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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Leben der Schwedischen
nes besten Freundes; Jch Barbar! Jch
Bösewicht! Carlson besserte sich nach dem
Abschiedsbriefe an Marianen wieder, und
weil ich mir schon Hoffnung auf seinen
Tod und auf Marianen gemacht hatte, so
brachte ich ihm Gift bey. Mein Mann
nahm alle seine Vernunft und Religion zu
Hülfe, und suchte diesem Unglückseligen
damit beyzustehen. Seine Verzweiflung
wollte sich nicht stillen lassen. Er verlang-
te Marianen noch einmal zu sehen, und ihr
seine Bosheit selbst zu entdecken. Wir ba-
ten ihn um Gottes willen, daß er Maria-
nen diese That nicht offenbaren sollte; Er
würde seinem Gewissen dadurch nichts hel-
fen, und durch sein Bekenntniß nur noch
einen Mord begehen. Mariane kam, ehe
sie gerufen ward. Dormund redete sie an;
allein sie hörte und sah vor Wehmuth
nicht. Er nahm sie bey der Hand, und
wollte das entsetzliche Bekenntniß wieder-
holen. Jch hielt ihm den Mund zu. Wir
fiengen an zu beten und zu singen. Doch

er

Leben der Schwediſchen
nes beſten Freundes; Jch Barbar! Jch
Böſewicht! Carlſon beſſerte ſich nach dem
Abſchiedsbriefe an Marianen wieder, und
weil ich mir ſchon Hoffnung auf ſeinen
Tod und auf Marianen gemacht hatte, ſo
brachte ich ihm Gift bey. Mein Mann
nahm alle ſeine Vernunft und Religion zu
Hülfe, und ſuchte dieſem Unglückſeligen
damit beyzuſtehen. Seine Verzweiflung
wollte ſich nicht ſtillen laſſen. Er verlang-
te Marianen noch einmal zu ſehen, und ihr
ſeine Bosheit ſelbſt zu entdecken. Wir ba-
ten ihn um Gottes willen, daß er Maria-
nen dieſe That nicht offenbaren ſollte; Er
würde ſeinem Gewiſſen dadurch nichts hel-
fen, und durch ſein Bekenntniß nur noch
einen Mord begehen. Mariane kam, ehe
ſie gerufen ward. Dormund redete ſie an;
allein ſie hörte und ſah vor Wehmuth
nicht. Er nahm ſie bey der Hand, und
wollte das entſetzliche Bekenntniß wieder-
holen. Jch hielt ihm den Mund zu. Wir
fiengen an zu beten und zu ſingen. Doch

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[120/0120] Leben der Schwediſchen nes beſten Freundes; Jch Barbar! Jch Böſewicht! Carlſon beſſerte ſich nach dem Abſchiedsbriefe an Marianen wieder, und weil ich mir ſchon Hoffnung auf ſeinen Tod und auf Marianen gemacht hatte, ſo brachte ich ihm Gift bey. Mein Mann nahm alle ſeine Vernunft und Religion zu Hülfe, und ſuchte dieſem Unglückſeligen damit beyzuſtehen. Seine Verzweiflung wollte ſich nicht ſtillen laſſen. Er verlang- te Marianen noch einmal zu ſehen, und ihr ſeine Bosheit ſelbſt zu entdecken. Wir ba- ten ihn um Gottes willen, daß er Maria- nen dieſe That nicht offenbaren ſollte; Er würde ſeinem Gewiſſen dadurch nichts hel- fen, und durch ſein Bekenntniß nur noch einen Mord begehen. Mariane kam, ehe ſie gerufen ward. Dormund redete ſie an; allein ſie hörte und ſah vor Wehmuth nicht. Er nahm ſie bey der Hand, und wollte das entſetzliche Bekenntniß wieder- holen. Jch hielt ihm den Mund zu. Wir fiengen an zu beten und zu ſingen. Doch er

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/120>, abgerufen am 25.11.2024.