Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.V. Buch/ Cap. III. etwa vollkommene Milch häuffig daraus zu erdrücken und melckenmüglich? Welches alles ein gewissenhafft verständiger Richter fleißig aus Gestalt ihres Leibes zu erfahren sich bemühen soll/ ob schon es ir- gend eine geehrte Standes Person wäre/ massen der höchste Richter/ so keine Person ansiehet/ davon Rechnung anfordern wird; Als wann ein Kind getödtet/ ins Meer geworffen/ und etwa um selbige Zeit solche Weibes-Person/ die verdächtigen schweren Leibes gewesen/ beym Wasser in der Nacht/ daselbst etwas hinein zu werffen/ gesehen wor- den/ ist solches genugsame Vermuthungs-Ursache/ die Person zu ver- hafften/ ehe dann sie flüchtig wird; massen es leichter/ jemanden wie- der loß zu lassen/ als freye Leute einzuziehen/ und soll hierinn keine Obrigkeit sich nachläßig erzeigen. P. H. O. Art. 35. & 36. §. 43. Wann auch eine Weibes-Person bekennet/ daß sie zwar Geschwänger- ten Straffe wegen Kinder- Mordes. §. 44. Wann jemand eine Weibs-Person geschwängert/ welche §. 45. Eine
V. Buch/ Cap. III. etwa vollkommene Milch haͤuffig daraus zu erdruͤcken und melckenmuͤglich? Welches alles ein gewiſſenhafft verſtaͤndiger Richter fleißig aus Geſtalt ihres Leibes zu erfahren ſich bemuͤhen ſoll/ ob ſchon es ir- gend eine geehrte Standes Perſon waͤre/ maſſen der hoͤchſte Richter/ ſo keine Perſon anſiehet/ davon Rechnung anfordern wird; Als wann ein Kind getoͤdtet/ ins Meer geworffen/ und etwa um ſelbige Zeit ſolche Weibes-Perſon/ die verdaͤchtigen ſchweren Leibes geweſen/ beym Waſſer in der Nacht/ daſelbſt etwas hinein zu werffen/ geſehen wor- den/ iſt ſolches genugſame Vermuthungs-Urſache/ die Perſon zu ver- hafften/ ehe dann ſie fluͤchtig wird; maſſen es leichter/ jemanden wie- der loß zu laſſen/ als freye Leute einzuziehen/ und ſoll hierinn keine Obrigkeit ſich nachlaͤßig erzeigen. P. H. O. Art. 35. & 36. §. 43. Wann auch eine Weibes-Perſon bekennet/ daß ſie zwar Geſchwaͤnger- ten Straffe wegen Kinder- Mordes. §. 44. Wann jemand eine Weibs-Perſon geſchwaͤngert/ welche §. 45. Eine
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V. Buch/ Cap. III.
etwa vollkommene Milch haͤuffig daraus zu erdruͤcken und melcken
muͤglich? Welches alles ein gewiſſenhafft verſtaͤndiger Richter fleißig
aus Geſtalt ihres Leibes zu erfahren ſich bemuͤhen ſoll/ ob ſchon es ir-
gend eine geehrte Standes Perſon waͤre/ maſſen der hoͤchſte Richter/
ſo keine Perſon anſiehet/ davon Rechnung anfordern wird; Als wann
ein Kind getoͤdtet/ ins Meer geworffen/ und etwa um ſelbige Zeit ſolche
Weibes-Perſon/ die verdaͤchtigen ſchweren Leibes geweſen/ beym
Waſſer in der Nacht/ daſelbſt etwas hinein zu werffen/ geſehen wor-
den/ iſt ſolches genugſame Vermuthungs-Urſache/ die Perſon zu ver-
hafften/ ehe dann ſie fluͤchtig wird; maſſen es leichter/ jemanden wie-
der loß zu laſſen/ als freye Leute einzuziehen/ und ſoll hierinn keine
Obrigkeit ſich nachlaͤßig erzeigen.
P. H. O. Art. 35. & 36.
§. 43. Wann auch eine Weibes-Perſon bekennet/ daß ſie zwar
ein Kind aber todt gebohren/ dazu gar alleine geweſen/ und ſelbigem kei-
ne Gewalt angethan/ iſt es zwar genugſame Anzeige zur Folter/ wei-
len aber auch ſolche Ausſage wahr ſeyn kan/ derohalben ſoll ein Rich-
ter nach Umſtaͤnden erforſchen/ zu welcher Zeit ihr Buhler bey ihr ge-
legen? ſintemahlen aus der Zeit der beklagten Perſon Unſchuld eini-
ger maſſen erhellen kan/ als wann erſcheinet/ daß es keine vollkomme-
ne Zeit zur lebendigen Frucht geweſen/ ſondern unzeitig abgangen/
und auff ſolche Antwort mag dieſer auch befraget werden: Ob Tage
und Wochen uͤbereinkommen? Ob er davon/ daß ſie ſchwanger/
Wiſſenſchafft gehabt? Ob die Frucht/ an welchem Ort und zu welcher
Stunde ſie todt oder lebendig zur Welt kommen? Warum ſie ſolche
hinweg gebracht? Obs ihr jemand gerathen? Ob ſie nicht in der
Nacht eines lebendigen Kindes geneſen? Ob ſie nicht daſſelbige ertoͤd-
tet? Wer ſie geſchwaͤngert/ wann/ wo/ und wie offt er bey ihr gelegen?
Ob die Frucht in Mutterleibe gelebet? Ob ſie nicht den Coͤrper ins
Waſſer geworffen? Ob nicht davon die gemeine Rede alſo ergehe?
Schwangern
Weibs Perſon
Frag-Puncten
wegen Kinder-
mord.
§. 44. Wann jemand eine Weibs-Perſon geſchwaͤngert/ welche
das Kind umgebracht/ er aber nicht unterlaſſen dieſen betruͤbten Aus-
gang zu hindern/ ſondern/ ſo viel an ihm/ bedacht geweſen ſie zu befra-
gen und vermahnen/ daß ſie dem Kinde nicht Gewalt zufuͤgen ſolte/
auch ſolches einem Weibe zu ernehren hinzugeben willens/ ſie vertroͤ-
ſtet/ ſo waͤre deſſen Straffe zu vermehren unbillig; Falls er ihr aber
dazu gerathen/ auch etwa das Kind begraben/ waͤren ſie beyde recht-
maͤßig am Leben zu ſtraffen/ weilen ſie ſaͤmtlich dazu eingewilliget und
thaͤtlich geholffen haben.
§. 45. Eine
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