Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Gräfinn von G **
Mir wäre es am wenigsten zu vergeben
gewesen, wenn ich Florentinen nicht so
wohl erzogen hätte, als es seyn kann, da
ich Zeit, Gelegenheit, und ihre gute Fä-
higkeit vor mir hatte, und seit ihrem sie-
benten Jahre fast beständig um sie gewe-
sen war. Jhre guten Eigenschaften mach-
ten sie nachgehends zur Frau eines Man-
nes, der in Holland eine der höchsten
Ehrenstellen bekleidete, und an dem sein
Stand noch das wenigste war, was ihn
groß und hochachtungswerth machte.
Doch ich will von unserer Florentine ein
andermal reden.

Wir waren kaum einige Monate in
dem Haag, so lief ein Schiff aus Rußland
mit Waaren für unsern Andreas ein. Er
bat uns, daß wir mit an Bord gehen,
und die Ladung ansehen möchten. Wir
ließen uns diesen Vorschlag gefallen, und
fuhren dem ankommenden Schiffe etwan
eine halbe Stunde auf der See entgegen.

Nun-
J 2

Gräfinn von G **
Mir wäre es am wenigſten zu vergeben
geweſen, wenn ich Florentinen nicht ſo
wohl erzogen hätte, als es ſeyn kann, da
ich Zeit, Gelegenheit, und ihre gute Fä-
higkeit vor mir hatte, und ſeit ihrem ſie-
benten Jahre faſt beſtändig um ſie gewe-
ſen war. Jhre guten Eigenſchaften mach-
ten ſie nachgehends zur Frau eines Man-
nes, der in Holland eine der höchſten
Ehrenſtellen bekleidete, und an dem ſein
Stand noch das wenigſte war, was ihn
groß und hochachtungswerth machte.
Doch ich will von unſerer Florentine ein
andermal reden.

Wir waren kaum einige Monate in
dem Haag, ſo lief ein Schiff aus Rußland
mit Waaren für unſern Andreas ein. Er
bat uns, daß wir mit an Bord gehen,
und die Ladung anſehen möchten. Wir
ließen uns dieſen Vorſchlag gefallen, und
fuhren dem ankommenden Schiffe etwan
eine halbe Stunde auf der See entgegen.

Nun-
J 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0131" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gräfinn von G **</hi></fw><lb/>
Mir wäre es am wenig&#x017F;ten zu vergeben<lb/>
gewe&#x017F;en, wenn ich Florentinen nicht &#x017F;o<lb/>
wohl erzogen hätte, als es &#x017F;eyn kann, da<lb/>
ich Zeit, Gelegenheit, und ihre gute Fä-<lb/>
higkeit vor mir hatte, und &#x017F;eit ihrem &#x017F;ie-<lb/>
benten Jahre fa&#x017F;t be&#x017F;tändig um &#x017F;ie gewe-<lb/>
&#x017F;en war. Jhre guten Eigen&#x017F;chaften mach-<lb/>
ten &#x017F;ie nachgehends zur Frau eines Man-<lb/>
nes, der in Holland eine der höch&#x017F;ten<lb/>
Ehren&#x017F;tellen bekleidete, und an dem &#x017F;ein<lb/>
Stand noch das wenig&#x017F;te war, was ihn<lb/>
groß und hochachtungswerth machte.<lb/>
Doch ich will von un&#x017F;erer Florentine ein<lb/>
andermal reden.</p><lb/>
        <p>Wir waren kaum einige Monate in<lb/>
dem Haag, &#x017F;o lief ein Schiff aus Rußland<lb/>
mit Waaren für un&#x017F;ern Andreas ein. Er<lb/>
bat uns, daß wir mit an Bord gehen,<lb/>
und die Ladung an&#x017F;ehen möchten. Wir<lb/>
ließen uns die&#x017F;en Vor&#x017F;chlag gefallen, und<lb/>
fuhren dem ankommenden Schiffe etwan<lb/>
eine halbe Stunde auf der See entgegen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">J 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Nun-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0131] Gräfinn von G ** Mir wäre es am wenigſten zu vergeben geweſen, wenn ich Florentinen nicht ſo wohl erzogen hätte, als es ſeyn kann, da ich Zeit, Gelegenheit, und ihre gute Fä- higkeit vor mir hatte, und ſeit ihrem ſie- benten Jahre faſt beſtändig um ſie gewe- ſen war. Jhre guten Eigenſchaften mach- ten ſie nachgehends zur Frau eines Man- nes, der in Holland eine der höchſten Ehrenſtellen bekleidete, und an dem ſein Stand noch das wenigſte war, was ihn groß und hochachtungswerth machte. Doch ich will von unſerer Florentine ein andermal reden. Wir waren kaum einige Monate in dem Haag, ſo lief ein Schiff aus Rußland mit Waaren für unſern Andreas ein. Er bat uns, daß wir mit an Bord gehen, und die Ladung anſehen möchten. Wir ließen uns dieſen Vorſchlag gefallen, und fuhren dem ankommenden Schiffe etwan eine halbe Stunde auf der See entgegen. Nun- J 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/131
Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/131>, abgerufen am 07.05.2024.