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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Leben der Schwedischen
ihm allemal sagen, wie er den Tag zuge-
bracht hätte. Wer sich schämt, sagte er,
einen Menschen vernünftig und tugendhaft
zu machen, weil er geringe ist, der ver-
dient nicht, ein Mensch zu seyn. Mein
Gemahl liebte den Herrn R--, als seinen
Bruder, und wir beschlossen niemals et-
was wichtiges, ohne ihn zu Rathe zu
ziehen.

Um diese Zeit bekam mein Gemahl Be-
fehl zum Marsche, weil Schweden mit der
Krone Pohlen in einen Krieg verwickelt
wurde. Nunmehr gieng mein Elend an.
Mein Gemahl hatte einen engen und ge-
fährlichen Paß vertheidigen sollen. Al-
lein er hatte das Unglück gehabt, ihn und
fast alle seine Mannschaft zu verlieren.
Man glaubte der Prinz von S--, der mit
zu Felde war, hätte ihn mit Fleiß zu die-
ser gefährlichen Unternehmung bestimmt,
um ihn zu stürzen. Genug, mein Gemahl
ward zur Verantwortung gezogen. Man

gab

Leben der Schwediſchen
ihm allemal ſagen, wie er den Tag zuge-
bracht hätte. Wer ſich ſchämt, ſagte er,
einen Menſchen vernünftig und tugendhaft
zu machen, weil er geringe iſt, der ver-
dient nicht, ein Menſch zu ſeyn. Mein
Gemahl liebte den Herrn R--, als ſeinen
Bruder, und wir beſchloſſen niemals et-
was wichtiges, ohne ihn zu Rathe zu
ziehen.

Um dieſe Zeit bekam mein Gemahl Be-
fehl zum Marſche, weil Schweden mit der
Krone Pohlen in einen Krieg verwickelt
wurde. Nunmehr gieng mein Elend an.
Mein Gemahl hatte einen engen und ge-
fährlichen Paß vertheidigen ſollen. Al-
lein er hatte das Unglück gehabt, ihn und
faſt alle ſeine Mannſchaft zu verlieren.
Man glaubte der Prinz von S--, der mit
zu Felde war, hätte ihn mit Fleiß zu die-
ſer gefährlichen Unternehmung beſtimmt,
um ihn zu ſtürzen. Genug, mein Gemahl
ward zur Verantwortung gezogen. Man

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[48/0048] Leben der Schwediſchen ihm allemal ſagen, wie er den Tag zuge- bracht hätte. Wer ſich ſchämt, ſagte er, einen Menſchen vernünftig und tugendhaft zu machen, weil er geringe iſt, der ver- dient nicht, ein Menſch zu ſeyn. Mein Gemahl liebte den Herrn R--, als ſeinen Bruder, und wir beſchloſſen niemals et- was wichtiges, ohne ihn zu Rathe zu ziehen. Um dieſe Zeit bekam mein Gemahl Be- fehl zum Marſche, weil Schweden mit der Krone Pohlen in einen Krieg verwickelt wurde. Nunmehr gieng mein Elend an. Mein Gemahl hatte einen engen und ge- fährlichen Paß vertheidigen ſollen. Al- lein er hatte das Unglück gehabt, ihn und faſt alle ſeine Mannſchaft zu verlieren. Man glaubte der Prinz von S--, der mit zu Felde war, hätte ihn mit Fleiß zu die- ſer gefährlichen Unternehmung beſtimmt, um ihn zu ſtürzen. Genug, mein Gemahl ward zur Verantwortung gezogen. Man gab

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/48>, abgerufen am 25.11.2024.