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Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672.

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Die köstlichste Arbeit.
lischen? Johan Weiße/ ein frommer/ alter/ gelehrter man/ (wie
Spangenberg gedenckt par. 3. cyth. Luth. f. 8.) pflegte offters zu sagen:
wen Lutherus mehr nichts gethan hätte/ den das er nur das Vater un-
ser/ wie wirs itzt singen/ in gesangweise gebracht/ so hätte er doch damit
eine bessere und nützlichere arbeit gethan/ den alle Gelehrte im Pabstum
mit allen ihren grossen büchern; dafür ihm auch die welt nicht gnugsam
dancken kan. Ein anderer frommer Alte/ da er das lied/ komt her zu
mir/ spricht GOttes Sohn/ hörete singen/ kunte sich der threnen
nicht enthalten/ sagende; ach lieben kinder/ lieben kinder! wie seelige
Zeit habt ihr doch erlebet! wen meine ältern diese worte für ihrem ende
gehöret hetten/ wie wär ihr Hertz so freudig worden! (Herberg. domin.
13. Trin.)
Was für hertzliche krafft in des Seel. D. Ebers liede (HErr
JEsu CHrist waar menschen und GOtt/) verborgen liege/ erfahren
täglich/ und habens auch hiebevor erfahren/ viel fromme Hertzen.
Der löbliche Fürst Joachim zu Anhalt hatte nicht nur für seine person
gar innigliche ergötzung drüber/ wie ers zu erst bekam/ sondern betete es
täglich/ lernete es auswendig/ und verordnete auch/ das mans alle son-
tag nach gehaltener Predigt von der Cantzel lesen muste/ auch zu Des-
sau und in allen Kirchen seiner lande lies ers wöchentlich einmahl sin-
gen. (v. Berman 2. theil der sterb. exem. p. 169.) Was für krafft bei
besessenen/ auch bei wichtigen amtsgeschäfften/ das lied/ GOtt der Va-
ter wohn uns bei/ mehrmahlen erwiesen/ wird in angeführten orte mit
mehrern erzehlet p. 170. seqq. Also das lied/ Christum wir sollen
loben schon/ machte den angefochtenen Herrn Lutherum gleichsam
wider lebendig/ da er vor unmuth vorher nicht wuste/ was in solcher
noth für zu nehmen. Wohl dem/ der sich solche und dergleichen geistrei-
che lieder lässet lieb seyn! Wohl dem/ der des HErren Rechte als
sein lied in seinem Hause immerdar treibet! ach es kömt eine Zeit/ da
man solche artznei gewaltig wohl geniessen kan. Wie thut sich da in
Kranckheiten/ bekümmernüssen und andern harten Zuständen/ manch-
mahl ein unvermuthetes freudenblicklein herfür/ ein trost/ den man sonst

nimmer-

Die koͤſtlichſte Arbeit.
liſchen? Johan Weiße/ ein frommer/ alter/ gelehrter man/ (wie
Spangenberg gedenckt par. 3. cyth. Luth. f. 8.) pflegte offters zu ſagen:
wen Lutherus mehr nichts gethan haͤtte/ den das er nur das Vater un-
ſer/ wie wirs itzt ſingen/ in geſangweiſe gebracht/ ſo haͤtte er doch damit
eine beſſere und nuͤtzlichere arbeit gethan/ den alle Gelehrte im Pabſtum
mit allen ihren groſſen buͤchern; dafuͤr ihm auch die welt nicht gnugſam
dancken kan. Ein anderer frommer Alte/ da er das lied/ komt her zu
mir/ ſpricht GOttes Sohn/ hoͤrete ſingen/ kunte ſich der threnen
nicht enthalten/ ſagende; ach lieben kinder/ lieben kinder! wie ſeelige
Zeit habt ihr doch erlebet! wen meine aͤltern dieſe worte fuͤr ihrem ende
gehoͤret hetten/ wie waͤr ihr Hertz ſo freudig worden! (Herberg. domin.
13. Trin.)
Was fuͤr hertzliche krafft in des Seel. D. Ebers liede (HErr
JEſu CHriſt waar menſchen und GOtt/) verborgen liege/ erfahren
taͤglich/ und habens auch hiebevor erfahren/ viel fromme Hertzen.
Der loͤbliche Fuͤrſt Joachim zu Anhalt hatte nicht nur fuͤr ſeine perſon
gar innigliche ergoͤtzung druͤber/ wie ers zu erſt bekam/ ſondern betete es
taͤglich/ lernete es auswendig/ und verordnete auch/ das mans alle ſon-
tag nach gehaltener Predigt von der Cantzel leſen muſte/ auch zu Deſ-
ſau und in allen Kirchen ſeiner lande lies ers woͤchentlich einmahl ſin-
gen. (v. Berman 2. theil der ſterb. exem. p. 169.) Was fuͤr krafft bei
beſeſſenen/ auch bei wichtigen amtsgeſchaͤfften/ das lied/ GOtt der Va-
ter wohn uns bei/ mehrmahlen erwieſen/ wird in angefuͤhrten orte mit
mehrern erzehlet p. 170. ſeqq. Alſo das lied/ Chriſtum wir ſollen
loben ſchon/ machte den angefochtenen Herrn Lutherum gleichſam
wider lebendig/ da er vor unmuth vorher nicht wuſte/ was in ſolcher
noth fuͤr zu nehmen. Wohl dem/ der ſich ſolche und dergleichen geiſtrei-
che lieder laͤſſet lieb ſeyn! Wohl dem/ der des HErren Rechte als
ſein lied in ſeinem Hauſe immerdar treibet! ach es koͤmt eine Zeit/ da
man ſolche artznei gewaltig wohl genieſſen kan. Wie thut ſich da in
Kranckheiten/ bekuͤmmernuͤſſen und andern harten Zuſtaͤnden/ manch-
mahl ein unvermuthetes freudenblicklein herfuͤr/ ein troſt/ den man ſonſt

nimmer-
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[0035] Die koͤſtlichſte Arbeit. liſchen? Johan Weiße/ ein frommer/ alter/ gelehrter man/ (wie Spangenberg gedenckt par. 3. cyth. Luth. f. 8.) pflegte offters zu ſagen: wen Lutherus mehr nichts gethan haͤtte/ den das er nur das Vater un- ſer/ wie wirs itzt ſingen/ in geſangweiſe gebracht/ ſo haͤtte er doch damit eine beſſere und nuͤtzlichere arbeit gethan/ den alle Gelehrte im Pabſtum mit allen ihren groſſen buͤchern; dafuͤr ihm auch die welt nicht gnugſam dancken kan. Ein anderer frommer Alte/ da er das lied/ komt her zu mir/ ſpricht GOttes Sohn/ hoͤrete ſingen/ kunte ſich der threnen nicht enthalten/ ſagende; ach lieben kinder/ lieben kinder! wie ſeelige Zeit habt ihr doch erlebet! wen meine aͤltern dieſe worte fuͤr ihrem ende gehoͤret hetten/ wie waͤr ihr Hertz ſo freudig worden! (Herberg. domin. 13. Trin.) Was fuͤr hertzliche krafft in des Seel. D. Ebers liede (HErr JEſu CHriſt waar menſchen und GOtt/) verborgen liege/ erfahren taͤglich/ und habens auch hiebevor erfahren/ viel fromme Hertzen. Der loͤbliche Fuͤrſt Joachim zu Anhalt hatte nicht nur fuͤr ſeine perſon gar innigliche ergoͤtzung druͤber/ wie ers zu erſt bekam/ ſondern betete es taͤglich/ lernete es auswendig/ und verordnete auch/ das mans alle ſon- tag nach gehaltener Predigt von der Cantzel leſen muſte/ auch zu Deſ- ſau und in allen Kirchen ſeiner lande lies ers woͤchentlich einmahl ſin- gen. (v. Berman 2. theil der ſterb. exem. p. 169.) Was fuͤr krafft bei beſeſſenen/ auch bei wichtigen amtsgeſchaͤfften/ das lied/ GOtt der Va- ter wohn uns bei/ mehrmahlen erwieſen/ wird in angefuͤhrten orte mit mehrern erzehlet p. 170. ſeqq. Alſo das lied/ Chriſtum wir ſollen loben ſchon/ machte den angefochtenen Herrn Lutherum gleichſam wider lebendig/ da er vor unmuth vorher nicht wuſte/ was in ſolcher noth fuͤr zu nehmen. Wohl dem/ der ſich ſolche und dergleichen geiſtrei- che lieder laͤſſet lieb ſeyn! Wohl dem/ der des HErren Rechte als ſein lied in ſeinem Hauſe immerdar treibet! ach es koͤmt eine Zeit/ da man ſolche artznei gewaltig wohl genieſſen kan. Wie thut ſich da in Kranckheiten/ bekuͤmmernuͤſſen und andern harten Zuſtaͤnden/ manch- mahl ein unvermuthetes freudenblicklein herfuͤr/ ein troſt/ den man ſonſt nimmer-

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Zitationshilfe: Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geier_schuetz_1672/35>, abgerufen am 29.03.2024.