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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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Von Pasquillen und Retorsion auch peinlichen Frage.
ne Zeit und Gelegenheit/ seine Bekäntniß zu wiederruffen/ dadurch ge-Bekäntniß
Wiederruff
neuen Peini-
gungs Ursach.

winnen möge/ und also muß Bekäntniß durch Dräuung und Schre-
cken gutwillig bestärcket werden/ massen solche Bedrohung von denen
herkommen/ die sie wohl hätten zu Werck richten können/ so aber der
Gefangene die vorhin bekannte Missethat läugnet/ und dennoch der
Argwohn gegen ihn für Augen stünde/ soll man ihn ferner hinführen
und mit peinlicher Frage gegen ihn handeln/ es wären dann erheb-
liche Ursachen der Veränderung fürhanden/ sonst wäre dieser Wie-
derruff Anzeigung fähig zur neuen Peinigung; Und wer dann Bande/
Gefängniß/ Geissel oder Peinigung unschuldig erlitten/ ist darum nicht
ehrloß/ weilen nicht die Qvaal/ sondern rechtmäßige Ursache der Eh-
ren beraubet.

P. H. O. Art. 56. 57. L. 10. §. 5. ff. de quaest. L. 22. ff. & L. 14. C. de infam. jur.

§. 25. Wann er aber keinen Jrthum/ sondern nur/ von MarterZweyt- und
dritten Peini-
gungs Recht.

Grausamkeit gezwungen/ bekennet zu haben anführet/ soll hierinn ein
Richter behutsam gehen/ vorsichtig handeln/ viel lieber alle Umstän-
de derer Acten wieder durchsehen und beym Ober-Richter Raths er-
hohlen/ dabey der Person Zustand/ Marter Länge und Grösse/ wohl
zu betrachten/ auch deren Anzeigungen sichere Warheit nochmahlen
zu ergründen/ wann er nun bey zweyter Peinigung Verbrechen beken-
net/ hernach aber wiederrufft/ mag er zum dritten mahl/ über dieses
gar nicht mehr gefoltert/ sondern loßgesprochen seyn/ jedoch soll zweyt-
und dritte Peinigung nicht länger noch schwerer/ sondern etwas kürtz-
und leichter seyn.

P. H. O. Art. 58.

§. 26. Deßgleichen/ wer mitten unter währender Angst etwasPeinliche Fra-
ge wann zu
wiederhohlen
oder nicht.

von einer Ubelthat bekennet/ so bald hernach aber bey einiger Linde-
rung wiederspricht/ auch keine Anzeigen mehr dazu kommen/ mag nicht
weiter gemartert werden; so aber jemand zum ersten mahl gar nichts
bekennet/ und jedoch neue stärckere Vermuthung vorhanden/ mag die
peinliche Frage mit guter Vernunfft wiederhohlet werden; Letzlich
bey aller solchen Execution muß zwar ein Richter behertzt/ nicht aber
grausam handeln/ damit ihn seine Thaten nicht zum Hencker ver-
wandeln.

§. 27. Auff eines andern Ubelthäters Bekäntniß/ der da sagt/
daß ihm einer zur Missethat geholffen/ soll man keinen peinlich verhö-

ren/
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Von Pasquillen und Retorſion auch peinlichen Frage.
ne Zeit und Gelegenheit/ ſeine Bekaͤntniß zu wiederruffen/ dadurch ge-Bekaͤntniß
Wiederruff
neuen Peini-
gungs Urſach.

winnen moͤge/ und alſo muß Bekaͤntniß durch Draͤuung und Schre-
cken gutwillig beſtaͤrcket werden/ maſſen ſolche Bedrohung von denen
herkommen/ die ſie wohl haͤtten zu Werck richten koͤnnen/ ſo aber der
Gefangene die vorhin bekannte Miſſethat laͤugnet/ und dennoch der
Argwohn gegen ihn fuͤr Augen ſtuͤnde/ ſoll man ihn ferner hinfuͤhren
und mit peinlicher Frage gegen ihn handeln/ es waͤren dann erheb-
liche Urſachen der Veraͤnderung fuͤrhanden/ ſonſt waͤre dieſer Wie-
derruff Anzeigung faͤhig zur neuen Peinigung; Und wer dann Bande/
Gefaͤngniß/ Geiſſel oder Peinigung unſchuldig erlitten/ iſt darum nicht
ehrloß/ weilen nicht die Qvaal/ ſondern rechtmaͤßige Urſache der Eh-
ren beraubet.

P. H. O. Art. 56. 57. L. 10. §. 5. ff. de quæſt. L. 22. ff. & L. 14. C. de infam. jur.

§. 25. Wann er aber keinen Jrthum/ ſondern nur/ von MarterZweyt- und
dritten Peini-
gungs Recht.

Grauſamkeit gezwungen/ bekennet zu haben anfuͤhret/ ſoll hierinn ein
Richter behutſam gehen/ vorſichtig handeln/ viel lieber alle Umſtaͤn-
de derer Acten wieder durchſehen und beym Ober-Richter Raths er-
hohlen/ dabey der Perſon Zuſtand/ Marter Laͤnge und Groͤſſe/ wohl
zu betrachten/ auch deren Anzeigungen ſichere Warheit nochmahlen
zu ergruͤnden/ wann er nun bey zweyter Peinigung Verbrechen beken-
net/ hernach aber wiederrufft/ mag er zum dritten mahl/ uͤber dieſes
gar nicht mehr gefoltert/ ſondern loßgeſprochen ſeyn/ jedoch ſoll zweyt-
und dritte Peinigung nicht laͤnger noch ſchwerer/ ſondern etwas kuͤrtz-
und leichter ſeyn.

P. H. O. Art. 58.

§. 26. Deßgleichen/ wer mitten unter waͤhrender Angſt etwasPeinliche Fra-
ge wann zu
wiederhohlen
oder nicht.

von einer Ubelthat bekennet/ ſo bald hernach aber bey einiger Linde-
rung wiederſpricht/ auch keine Anzeigen mehr dazu kommen/ mag nicht
weiter gemartert werden; ſo aber jemand zum erſten mahl gar nichts
bekennet/ und jedoch neue ſtaͤrckere Vermuthung vorhanden/ mag die
peinliche Frage mit guter Vernunfft wiederhohlet werden; Letzlich
bey aller ſolchen Execution muß zwar ein Richter behertzt/ nicht aber
grauſam handeln/ damit ihn ſeine Thaten nicht zum Hencker ver-
wandeln.

§. 27. Auff eines andern Ubelthaͤters Bekaͤntniß/ der da ſagt/
daß ihm einer zur Miſſethat geholffen/ ſoll man keinen peinlich verhoͤ-

ren/
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[667/0674] Von Pasquillen und Retorſion auch peinlichen Frage. ne Zeit und Gelegenheit/ ſeine Bekaͤntniß zu wiederruffen/ dadurch ge- winnen moͤge/ und alſo muß Bekaͤntniß durch Draͤuung und Schre- cken gutwillig beſtaͤrcket werden/ maſſen ſolche Bedrohung von denen herkommen/ die ſie wohl haͤtten zu Werck richten koͤnnen/ ſo aber der Gefangene die vorhin bekannte Miſſethat laͤugnet/ und dennoch der Argwohn gegen ihn fuͤr Augen ſtuͤnde/ ſoll man ihn ferner hinfuͤhren und mit peinlicher Frage gegen ihn handeln/ es waͤren dann erheb- liche Urſachen der Veraͤnderung fuͤrhanden/ ſonſt waͤre dieſer Wie- derruff Anzeigung faͤhig zur neuen Peinigung; Und wer dann Bande/ Gefaͤngniß/ Geiſſel oder Peinigung unſchuldig erlitten/ iſt darum nicht ehrloß/ weilen nicht die Qvaal/ ſondern rechtmaͤßige Urſache der Eh- ren beraubet. Bekaͤntniß Wiederruff neuen Peini- gungs Urſach. P. H. O. Art. 56. 57. L. 10. §. 5. ff. de quæſt. L. 22. ff. & L. 14. C. de infam. jur. §. 25. Wann er aber keinen Jrthum/ ſondern nur/ von Marter Grauſamkeit gezwungen/ bekennet zu haben anfuͤhret/ ſoll hierinn ein Richter behutſam gehen/ vorſichtig handeln/ viel lieber alle Umſtaͤn- de derer Acten wieder durchſehen und beym Ober-Richter Raths er- hohlen/ dabey der Perſon Zuſtand/ Marter Laͤnge und Groͤſſe/ wohl zu betrachten/ auch deren Anzeigungen ſichere Warheit nochmahlen zu ergruͤnden/ wann er nun bey zweyter Peinigung Verbrechen beken- net/ hernach aber wiederrufft/ mag er zum dritten mahl/ uͤber dieſes gar nicht mehr gefoltert/ ſondern loßgeſprochen ſeyn/ jedoch ſoll zweyt- und dritte Peinigung nicht laͤnger noch ſchwerer/ ſondern etwas kuͤrtz- und leichter ſeyn. Zweyt- und dritten Peini- gungs Recht. P. H. O. Art. 58. §. 26. Deßgleichen/ wer mitten unter waͤhrender Angſt etwas von einer Ubelthat bekennet/ ſo bald hernach aber bey einiger Linde- rung wiederſpricht/ auch keine Anzeigen mehr dazu kommen/ mag nicht weiter gemartert werden; ſo aber jemand zum erſten mahl gar nichts bekennet/ und jedoch neue ſtaͤrckere Vermuthung vorhanden/ mag die peinliche Frage mit guter Vernunfft wiederhohlet werden; Letzlich bey aller ſolchen Execution muß zwar ein Richter behertzt/ nicht aber grauſam handeln/ damit ihn ſeine Thaten nicht zum Hencker ver- wandeln. Peinliche Fra- ge wann zu wiederhohlen oder nicht. §. 27. Auff eines andern Ubelthaͤters Bekaͤntniß/ der da ſagt/ daß ihm einer zur Miſſethat geholffen/ ſoll man keinen peinlich verhoͤ- ren/ P p p p 2

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/674>, abgerufen am 22.11.2024.