Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672.Abdanckungs-Sermon. Nunc ab his, qvos genui,Hauc cum fletu sum portatus, Vale, abi, recordare,Hora venit hinc migrare! Das ist: Siehe da mein lieber Leser/ ich bin der Schwann/ über Leid
Abdanckungs-Sermon. Nunc ab his, qvos genui,Hûc cum fletu ſum portatus, Vale, abi, recordare,Hora venit hinc migrare! Das iſt: Siehe da mein lieber Leſer/ ich bin der Schwann/ uͤber Leid
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Abdanckungs-Sermon.
Nunc ab his, qvos genui,
Hûc cum fletu ſum portatus,
Vale, abi, recordare,
Hora venit hinc migrare!
Das iſt: Siehe da mein lieber Leſer/ ich bin der Schwann/ uͤber
deſſen Natur man ſich in Leben gewundert/ den man ſeiner Tugend
wegen geliebet: Jtzo habe mich die/ ſo ich gezeuget/ hieher gleichſam
zu meinem Grabe getrage/ gehe hin/ lebe wohl/ gedencke daß es mit
dir auch einſten ein Ende nehmen werden: Nun geſtehe ich vor meine
Perſon gar gerne/ wenn man dieſe Begebenheit ſo lieſet oder anhoͤret/
ſo wollen die Umbſtaͤnde etwas harte auf einander lauten: Alleine wir
ſtellen es dahin, iſt es wahr/ ſo muß man wie aus allen Dingen/ alſo
auch hieraus/ GOttes Allmacht mit Verwunderung erkennen; iſts
aber nicht ſo/ ſo iſt doch zum wenigſten die Invention des Authoris zu
loben/ als welcher hierdurch auff etwas nachdruͤcklichers zielen wollen:
Heute zu Tage koͤnte man es anders und zwar auff mein propos ohn-
gefehr alſo deuten; Es finden ſich in der Welt an gottſeeliger Theodo-
ſiorum ihren Hoͤfen/ nicht allein großmuͤhtige Adler/ ſondern auch ver-
nuͤnfftige/ ſinnreiche/ und durch die Fittichen der Tugend ſich hoch-
ſchwingende Schwaͤne/ die da zwar den angeerbten ſchwartzen Adams-
Fleck/ von ihren Schnabel nicht abwiſchen koͤnnen/ im mittelſt aber
mit dem ſchneeweiſſen Glantze der Unſchuld/ Aufrichtigkeit und Gott-
ſeeligen Wandels Freund und Feind unter die Augen treten. Ereig-
net ſich in der Stille zu Zion ein Muſicaliſches Lob-Gethoͤne nicht dem
Baal und Dagon/ ſondern dem lebendigen GOtt zu Ehren/ ſo dich-
tet dann ein ſolches Hertz ein feines Lied in ſeinen Gedancken/ da denn
die Linien des Glaubens auff nichts anders als die weiſſe Unſchuld
JESU CHRJSTJ muͤſſen gezogen ſeyn: Geſchichts nun daß
der Todt einen ſolchen Zierath des Hodes und Schmuck ſeiner Kir-
chen hinweg nimmet/ ſo weinen Fuͤrſten und Gewaltige/ es tragen
Leid
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