die Anklage nur erfunden wurde, um die scheussliche Grausamkeit Balboas zu bemänteln, der selbst sagt, das Laster sei nur von den Vornehmen verübt, vom Volke verabscheut. Denn dass spanische Soldaten, unter welchen es gleichfalls vorkam (Waitz 3, 383), jemals dafür und gar so fürchterlich gestraft wären, davon wird nichts erwähnt. Waitz im 4. Bande der Anthropologie hat nun ganz klar und deutlich bewiesen, dass solche Ausschweifungen nur einzeln und selten bei diesen Völkern sich fanden, wofür die strengen Strafen, welche bei ihnen allen auf solchen Lastern oder auf sonstiger Unzucht standen, sprechen; vergl. Waitz 4, 85. 88. 131. 307. 350. 367 u. sonst. Ebenso wenig waren solche Laster, wie Pöppig a.a.O. will, "Volkslaster" in Peru; freilich haben die Conquistadoren auch hier das ärgste zu erzählen gewusst und mussten, nach

von den Schuhen schabt (Waitz 1, 324), in allen diesen Ländern, also bei allen Naturvölkern werden wir auch ein solches Hinsterben Einzelner aus Angst und Aberglauben finden.



§ 7. Ausschweifungen der Naturvölker.

Die gänzliche Abhängigkeit der Naturvölker von sinnlichen Eindrücken hat auch noch eine andere sehr gefährliche Folge für sie, durch welche einzelne Stämme ernstlich bedroht worden sind: wir meinen die Ausschweifungen, denen viele von ihnen verfallen sind, im Trunk und vor allen in geschlechtlicher Beziehung.

Zwar von den gebildeten Völkern Amerikas, den Mexikanern und ihren Verwandten sowie den Peruanern, kann man nicht behaupten, dass sie nach dieser Seite hin Vorwürfe verdienten; freilich kamen bei ihnen Ausschweifungen und grobe, ja unnatürliche Laster vor, freilich gab es bei ihnen öffentliche Dirnen, aber alles das war keineswegs ausgebreitet und durchaus verachtet, so dass wir sie in dieser Beziehung viel höher stellen müssen, als die heutigen Kulturstaaten Europas. Die Schilderung freilich, welche wir bei Pöppig 375 finden, oder was uns der berüchtigte Ortiz, ein Mönch zur Zeit der Entdeckung, erzählt, enthält des Scheusslichsten auch nach dieser Seite viel; Ortiz Darstellung sollte aber nur die Behandlung, welche das Land durch die Conquistadoren erfuhr, rechtfertigen und so häufte sie alle Laster auf die Indianer. Pöppigs Nachrichten beruhen auf ähnlichen Quellen, die gleichfalls ganz unzuverlässig und meist unwahr sind. Wenn z. B. Gomara (bei Pöppig) berichtet, dass Balboa 50 Päderasten in Quarequa in Darien und ebenso (Waitz 4, 350) den Herrn dieses Landes um desselben Lasters willegebrachtn von Hunden zerreissen und dann verbrennen liess, so ist es ganz klar, dass hier die Anklage nur erfunden wurde, um die scheussliche Grausamkeit Balboas zu bemänteln, der selbst sagt, das Laster sei nur von den Vornehmen verübt, vom Volke verabscheut. Denn dass spanische Soldaten, unter welchen es gleichfalls vorkam (Waitz 3, 383), jemals dafür und gar so fürchterlich gestraft wären, davon wird nichts erwähnt. Waitz im 4. Bande der Anthropologie hat nun ganz klar und deutlich bewiesen, dass solche Ausschweifungen nur einzeln und selten bei diesen Völkern sich fanden, wofür die strengen Strafen, welche bei ihnen allen auf solchen Lastern oder auf sonstiger Unzucht standen, sprechen; vergl. Waitz 4, 85. 88. 131. 307. 350. 367 u. sonst. Ebenso wenig waren solche Laster, wie Pöppig a.a.O. will, »Volkslaster« in Peru; freilich haben die Conquistadoren auch hier das ärgste zu erzählen gewusst und mussten, nach

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 dass sie nach dieser Seite hin Vorwürfe verdienten; freilich
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 Laster vor, freilich gab es bei ihnen öffentliche Dirnen, aber
 alles das war keineswegs ausgebreitet und durchaus verachtet, so
 dass wir sie in dieser Beziehung viel höher stellen
 müssen, als die heutigen Kulturstaaten Europas. Die
 Schilderung freilich, welche wir bei Pöppig 375 finden, oder
 was uns der berüchtigte Ortiz, ein Mönch zur Zeit der
 Entdeckung, erzählt, enthält des Scheusslichsten auch
 nach dieser Seite viel; Ortiz Darstellung sollte aber nur die
 Behandlung, welche das Land durch die Conquistadoren erfuhr,
 rechtfertigen und so häufte sie alle Laster auf die Indianer.
 Pöppigs Nachrichten beruhen auf ähnlichen Quellen, die
 gleichfalls ganz unzuverlässig und meist unwahr sind. Wenn
 z. B. Gomara (bei Pöppig) berichtet, dass Balboa 50
 Päderasten in Quarequa in Darien und ebenso (Waitz 4, 350) den
 Herrn dieses Landes um desselben Lasters willegebrachtn von Hunden
 zerreissen und dann verbrennen liess, so ist es ganz klar, dass
 hier die Anklage nur erfunden wurde, um die scheussliche
 Grausamkeit Balboas zu bemänteln, der selbst sagt, das Laster
 sei nur von den Vornehmen verübt, vom Volke verabscheut. Denn
 dass spanische Soldaten, unter welchen es gleichfalls vorkam (Waitz
 3, 383), jemals dafür und gar so fürchterlich gestraft
 wären, davon wird nichts erwähnt. Waitz im 4. Bande der
 Anthropologie hat nun ganz klar und deutlich bewiesen, dass solche
 Ausschweifungen nur einzeln und selten bei diesen Völkern sich
 fanden, wofür die strengen Strafen, welche bei ihnen allen auf
 solchen Lastern oder auf sonstiger Unzucht standen, sprechen;
 vergl. Waitz 4, 85. 88. 131. 307. 350. 367 u. sonst. Ebenso wenig
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[0051] von den Schuhen schabt (Waitz 1, 324), in allen diesen Ländern, also bei allen Naturvölkern werden wir auch ein solches Hinsterben Einzelner aus Angst und Aberglauben finden. § 7. Ausschweifungen der Naturvölker. Die gänzliche Abhängigkeit der Naturvölker von sinnlichen Eindrücken hat auch noch eine andere sehr gefährliche Folge für sie, durch welche einzelne Stämme ernstlich bedroht worden sind: wir meinen die Ausschweifungen, denen viele von ihnen verfallen sind, im Trunk und vor allen in geschlechtlicher Beziehung. Zwar von den gebildeten Völkern Amerikas, den Mexikanern und ihren Verwandten sowie den Peruanern, kann man nicht behaupten, dass sie nach dieser Seite hin Vorwürfe verdienten; freilich kamen bei ihnen Ausschweifungen und grobe, ja unnatürliche Laster vor, freilich gab es bei ihnen öffentliche Dirnen, aber alles das war keineswegs ausgebreitet und durchaus verachtet, so dass wir sie in dieser Beziehung viel höher stellen müssen, als die heutigen Kulturstaaten Europas. Die Schilderung freilich, welche wir bei Pöppig 375 finden, oder was uns der berüchtigte Ortiz, ein Mönch zur Zeit der Entdeckung, erzählt, enthält des Scheusslichsten auch nach dieser Seite viel; Ortiz Darstellung sollte aber nur die Behandlung, welche das Land durch die Conquistadoren erfuhr, rechtfertigen und so häufte sie alle Laster auf die Indianer. Pöppigs Nachrichten beruhen auf ähnlichen Quellen, die gleichfalls ganz unzuverlässig und meist unwahr sind. Wenn z. B. Gomara (bei Pöppig) berichtet, dass Balboa 50 Päderasten in Quarequa in Darien und ebenso (Waitz 4, 350) den Herrn dieses Landes um desselben Lasters willegebrachtn von Hunden zerreissen und dann verbrennen liess, so ist es ganz klar, dass hier die Anklage nur erfunden wurde, um die scheussliche Grausamkeit Balboas zu bemänteln, der selbst sagt, das Laster sei nur von den Vornehmen verübt, vom Volke verabscheut. Denn dass spanische Soldaten, unter welchen es gleichfalls vorkam (Waitz 3, 383), jemals dafür und gar so fürchterlich gestraft wären, davon wird nichts erwähnt. Waitz im 4. Bande der Anthropologie hat nun ganz klar und deutlich bewiesen, dass solche Ausschweifungen nur einzeln und selten bei diesen Völkern sich fanden, wofür die strengen Strafen, welche bei ihnen allen auf solchen Lastern oder auf sonstiger Unzucht standen, sprechen; vergl. Waitz 4, 85. 88. 131. 307. 350. 367 u. sonst. Ebenso wenig waren solche Laster, wie Pöppig a.a.O. will, »Volkslaster« in Peru; freilich haben die Conquistadoren auch hier das ärgste zu erzählen gewusst und mussten, nach

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/51>, abgerufen am 22.11.2024.