[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Leben der Schwedischen nehm, was ich verlangte. Allein mittenin dieser zärtlichen Unterthänigkeit wußte er sich bey mir in einer gewissen Ehrfurcht zu erhalten, daß ich bey aller meiner Herr- schaft nicht so wohl meinen Willen, als vielmehr sein Verlangen in Gedanken zu Rathe zog, und in der That nichts unter- nahm, als was er befohlen haben würde, wenn er hätte befehlen wollen. Er war der ordentlichste Mann in seinen Geschäf- ten, und band sich doch selten an die Zeit. Er arbeitete, so bald er sich geschickt zur Arbeit fühlete, und arbeitete so lange fort, als er sich in dieser Verfassung merkte. Allein er ließ auch von seinen Verrichtun- gen nach, so bald als er keine Lust mehr dazu verspürte. Daher war er stets mun- ter, weil er sich niemals zu sehr ermüdete, und hatte stets Zeit zu den Vergnügun- gen übrig, weil er die Zeit niemals mit vergebenen Bemühungen zu arbeiten ver- schwendete. Er hatte eine sehr schöne Bi- bliothek auf seinen Reisen gesammlet. Jch verstund
Leben der Schwediſchen nehm, was ich verlangte. Allein mittenin dieſer zärtlichen Unterthänigkeit wußte er ſich bey mir in einer gewiſſen Ehrfurcht zu erhalten, daß ich bey aller meiner Herr- ſchaft nicht ſo wohl meinen Willen, als vielmehr ſein Verlangen in Gedanken zu Rathe zog, und in der That nichts unter- nahm, als was er befohlen haben würde, wenn er hätte befehlen wollen. Er war der ordentlichſte Mann in ſeinen Geſchäf- ten, und band ſich doch ſelten an die Zeit. Er arbeitete, ſo bald er ſich geſchickt zur Arbeit fühlete, und arbeitete ſo lange fort, als er ſich in dieſer Verfaſſung merkte. Allein er ließ auch von ſeinen Verrichtun- gen nach, ſo bald als er keine Luſt mehr dazu verſpürte. Daher war er ſtets mun- ter, weil er ſich niemals zu ſehr ermüdete, und hatte ſtets Zeit zu den Vergnügun- gen übrig, weil er die Zeit niemals mit vergebenen Bemühungen zu arbeiten ver- ſchwendete. Er hatte eine ſehr ſchöne Bi- bliothek auf ſeinen Reiſen geſammlet. Jch verſtund
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Leben der Schwediſchen
nehm, was ich verlangte. Allein mitten
in dieſer zärtlichen Unterthänigkeit wußte
er ſich bey mir in einer gewiſſen Ehrfurcht
zu erhalten, daß ich bey aller meiner Herr-
ſchaft nicht ſo wohl meinen Willen, als
vielmehr ſein Verlangen in Gedanken zu
Rathe zog, und in der That nichts unter-
nahm, als was er befohlen haben würde,
wenn er hätte befehlen wollen. Er war
der ordentlichſte Mann in ſeinen Geſchäf-
ten, und band ſich doch ſelten an die Zeit.
Er arbeitete, ſo bald er ſich geſchickt zur
Arbeit fühlete, und arbeitete ſo lange fort,
als er ſich in dieſer Verfaſſung merkte.
Allein er ließ auch von ſeinen Verrichtun-
gen nach, ſo bald als er keine Luſt mehr
dazu verſpürte. Daher war er ſtets mun-
ter, weil er ſich niemals zu ſehr ermüdete,
und hatte ſtets Zeit zu den Vergnügun-
gen übrig, weil er die Zeit niemals mit
vergebenen Bemühungen zu arbeiten ver-
ſchwendete. Er hatte eine ſehr ſchöne Bi-
bliothek auf ſeinen Reiſen geſammlet. Jch
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