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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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Schiffen zu (Turnbull 266). Beechey 1, 94-95 berichtet Aehnliches von den Inseln Pitkairn. Bei regnichtem Wetter und bei gelegentlichen Besuchen von Schiffen, sagt er, leiden die Eingeborenen (eine Mischbevölkerung von Tahitiern und Engländern) stärker an Blutandrang (plethora) und Schwären als sonst; sie glauben ganz fest, dass diese Krankheiten durch den Verkehr mit ihren Gästen, mögen diese selbst auch ganz gesund sein, herrühren. Das eine Schiff sollte ihnen Kopfschmerzen, ein anderes Scharbock, das dritte Geschwüre u. s. w. gebracht haben, wie sie denn auch von Beecheys Schiff, dessen Mannschaft ganz gesund war, ähnliches erwarteten: ja sie fühlten schon Kopfweh und Schwindel. Beechey erklärt diese Zufälle durch die Veränderung ihrer Lebensweise während solcher Besuche, da sie gegen ihre sonstige Gewohnheit dann viel Fleisch essen und reichlichere Kleidung tragen. Von Melanesien (Tanna) erzählt Turner 91 nach den Aussagen der Eingeborenen, welche alle Krankheiten, wie Fieber, Dysenterie, Husten u. dergl. "fremde Dinge" nennen, ganz Gleiches. Auch in Celebes (Waitz 1, 163) herrschte diese Meinung und ebenso auch bei den alten Marianern, welche nach jedem fremden (europäischen) Schiff von einer Seuche heimgesucht zu werden behaupteten; so brachte 1688 ein Schiff von Mexiko, welches mit Verbrechern beladen an der Insel scheiterte, Rheuma, Fieber, Blutungen (le Gobien 376), und die Eingeborenen sahen alle Krankheiten als durch die Spanier eingeschleppt an (ebd. 140). Die Einwohner von St. Kilda (westl. v. d. Hebriden bei Schottl.) sind der festen Ansicht, für die sie eine lange Erfahrung haben, dass der Besuch eines Fremden ihnen Schnupfen bringe (Macculloch bei Darwin 2, 214).

Nach dem medizinischen Theil der Novara Reise (1, 225) glauben die Eingeborenen der Nikobaren, dass die Kokosnüsse von den Bäumen fielen, sobald ein Missionär die Insel beträte. So mag denn auch diese weitverbreitete Ansicht der Grund sein, weshalb in Ponapi, sobald ein Schiff in Sicht kommt, das Volk flieht und der Priester aufs Feierlichste die Götter um Hülfe anruft (Gulick 175), wenn wir es hier nicht mit etwas Religiösem zu thun haben. Jedenfalls ist wohl zu beachten, dass die Naturvölker vor der Bekanntschaft mit den Europäern fast nichts von Krankheit wussten; weder die Marianer (le Gobien 140) noch die übrigen Mikronesier (Chamisso) noch die Polynesier, von denen freilich die Neu-Seeländer, obwohl der Gesundheitszustand auch ihrer Insel im Allgemeinen trefflich war, von schweren Seuchen, die sie schon vor Cook heimgesucht hätten, erzählten (Dieffenbach 2, 12-14), noch die Neu-Holländer, Hottentotten und Amerikaner (Waitz 1, 140-41).

Für die Indianerstämme steigert sich die Wirkung solcher Epidemien noch durch Folgendes, was v. Tschudi, einer der ausgezeichnetsten Kenner der amerikanischen Völker, 2, 216 sagt: "Es ist

Schiffen zu (Turnbull 266). Beechey 1, 94-95 berichtet Aehnliches von den Inseln Pitkairn. Bei regnichtem Wetter und bei gelegentlichen Besuchen von Schiffen, sagt er, leiden die Eingeborenen (eine Mischbevölkerung von Tahitiern und Engländern) stärker an Blutandrang (plethora) und Schwären als sonst; sie glauben ganz fest, dass diese Krankheiten durch den Verkehr mit ihren Gästen, mögen diese selbst auch ganz gesund sein, herrühren. Das eine Schiff sollte ihnen Kopfschmerzen, ein anderes Scharbock, das dritte Geschwüre u. s. w. gebracht haben, wie sie denn auch von Beecheys Schiff, dessen Mannschaft ganz gesund war, ähnliches erwarteten: ja sie fühlten schon Kopfweh und Schwindel. Beechey erklärt diese Zufälle durch die Veränderung ihrer Lebensweise während solcher Besuche, da sie gegen ihre sonstige Gewohnheit dann viel Fleisch essen und reichlichere Kleidung tragen. Von Melanesien (Tanna) erzählt Turner 91 nach den Aussagen der Eingeborenen, welche alle Krankheiten, wie Fieber, Dysenterie, Husten u. dergl. »fremde Dinge« nennen, ganz Gleiches. Auch in Celebes (Waitz 1, 163) herrschte diese Meinung und ebenso auch bei den alten Marianern, welche nach jedem fremden (europäischen) Schiff von einer Seuche heimgesucht zu werden behaupteten; so brachte 1688 ein Schiff von Mexiko, welches mit Verbrechern beladen an der Insel scheiterte, Rheuma, Fieber, Blutungen (le Gobien 376), und die Eingeborenen sahen alle Krankheiten als durch die Spanier eingeschleppt an (ebd. 140). Die Einwohner von St. Kilda (westl. v. d. Hebriden bei Schottl.) sind der festen Ansicht, für die sie eine lange Erfahrung haben, dass der Besuch eines Fremden ihnen Schnupfen bringe (Macculloch bei Darwin 2, 214).

Nach dem medizinischen Theil der Novara Reise (1, 225) glauben die Eingeborenen der Nikobaren, dass die Kokosnüsse von den Bäumen fielen, sobald ein Missionär die Insel beträte. So mag denn auch diese weitverbreitete Ansicht der Grund sein, weshalb in Ponapi, sobald ein Schiff in Sicht kommt, das Volk flieht und der Priester aufs Feierlichste die Götter um Hülfe anruft (Gulick 175), wenn wir es hier nicht mit etwas Religiösem zu thun haben. Jedenfalls ist wohl zu beachten, dass die Naturvölker vor der Bekanntschaft mit den Europäern fast nichts von Krankheit wussten; weder die Marianer (le Gobien 140) noch die übrigen Mikronesier (Chamisso) noch die Polynesier, von denen freilich die Neu-Seeländer, obwohl der Gesundheitszustand auch ihrer Insel im Allgemeinen trefflich war, von schweren Seuchen, die sie schon vor Cook heimgesucht hätten, erzählten (Dieffenbach 2, 12-14), noch die Neu-Holländer, Hottentotten und Amerikaner (Waitz 1, 140-41).

Für die Indianerstämme steigert sich die Wirkung solcher Epidemien noch durch Folgendes, was v. Tschudi, einer der ausgezeichnetsten Kenner der amerikanischen Völker, 2, 216 sagt: »Es ist

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 94-95 berichtet Aehnliches von den Inseln Pitkairn. Bei regnichtem
 Wetter und bei gelegentlichen Besuchen von Schiffen, sagt er,
 leiden die Eingeborenen (eine Mischbevölkerung von Tahitiern
 und Engländern) stärker an Blutandrang (plethora) und
 Schwären als sonst; sie glauben ganz fest, dass diese
 Krankheiten durch den Verkehr mit ihren Gästen, mögen
 diese selbst auch ganz gesund sein, herrühren. Das eine Schiff
 sollte ihnen Kopfschmerzen, ein anderes Scharbock, das dritte
 Geschwüre u. s. w. gebracht haben, wie sie denn auch von
 Beecheys Schiff, dessen Mannschaft ganz gesund war, ähnliches
 erwarteten: ja sie fühlten schon Kopfweh und Schwindel.
 Beechey erklärt diese Zufälle durch die Veränderung
 ihrer Lebensweise während solcher Besuche, da sie gegen ihre
 sonstige Gewohnheit dann viel Fleisch essen und reichlichere
 Kleidung tragen. Von Melanesien (Tanna) erzählt Turner 91 nach
 den Aussagen der Eingeborenen, welche alle Krankheiten, wie Fieber,
 Dysenterie, Husten u. dergl. »fremde Dinge« nennen,
 ganz Gleiches. Auch in Celebes (Waitz 1, 163) herrschte diese
 Meinung und ebenso auch bei den alten Marianern, welche nach jedem
 fremden (europäischen) Schiff von einer Seuche heimgesucht zu
 werden behaupteten; so brachte 1688 ein Schiff von Mexiko, welches
 mit Verbrechern beladen an der Insel scheiterte, Rheuma, Fieber,
 Blutungen (le Gobien 376), und die Eingeborenen sahen alle
 Krankheiten als durch die Spanier eingeschleppt an (ebd. 140). Die
 Einwohner von St. Kilda (westl. v. d. Hebriden bei Schottl.) sind
 der festen Ansicht, für die sie eine lange Erfahrung haben,
 dass der Besuch eines Fremden ihnen Schnupfen bringe (Macculloch
 bei Darwin 2, 214).</p>
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 die Eingeborenen der Nikobaren, dass die Kokosnüsse von den
 Bäumen fielen, sobald ein Missionär die Insel
 beträte. So mag denn auch diese weitverbreitete Ansicht der
 Grund sein, weshalb in Ponapi, sobald ein Schiff in Sicht kommt,
 das Volk flieht und der Priester aufs Feierlichste die Götter
 um Hülfe anruft (Gulick 175), wenn wir es hier nicht mit etwas
 Religiösem zu thun haben. Jedenfalls ist wohl zu beachten,
 dass die Naturvölker vor der Bekanntschaft mit den
 Europäern fast nichts von Krankheit wussten; weder die
 Marianer (le Gobien 140) noch die übrigen Mikronesier
 (Chamisso) noch die Polynesier, von denen freilich die
 Neu-Seeländer, obwohl der Gesundheitszustand auch ihrer Insel
 im Allgemeinen trefflich war, von schweren Seuchen, die sie schon
 vor Cook heimgesucht hätten, erzählten (Dieffenbach 2,
 12-14), noch die Neu-Holländer, Hottentotten und Amerikaner
 (Waitz 1, 140-41).</p>
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[0023] Schiffen zu (Turnbull 266). Beechey 1, 94-95 berichtet Aehnliches von den Inseln Pitkairn. Bei regnichtem Wetter und bei gelegentlichen Besuchen von Schiffen, sagt er, leiden die Eingeborenen (eine Mischbevölkerung von Tahitiern und Engländern) stärker an Blutandrang (plethora) und Schwären als sonst; sie glauben ganz fest, dass diese Krankheiten durch den Verkehr mit ihren Gästen, mögen diese selbst auch ganz gesund sein, herrühren. Das eine Schiff sollte ihnen Kopfschmerzen, ein anderes Scharbock, das dritte Geschwüre u. s. w. gebracht haben, wie sie denn auch von Beecheys Schiff, dessen Mannschaft ganz gesund war, ähnliches erwarteten: ja sie fühlten schon Kopfweh und Schwindel. Beechey erklärt diese Zufälle durch die Veränderung ihrer Lebensweise während solcher Besuche, da sie gegen ihre sonstige Gewohnheit dann viel Fleisch essen und reichlichere Kleidung tragen. Von Melanesien (Tanna) erzählt Turner 91 nach den Aussagen der Eingeborenen, welche alle Krankheiten, wie Fieber, Dysenterie, Husten u. dergl. »fremde Dinge« nennen, ganz Gleiches. Auch in Celebes (Waitz 1, 163) herrschte diese Meinung und ebenso auch bei den alten Marianern, welche nach jedem fremden (europäischen) Schiff von einer Seuche heimgesucht zu werden behaupteten; so brachte 1688 ein Schiff von Mexiko, welches mit Verbrechern beladen an der Insel scheiterte, Rheuma, Fieber, Blutungen (le Gobien 376), und die Eingeborenen sahen alle Krankheiten als durch die Spanier eingeschleppt an (ebd. 140). Die Einwohner von St. Kilda (westl. v. d. Hebriden bei Schottl.) sind der festen Ansicht, für die sie eine lange Erfahrung haben, dass der Besuch eines Fremden ihnen Schnupfen bringe (Macculloch bei Darwin 2, 214). Nach dem medizinischen Theil der Novara Reise (1, 225) glauben die Eingeborenen der Nikobaren, dass die Kokosnüsse von den Bäumen fielen, sobald ein Missionär die Insel beträte. So mag denn auch diese weitverbreitete Ansicht der Grund sein, weshalb in Ponapi, sobald ein Schiff in Sicht kommt, das Volk flieht und der Priester aufs Feierlichste die Götter um Hülfe anruft (Gulick 175), wenn wir es hier nicht mit etwas Religiösem zu thun haben. Jedenfalls ist wohl zu beachten, dass die Naturvölker vor der Bekanntschaft mit den Europäern fast nichts von Krankheit wussten; weder die Marianer (le Gobien 140) noch die übrigen Mikronesier (Chamisso) noch die Polynesier, von denen freilich die Neu-Seeländer, obwohl der Gesundheitszustand auch ihrer Insel im Allgemeinen trefflich war, von schweren Seuchen, die sie schon vor Cook heimgesucht hätten, erzählten (Dieffenbach 2, 12-14), noch die Neu-Holländer, Hottentotten und Amerikaner (Waitz 1, 140-41). Für die Indianerstämme steigert sich die Wirkung solcher Epidemien noch durch Folgendes, was v. Tschudi, einer der ausgezeichnetsten Kenner der amerikanischen Völker, 2, 216 sagt: »Es ist

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/23>, abgerufen am 24.11.2024.