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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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er an die Feinde desselben Feuerwaffen verkauft hatte. "Obwohl nun Stevens einsah, heisst es, dass jener besser gethan hätte, keine Mordwaffen zu verkaufen", so glaubte er doch streng verfahren zu müssen und verlangte Hinrichtung des Königs. Die Insulaner, von dem Kriegsschiff bedrängt, beschlossen, sich nicht zu widersetzen -- aber sie baten, dass die Hinrichtung von Matrosen des Schiffes ausgeführt würde, was Stevens nicht zuliess. "Insulaner sollten das Werk thun". So geschah es denn. Und es geschah noch mehr. Die so behandelten Insulaner riefen den Schiffscapitän zu ihrem König aus. "Er nahm auch sofort die Krone an und bewies, dass er die königliche Prärogative in erspriesslicher Weise zu nützen verstehe. Er befahl seinen Unterthanen, Hühner, Eier, Früchte und sonst noch mancherlei an Bord des Dampfers zu bringen und diesem Befehl wurde willig Folge gegeben. Eine Vergütung für die gelieferten Sachen blieb ausser Frage, doch war seine improvisirte Majestät so gütig, einige Geschenke, als da sind: Messer, Scheeren u. dergl. verabfolgen zu lassen. Als dies geschehen war, dankte er ab und überliess den Paleuinsulanern, sich nun einen anderen König nach ihrem Geschmack zu suchen" (Globus 12, 59, nach der Overland China Mail v. 30. Mai 1867 und der "Presse" zu Manila). Heisst das nicht, jede Selbstachtung eines Volkes mit Füssen treten? nicht, der Gerechtigkeit und Menschlichkeit ins Gesicht schlagen? Und das that ein Vertreter des englischen Staates im Namen der Gerechtigkeit! Und eine solche Geschichte erheitert als Anekdote ein europäisches Publikum! Die Insulaner mussten, trotz ihrer Bitten, ihren eigenen König erschiessen, weil er sich eines gegen ihn entschieden feindlich handelnden Engländers, allerdings auf frevelhaftem Wege, entledigt hatte! So lange solche Geschichten noch möglich sind, so lange ist allerdings für die Naturvölker noch nicht allzuviel zu hoffen. Und sie werden, wir befürchten es, noch lange möglich sein; so lange wenigstens sicher als die Kulturvölker sich von ganz anderem Stoff dünken, als jene "Wilden", denen man wohl die Gestalt, aber keineswegs die Rechte eines Menschen zugesteht.

Gegen diese gänzliche Ausschliessung von allem europäischen Leben, wie es die Eingeborenen in den Kolonialländern fast immer zu dulden haben, müsste der Staat, was in seinen Kräften steht, thun, wenn er jene wirklich heben wollte: denn das ist es, was sie jetzt am meisten von der Kultur ab und im Elend zurückhält. Aber das wird schwer, wo nicht unmöglich sein; und die Menschheit, so scheint es, wird erst noch manchen Schritt vorwärts thun müssen, ehe diese Gleichstellung (wenn sie dann noch möglich ist) auch nur annähernd sich verwirklichen lassen wird; so dass man in diesem Sinne wohl sagen kann, alles, was in Europa zur Hebung der weissen Bevölkerung und ihres sittlichen Lebens geschieht, das kommt auch mittelbar den Naturvölkern zu gut.

er an die Feinde desselben Feuerwaffen verkauft hatte. »Obwohl nun Stevens einsah, heisst es, dass jener besser gethan hätte, keine Mordwaffen zu verkaufen«, so glaubte er doch streng verfahren zu müssen und verlangte Hinrichtung des Königs. Die Insulaner, von dem Kriegsschiff bedrängt, beschlossen, sich nicht zu widersetzen — aber sie baten, dass die Hinrichtung von Matrosen des Schiffes ausgeführt würde, was Stevens nicht zuliess. »Insulaner sollten das Werk thun«. So geschah es denn. Und es geschah noch mehr. Die so behandelten Insulaner riefen den Schiffscapitän zu ihrem König aus. »Er nahm auch sofort die Krone an und bewies, dass er die königliche Prärogative in erspriesslicher Weise zu nützen verstehe. Er befahl seinen Unterthanen, Hühner, Eier, Früchte und sonst noch mancherlei an Bord des Dampfers zu bringen und diesem Befehl wurde willig Folge gegeben. Eine Vergütung für die gelieferten Sachen blieb ausser Frage, doch war seine improvisirte Majestät so gütig, einige Geschenke, als da sind: Messer, Scheeren u. dergl. verabfolgen zu lassen. Als dies geschehen war, dankte er ab und überliess den Paleuinsulanern, sich nun einen anderen König nach ihrem Geschmack zu suchen« (Globus 12, 59, nach der Overland China Mail v. 30. Mai 1867 und der »Presse« zu Manila). Heisst das nicht, jede Selbstachtung eines Volkes mit Füssen treten? nicht, der Gerechtigkeit und Menschlichkeit ins Gesicht schlagen? Und das that ein Vertreter des englischen Staates im Namen der Gerechtigkeit! Und eine solche Geschichte erheitert als Anekdote ein europäisches Publikum! Die Insulaner mussten, trotz ihrer Bitten, ihren eigenen König erschiessen, weil er sich eines gegen ihn entschieden feindlich handelnden Engländers, allerdings auf frevelhaftem Wege, entledigt hatte! So lange solche Geschichten noch möglich sind, so lange ist allerdings für die Naturvölker noch nicht allzuviel zu hoffen. Und sie werden, wir befürchten es, noch lange möglich sein; so lange wenigstens sicher als die Kulturvölker sich von ganz anderem Stoff dünken, als jene »Wilden«, denen man wohl die Gestalt, aber keineswegs die Rechte eines Menschen zugesteht.

Gegen diese gänzliche Ausschliessung von allem europäischen Leben, wie es die Eingeborenen in den Kolonialländern fast immer zu dulden haben, müsste der Staat, was in seinen Kräften steht, thun, wenn er jene wirklich heben wollte: denn das ist es, was sie jetzt am meisten von der Kultur ab und im Elend zurückhält. Aber das wird schwer, wo nicht unmöglich sein; und die Menschheit, so scheint es, wird erst noch manchen Schritt vorwärts thun müssen, ehe diese Gleichstellung (wenn sie dann noch möglich ist) auch nur annähernd sich verwirklichen lassen wird; so dass man in diesem Sinne wohl sagen kann, alles, was in Europa zur Hebung der weissen Bevölkerung und ihres sittlichen Lebens geschieht, das kommt auch mittelbar den Naturvölkern zu gut.

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 geschah es denn. Und es geschah noch mehr. Die so behandelten
 Insulaner riefen den Schiffscapitän zu ihrem König aus.
 »Er nahm auch sofort die Krone an und bewies, dass er die
 königliche Prärogative in erspriesslicher Weise zu
 nützen verstehe. Er befahl seinen Unterthanen, Hühner,
 Eier, Früchte und sonst noch mancherlei an Bord des Dampfers
 zu bringen und diesem Befehl wurde willig Folge gegeben. Eine
 Vergütung für die gelieferten Sachen blieb ausser Frage,
 doch war seine improvisirte Majestät so gütig, einige
 Geschenke, als da sind: Messer, Scheeren u. dergl. verabfolgen zu
 lassen. Als dies geschehen war, dankte er ab und überliess den
 Paleuinsulanern, sich nun einen anderen König nach ihrem
 Geschmack zu suchen« (Globus 12, 59, nach der Overland China
 Mail v. 30. Mai 1867 und der »Presse« zu Manila).
 Heisst das nicht, jede Selbstachtung eines Volkes mit Füssen
 treten? nicht, der Gerechtigkeit und Menschlichkeit ins Gesicht
 schlagen? Und das that ein Vertreter des englischen Staates im
 Namen der Gerechtigkeit! Und eine solche Geschichte erheitert als
 Anekdote ein europäisches Publikum! Die Insulaner mussten,
 trotz ihrer Bitten, ihren eigenen König erschiessen, weil er
 sich eines gegen ihn entschieden feindlich handelnden
 Engländers, allerdings auf frevelhaftem Wege, entledigt hatte!
 So lange solche Geschichten noch möglich sind, so lange ist
 allerdings für die Naturvölker noch nicht allzuviel zu
 hoffen. Und sie werden, wir befürchten es, noch lange
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 Kolonialländern fast immer zu dulden haben, müsste der
 Staat, was in seinen Kräften steht, thun, wenn er jene
 wirklich heben wollte: denn das ist es, was sie jetzt am meisten
 von der Kultur ab und im Elend zurückhält. Aber das wird
 schwer, wo nicht unmöglich sein; und die Menschheit, so
 scheint es, wird erst noch manchen Schritt vorwärts thun
 müssen, ehe diese Gleichstellung (wenn sie dann noch
 möglich ist) auch nur annähernd sich verwirklichen lassen
 wird; so dass man in diesem Sinne wohl sagen kann, alles, was in
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 Lebens geschieht, das kommt auch mittelbar den Naturvölkern zu
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[0153] er an die Feinde desselben Feuerwaffen verkauft hatte. »Obwohl nun Stevens einsah, heisst es, dass jener besser gethan hätte, keine Mordwaffen zu verkaufen«, so glaubte er doch streng verfahren zu müssen und verlangte Hinrichtung des Königs. Die Insulaner, von dem Kriegsschiff bedrängt, beschlossen, sich nicht zu widersetzen — aber sie baten, dass die Hinrichtung von Matrosen des Schiffes ausgeführt würde, was Stevens nicht zuliess. »Insulaner sollten das Werk thun«. So geschah es denn. Und es geschah noch mehr. Die so behandelten Insulaner riefen den Schiffscapitän zu ihrem König aus. »Er nahm auch sofort die Krone an und bewies, dass er die königliche Prärogative in erspriesslicher Weise zu nützen verstehe. Er befahl seinen Unterthanen, Hühner, Eier, Früchte und sonst noch mancherlei an Bord des Dampfers zu bringen und diesem Befehl wurde willig Folge gegeben. Eine Vergütung für die gelieferten Sachen blieb ausser Frage, doch war seine improvisirte Majestät so gütig, einige Geschenke, als da sind: Messer, Scheeren u. dergl. verabfolgen zu lassen. Als dies geschehen war, dankte er ab und überliess den Paleuinsulanern, sich nun einen anderen König nach ihrem Geschmack zu suchen« (Globus 12, 59, nach der Overland China Mail v. 30. Mai 1867 und der »Presse« zu Manila). Heisst das nicht, jede Selbstachtung eines Volkes mit Füssen treten? nicht, der Gerechtigkeit und Menschlichkeit ins Gesicht schlagen? Und das that ein Vertreter des englischen Staates im Namen der Gerechtigkeit! Und eine solche Geschichte erheitert als Anekdote ein europäisches Publikum! Die Insulaner mussten, trotz ihrer Bitten, ihren eigenen König erschiessen, weil er sich eines gegen ihn entschieden feindlich handelnden Engländers, allerdings auf frevelhaftem Wege, entledigt hatte! So lange solche Geschichten noch möglich sind, so lange ist allerdings für die Naturvölker noch nicht allzuviel zu hoffen. Und sie werden, wir befürchten es, noch lange möglich sein; so lange wenigstens sicher als die Kulturvölker sich von ganz anderem Stoff dünken, als jene »Wilden«, denen man wohl die Gestalt, aber keineswegs die Rechte eines Menschen zugesteht. Gegen diese gänzliche Ausschliessung von allem europäischen Leben, wie es die Eingeborenen in den Kolonialländern fast immer zu dulden haben, müsste der Staat, was in seinen Kräften steht, thun, wenn er jene wirklich heben wollte: denn das ist es, was sie jetzt am meisten von der Kultur ab und im Elend zurückhält. Aber das wird schwer, wo nicht unmöglich sein; und die Menschheit, so scheint es, wird erst noch manchen Schritt vorwärts thun müssen, ehe diese Gleichstellung (wenn sie dann noch möglich ist) auch nur annähernd sich verwirklichen lassen wird; so dass man in diesem Sinne wohl sagen kann, alles, was in Europa zur Hebung der weissen Bevölkerung und ihres sittlichen Lebens geschieht, das kommt auch mittelbar den Naturvölkern zu gut.

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/153>, abgerufen am 24.11.2024.