Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite

Von gerichtlichem Beweiß und Kundschafft.
wie auch/ wann ein Mann für Gericht zu schaffen hätte/ der Armuth
halber seine Sache nicht vollführen kan/ seine Armuth erweiset und
eydlich betheuret/ daß er nemlich so arm sey/ daß er an allen beweg- und
unbeweglichen Gütern/ liegend oder fahrenden Haabe/ noch Schulden
und Gerechtigkeiten/ so viel nicht vermöge/ nothdürfftige Brieffe undAdvocaten
Pflicht bey ar-
men Sachen.

Cantzley oder Gerichts-Gebühr zu erlegen/ noch seinen Fürsprecher zu
belohnen/ daß er auch darum und diesen Eyd zu leisten seine Haabe und
Güter gefährlicher Weise nicht veräussert/ noch andern übergeben ha-
be/ und so fern er seine Sachen mit Recht erhalten/ oder sonst zu bes-
serm Vermögen kommen würde/ daß er alsdann jedern nach seiner Ge-
bühr Bezahlung entrichten wolle/ alles treulich und ohne Gefehrde;
Alsdann wäre deren Armen Advocat ihm in dieser Sache zu dienen
umsonst und ohne Entgelt seine rechtliche Nothdurfft fürzubringen/
GOtt zu Ehren/ und um der Gerechtigkeit willen schuldig/ massen er
dazu besoldet/ billig gegeben und gerichtlich bey verordnet werden muß.

Caput VII.

Von Zeugen Verhör/ Aussage und gericht-
lichem Zeugniß.

§. 1.

WAnn Richter zwischen Kläger und Beklagten ohne Zeugen nichtZeugen Ver-
hörs Reguln.

schlichten kan/ so muß Gegentheil/ die Zeugen schweren zu hören
und zu sehen/ eingeladen werden/ und Zeugen müssen auch in bürger- und
peinlichen Processen vorhero billig citiret werden/ ihre Zeugnisses Aus-
sage mit Vorbedacht und nüchtern abzulegen/ so wohl als Beklagter
Zeugen in Eyd zu nehmen ansehen und hören muß/ auff daß alles ohne
Betrug und auffrichtig hergehen/ auch keiner Person Jrrthum vorfal-
len möge; wann er einen Zeugen/ der sein Feind wäre/ als untüchtig
etwa zu verwerffen gesonnen/ bevorab wann Beklagter ein unwissend
einfältiger Bauersmann oder des Lebens müde/ so soll man ihn am
meisten verthädigen helffen.

C. 41. X. de Test. c. 2. X. de Test. P. H. O. art. 65. 71. & 72.

§. 2. Da denn fürnehmlich insgemein alle Zeugen zu befragen/Zeugen Ver-
hörs allgemei-
ne Frag-Stü-
cke.

ob sie etwas für ihr Zeugniß bekommen oder zu hoffen? Ob alle Mit-
zeugen eines unberüchteten ehrlichen Nahmens/ oder einigen Missethat
schuldig wären/ und was sonsten zur Warheit Erkundigung und des
Beschuldigten Rettung diensam und nöthig sey; Deßgleichen/ wie

Zeuge
G

Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft.
wie auch/ wann ein Mann fuͤr Gericht zu ſchaffen haͤtte/ der Armuth
halber ſeine Sache nicht vollfuͤhren kan/ ſeine Armuth erweiſet und
eydlich betheuret/ daß er nemlich ſo arm ſey/ daß er an allen beweg- und
unbeweglichen Guͤtern/ liegend oder fahrenden Haabe/ noch Schulden
und Gerechtigkeiten/ ſo viel nicht vermoͤge/ nothduͤrfftige Brieffe undAdvocaten
Pflicht bey ar-
men Sachen.

Cantzley oder Gerichts-Gebuͤhr zu erlegen/ noch ſeinen Fuͤrſprecher zu
belohnen/ daß er auch darum und dieſen Eyd zu leiſten ſeine Haabe und
Guͤter gefaͤhrlicher Weiſe nicht veraͤuſſert/ noch andern uͤbergeben ha-
be/ und ſo fern er ſeine Sachen mit Recht erhalten/ oder ſonſt zu beſ-
ſerm Vermoͤgen kommen wuͤrde/ daß er alsdann jedern nach ſeiner Ge-
buͤhr Bezahlung entrichten wolle/ alles treulich und ohne Gefehrde;
Alsdann waͤre deren Armen Advocat ihm in dieſer Sache zu dienen
umſonſt und ohne Entgelt ſeine rechtliche Nothdurfft fuͤrzubringen/
GOtt zu Ehren/ und um der Gerechtigkeit willen ſchuldig/ maſſen er
dazu beſoldet/ billig gegeben und gerichtlich bey verordnet werden muß.

Caput VII.

Von Zeugen Verhoͤr/ Ausſage und gericht-
lichem Zeugniß.

§. 1.

WAnn Richter zwiſchen Klaͤger und Beklagten ohne Zeugen nichtZeugen Ver-
hoͤrs Reguln.

ſchlichten kan/ ſo muß Gegentheil/ die Zeugen ſchweren zu hoͤren
und zu ſehen/ eingeladen werden/ und Zeugen muͤſſen auch in buͤrger- und
peinlichen Proceſſen vorhero billig citiret werden/ ihre Zeugniſſes Aus-
ſage mit Vorbedacht und nuͤchtern abzulegen/ ſo wohl als Beklagter
Zeugen in Eyd zu nehmen anſehen und hoͤren muß/ auff daß alles ohne
Betrug und auffrichtig hergehen/ auch keiner Perſon Jrrthum vorfal-
len moͤge; wann er einen Zeugen/ der ſein Feind waͤre/ als untuͤchtig
etwa zu verwerffen geſonnen/ bevorab wann Beklagter ein unwiſſend
einfaͤltiger Bauersmann oder des Lebens muͤde/ ſo ſoll man ihn am
meiſten verthaͤdigen helffen.

C. 41. X. de Teſt. c. 2. X. de Teſt. P. H. O. art. 65. 71. & 72.

§. 2. Da denn fuͤrnehmlich insgemein alle Zeugen zu befragen/Zeugen Ver-
hoͤrs allgemei-
ne Frag-Stuͤ-
cke.

ob ſie etwas fuͤr ihr Zeugniß bekommen oder zu hoffen? Ob alle Mit-
zeugen eines unberuͤchteten ehrlichen Nahmens/ oder einigen Miſſethat
ſchuldig waͤren/ und was ſonſten zur Warheit Erkundigung und des
Beſchuldigten Rettung dienſam und noͤthig ſey; Deßgleichen/ wie

Zeuge
G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" n="49"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von gerichtlichem Beweiß und Kund&#x017F;chafft.</hi></fw><lb/>
wie auch/ wann ein Mann fu&#x0364;r Gericht zu &#x017F;chaffen ha&#x0364;tte/ der Armuth<lb/>
halber &#x017F;eine Sache nicht vollfu&#x0364;hren kan/ &#x017F;eine Armuth erwei&#x017F;et und<lb/>
eydlich betheuret/ daß er nemlich &#x017F;o arm &#x017F;ey/ daß er an allen beweg- und<lb/>
unbeweglichen Gu&#x0364;tern/ liegend oder fahrenden Haabe/ noch Schulden<lb/>
und Gerechtigkeiten/ &#x017F;o viel nicht vermo&#x0364;ge/ nothdu&#x0364;rfftige Brieffe und<note place="right"><hi rendition="#aq">Advocat</hi>en<lb/>
Pflicht bey ar-<lb/>
men Sachen.</note><lb/>
Cantzley oder Gerichts-Gebu&#x0364;hr zu erlegen/ noch &#x017F;einen Fu&#x0364;r&#x017F;precher zu<lb/>
belohnen/ daß er auch darum und die&#x017F;en Eyd zu lei&#x017F;ten &#x017F;eine Haabe und<lb/>
Gu&#x0364;ter gefa&#x0364;hrlicher Wei&#x017F;e nicht vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ert/ noch andern u&#x0364;bergeben ha-<lb/>
be/ und &#x017F;o fern er &#x017F;eine Sachen mit Recht erhalten/ oder &#x017F;on&#x017F;t zu be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erm Vermo&#x0364;gen kommen wu&#x0364;rde/ daß er alsdann jedern nach &#x017F;einer Ge-<lb/>
bu&#x0364;hr Bezahlung entrichten wolle/ alles treulich und ohne Gefehrde;<lb/>
Alsdann wa&#x0364;re deren Armen <hi rendition="#aq">Advocat</hi> ihm in die&#x017F;er Sache zu dienen<lb/>
um&#x017F;on&#x017F;t und ohne Entgelt &#x017F;eine rechtliche Nothdurfft fu&#x0364;rzubringen/<lb/>
GOtt zu Ehren/ und um der Gerechtigkeit willen &#x017F;chuldig/ ma&#x017F;&#x017F;en er<lb/>
dazu be&#x017F;oldet/ billig gegeben und gerichtlich bey verordnet werden muß.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Caput</hi></hi> VII.</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Von Zeugen Verho&#x0364;r/ Aus&#x017F;age und gericht-<lb/>
lichem Zeugniß.</hi> </hi> </p>
          </argument><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">§. 1.</hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>Ann Richter zwi&#x017F;chen Kla&#x0364;ger und Beklagten ohne Zeugen nicht<note place="right">Zeugen Ver-<lb/>
ho&#x0364;rs Reguln.</note><lb/>
&#x017F;chlichten kan/ &#x017F;o muß Gegentheil/ die Zeugen &#x017F;chweren zu ho&#x0364;ren<lb/>
und zu &#x017F;ehen/ eingeladen werden/ und Zeugen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch in bu&#x0364;rger- und<lb/>
peinlichen Proce&#x017F;&#x017F;en vorhero billig <hi rendition="#aq">citir</hi>et werden/ ihre Zeugni&#x017F;&#x017F;es Aus-<lb/>
&#x017F;age mit Vorbedacht und nu&#x0364;chtern abzulegen/ &#x017F;o wohl als Beklagter<lb/>
Zeugen in Eyd zu nehmen an&#x017F;ehen und ho&#x0364;ren muß/ auff daß alles ohne<lb/>
Betrug und auffrichtig hergehen/ auch keiner Per&#x017F;on Jrrthum vorfal-<lb/>
len mo&#x0364;ge; wann er einen Zeugen/ der &#x017F;ein Feind wa&#x0364;re/ als untu&#x0364;chtig<lb/>
etwa zu verwerffen ge&#x017F;onnen/ bevorab wann Beklagter ein unwi&#x017F;&#x017F;end<lb/>
einfa&#x0364;ltiger Bauersmann oder des Lebens mu&#x0364;de/ &#x017F;o &#x017F;oll man ihn am<lb/>
mei&#x017F;ten vertha&#x0364;digen helffen.</p><lb/>
          <list>
            <item><hi rendition="#aq">C. 41. X. de Te&#x017F;t. c. 2. X. de Te&#x017F;t.</hi> P. H. O. <hi rendition="#aq">art.</hi> 65. 71. &amp; 72.</item>
          </list><lb/>
          <p>§. 2. Da denn fu&#x0364;rnehmlich insgemein alle Zeugen zu befragen/<note place="right">Zeugen Ver-<lb/>
ho&#x0364;rs allgemei-<lb/>
ne Frag-Stu&#x0364;-<lb/>
cke.</note><lb/>
ob &#x017F;ie etwas fu&#x0364;r ihr Zeugniß bekommen oder zu hoffen? Ob alle Mit-<lb/>
zeugen eines unberu&#x0364;chteten ehrlichen Nahmens/ oder einigen Mi&#x017F;&#x017F;ethat<lb/>
&#x017F;chuldig wa&#x0364;ren/ und was &#x017F;on&#x017F;ten zur Warheit Erkundigung und des<lb/>
Be&#x017F;chuldigten Rettung dien&#x017F;am und no&#x0364;thig &#x017F;ey; Deßgleichen/ wie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G</fw><fw place="bottom" type="catch">Zeuge</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0056] Von gerichtlichem Beweiß und Kundſchafft. wie auch/ wann ein Mann fuͤr Gericht zu ſchaffen haͤtte/ der Armuth halber ſeine Sache nicht vollfuͤhren kan/ ſeine Armuth erweiſet und eydlich betheuret/ daß er nemlich ſo arm ſey/ daß er an allen beweg- und unbeweglichen Guͤtern/ liegend oder fahrenden Haabe/ noch Schulden und Gerechtigkeiten/ ſo viel nicht vermoͤge/ nothduͤrfftige Brieffe und Cantzley oder Gerichts-Gebuͤhr zu erlegen/ noch ſeinen Fuͤrſprecher zu belohnen/ daß er auch darum und dieſen Eyd zu leiſten ſeine Haabe und Guͤter gefaͤhrlicher Weiſe nicht veraͤuſſert/ noch andern uͤbergeben ha- be/ und ſo fern er ſeine Sachen mit Recht erhalten/ oder ſonſt zu beſ- ſerm Vermoͤgen kommen wuͤrde/ daß er alsdann jedern nach ſeiner Ge- buͤhr Bezahlung entrichten wolle/ alles treulich und ohne Gefehrde; Alsdann waͤre deren Armen Advocat ihm in dieſer Sache zu dienen umſonſt und ohne Entgelt ſeine rechtliche Nothdurfft fuͤrzubringen/ GOtt zu Ehren/ und um der Gerechtigkeit willen ſchuldig/ maſſen er dazu beſoldet/ billig gegeben und gerichtlich bey verordnet werden muß. Advocaten Pflicht bey ar- men Sachen. Caput VII. Von Zeugen Verhoͤr/ Ausſage und gericht- lichem Zeugniß. §. 1. WAnn Richter zwiſchen Klaͤger und Beklagten ohne Zeugen nicht ſchlichten kan/ ſo muß Gegentheil/ die Zeugen ſchweren zu hoͤren und zu ſehen/ eingeladen werden/ und Zeugen muͤſſen auch in buͤrger- und peinlichen Proceſſen vorhero billig citiret werden/ ihre Zeugniſſes Aus- ſage mit Vorbedacht und nuͤchtern abzulegen/ ſo wohl als Beklagter Zeugen in Eyd zu nehmen anſehen und hoͤren muß/ auff daß alles ohne Betrug und auffrichtig hergehen/ auch keiner Perſon Jrrthum vorfal- len moͤge; wann er einen Zeugen/ der ſein Feind waͤre/ als untuͤchtig etwa zu verwerffen geſonnen/ bevorab wann Beklagter ein unwiſſend einfaͤltiger Bauersmann oder des Lebens muͤde/ ſo ſoll man ihn am meiſten verthaͤdigen helffen. Zeugen Ver- hoͤrs Reguln. C. 41. X. de Teſt. c. 2. X. de Teſt. P. H. O. art. 65. 71. & 72. §. 2. Da denn fuͤrnehmlich insgemein alle Zeugen zu befragen/ ob ſie etwas fuͤr ihr Zeugniß bekommen oder zu hoffen? Ob alle Mit- zeugen eines unberuͤchteten ehrlichen Nahmens/ oder einigen Miſſethat ſchuldig waͤren/ und was ſonſten zur Warheit Erkundigung und des Beſchuldigten Rettung dienſam und noͤthig ſey; Deßgleichen/ wie Zeuge Zeugen Ver- hoͤrs allgemei- ne Frag-Stuͤ- cke. G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/56
Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/56>, abgerufen am 03.12.2024.