Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>


Ich komme nun auf die Versuche über die Zerlegung des Wassers. Diese schreiben sich ganz aus Frankreich, größtentheils von Lavoisier selbst her, welcher gleich bey den ersten Anwendungen der Wassererzeugung auf sein System die Nothwendigkeit fühlte, einen Satz, der für dasselbe so wichtig war, nicht blos aus der Synthesis zu folgern, sondern auch durch die Analysis zu bestätigen. Die ersten Proben waren noch sehr unvollkommen (s. Journ. de phys. Dec. 1783. und daraus im Gothaischen Magazin für das Neueste rc. II. Band, 4tes St. S. 91. 92.). Er brachte in ein mit Quecksilber gefülltes und in Quecksilber umgestürztes Glas etwas Wasser mit sehr reiner unverrosteter Stahlfeile. Nach den ersten 24 Stunden fieng das Eisen an zu rosten, oder sich zu verkalken, und es entwickelte sich zugleich etwas brennbare Luft. Nach der Trocknung fand man das Gewicht des Eisens vermehrt. Hieraus ward geschlossen, das Wasser sey in zween Bestandtheile zerlegt worden, der Sauerstoff habe das Eisen verkalkt, und der Wasserstoff die Gestalt der brennbaren Luft angenommen. Man sieht in diesem Versuche blos die schon bekannten Phänomene der Verkalkung, und in der Folgerung nur die Art, wie sie Lavoisier erkläret.

Bald nachher aber wurden die genauern, im Art. Wasser (Th. IV. S. 648 u. f.) erzählten Versuche über die Zerlegung des Wassers durch Eisen und Kohle bekannt, welche die Herren Lavoisier und de la Place im Jahre 1783. angestellt hatten (s. Mem. ou l'on prouve, que l'eau n'est pas une substance simple, in den Mem. de Paris. 1781, welcher Band erst 1784. herausgekommen ist). Diese Versuche waren mit einem genauen Calcul belegt, aus dem sich ergab, daß man 100 Theile Wasser in 85 Theile Oxygen und 15 Theile Hydrogen, dem Gewichte nach, zerlegen könne.

Der erste, der diesen Versuchen widersprach, war Herr de la Metherie (Journ. de phys. Janv. 1784.). Er läugnete das Factum der Zersetzung des Wassers durch Eisen, weil man nach seinen Versuchen keine brennbare Luft erhalte, wenn man Wasser über Eisenfeile hinweggehen


Ich komme nun auf die Verſuche uͤber die Zerlegung des Waſſers. Dieſe ſchreiben ſich ganz aus Frankreich, groͤßtentheils von Lavoiſier ſelbſt her, welcher gleich bey den erſten Anwendungen der Waſſererzeugung auf ſein Syſtem die Nothwendigkeit fuͤhlte, einen Satz, der fuͤr daſſelbe ſo wichtig war, nicht blos aus der Syntheſis zu folgern, ſondern auch durch die Analyſis zu beſtaͤtigen. Die erſten Proben waren noch ſehr unvollkommen (ſ. Journ. de phyſ. Dec. 1783. und daraus im Gothaiſchen Magazin fuͤr das Neueſte rc. II. Band, 4tes St. S. 91. 92.). Er brachte in ein mit Queckſilber gefuͤlltes und in Queckſilber umgeſtuͤrztes Glas etwas Waſſer mit ſehr reiner unverroſteter Stahlfeile. Nach den erſten 24 Stunden fieng das Eiſen an zu roſten, oder ſich zu verkalken, und es entwickelte ſich zugleich etwas brennbare Luft. Nach der Trocknung fand man das Gewicht des Eiſens vermehrt. Hieraus ward geſchloſſen, das Waſſer ſey in zween Beſtandtheile zerlegt worden, der Sauerſtoff habe das Eiſen verkalkt, und der Waſſerſtoff die Geſtalt der brennbaren Luft angenommen. Man ſieht in dieſem Verſuche blos die ſchon bekannten Phaͤnomene der Verkalkung, und in der Folgerung nur die Art, wie ſie Lavoiſier erklaͤret.

Bald nachher aber wurden die genauern, im Art. Waſſer (Th. IV. S. 648 u. f.) erzaͤhlten Verſuche uͤber die Zerlegung des Waſſers durch Eiſen und Kohle bekannt, welche die Herren Lavoiſier und de la Place im Jahre 1783. angeſtellt hatten (ſ. Mém. ou l'on prouve, que l'eau n'eſt pas une ſubſtance ſimple, in den Mém. de Paris. 1781, welcher Band erſt 1784. herausgekommen iſt). Dieſe Verſuche waren mit einem genauen Calcul belegt, aus dem ſich ergab, daß man 100 Theile Waſſer in 85 Theile Oxygen und 15 Theile Hydrogen, dem Gewichte nach, zerlegen koͤnne.

Der erſte, der dieſen Verſuchen widerſprach, war Herr de la Metherie (Journ. de phyſ. Janv. 1784.). Er laͤugnete das Factum der Zerſetzung des Waſſers durch Eiſen, weil man nach ſeinen Verſuchen keine brennbare Luft erhalte, wenn man Waſſer uͤber Eiſenfeile hinweggehen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p>
                <pb facs="#f0999" xml:id="P.5.987" n="987"/><lb/>
              </p>
              <p>Ich komme nun auf die Ver&#x017F;uche u&#x0364;ber die <hi rendition="#b">Zerlegung</hi> des Wa&#x017F;&#x017F;ers. Die&#x017F;e &#x017F;chreiben &#x017F;ich ganz aus Frankreich, gro&#x0364;ßtentheils von <hi rendition="#b">Lavoi&#x017F;ier</hi> &#x017F;elb&#x017F;t her, welcher gleich bey den er&#x017F;ten Anwendungen der Wa&#x017F;&#x017F;ererzeugung auf &#x017F;ein Sy&#x017F;tem die Nothwendigkeit fu&#x0364;hlte, einen Satz, der fu&#x0364;r da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;o wichtig war, nicht blos aus der Synthe&#x017F;is zu folgern, &#x017F;ondern auch durch die Analy&#x017F;is zu be&#x017F;ta&#x0364;tigen. Die er&#x017F;ten Proben waren noch &#x017F;ehr unvollkommen (&#x017F;. <hi rendition="#aq">Journ. de phy&#x017F;. Dec. 1783.</hi> und daraus im Gothai&#x017F;chen Magazin fu&#x0364;r das Neue&#x017F;te rc. <hi rendition="#aq">II.</hi> Band, 4tes St. S. 91. 92.). Er brachte in ein mit Queck&#x017F;ilber gefu&#x0364;lltes und in Queck&#x017F;ilber umge&#x017F;tu&#x0364;rztes Glas etwas Wa&#x017F;&#x017F;er mit &#x017F;ehr reiner unverro&#x017F;teter Stahlfeile. Nach den er&#x017F;ten 24 Stunden fieng das Ei&#x017F;en an zu ro&#x017F;ten, oder &#x017F;ich zu verkalken, und es entwickelte &#x017F;ich zugleich etwas brennbare Luft. Nach der Trocknung fand man das Gewicht des Ei&#x017F;ens vermehrt. Hieraus ward ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey in zween Be&#x017F;tandtheile zerlegt worden, der Sauer&#x017F;toff habe das Ei&#x017F;en verkalkt, und der Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff die Ge&#x017F;talt der brennbaren Luft angenommen. Man &#x017F;ieht in die&#x017F;em Ver&#x017F;uche blos die &#x017F;chon bekannten Pha&#x0364;nomene der Verkalkung, und in der Folgerung nur die Art, wie &#x017F;ie <hi rendition="#b">Lavoi&#x017F;ier</hi> erkla&#x0364;ret.</p>
              <p>Bald nachher aber wurden die genauern, im Art. <hi rendition="#b">Wa&#x017F;&#x017F;er</hi> (Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 648 u. f.) erza&#x0364;hlten Ver&#x017F;uche u&#x0364;ber die Zerlegung des Wa&#x017F;&#x017F;ers durch Ei&#x017F;en und Kohle bekannt, welche die Herren <hi rendition="#b">Lavoi&#x017F;ier</hi> und <hi rendition="#b">de la Place</hi> im Jahre 1783. ange&#x017F;tellt hatten (&#x017F;. <hi rendition="#aq">Mém. ou l'on prouve, que l'eau n'e&#x017F;t pas une &#x017F;ub&#x017F;tance &#x017F;imple,</hi> in den <hi rendition="#aq">Mém. de Paris. 1781,</hi> welcher Band er&#x017F;t 1784. herausgekommen i&#x017F;t). Die&#x017F;e Ver&#x017F;uche waren mit einem genauen Calcul belegt, aus dem &#x017F;ich ergab, daß man 100 Theile Wa&#x017F;&#x017F;er in 85 Theile Oxygen und 15 Theile Hydrogen, dem Gewichte nach, zerlegen ko&#x0364;nne.</p>
              <p>Der er&#x017F;te, der die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen wider&#x017F;prach, war Herr <hi rendition="#b">de la Metherie</hi> <hi rendition="#aq">(Journ. de phy&#x017F;. Janv. 1784.).</hi> Er la&#x0364;ugnete das Factum der Zer&#x017F;etzung des Wa&#x017F;&#x017F;ers durch Ei&#x017F;en, weil man nach &#x017F;einen Ver&#x017F;uchen keine brennbare Luft erhalte, wenn man Wa&#x017F;&#x017F;er u&#x0364;ber Ei&#x017F;enfeile hinweggehen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[987/0999] Ich komme nun auf die Verſuche uͤber die Zerlegung des Waſſers. Dieſe ſchreiben ſich ganz aus Frankreich, groͤßtentheils von Lavoiſier ſelbſt her, welcher gleich bey den erſten Anwendungen der Waſſererzeugung auf ſein Syſtem die Nothwendigkeit fuͤhlte, einen Satz, der fuͤr daſſelbe ſo wichtig war, nicht blos aus der Syntheſis zu folgern, ſondern auch durch die Analyſis zu beſtaͤtigen. Die erſten Proben waren noch ſehr unvollkommen (ſ. Journ. de phyſ. Dec. 1783. und daraus im Gothaiſchen Magazin fuͤr das Neueſte rc. II. Band, 4tes St. S. 91. 92.). Er brachte in ein mit Queckſilber gefuͤlltes und in Queckſilber umgeſtuͤrztes Glas etwas Waſſer mit ſehr reiner unverroſteter Stahlfeile. Nach den erſten 24 Stunden fieng das Eiſen an zu roſten, oder ſich zu verkalken, und es entwickelte ſich zugleich etwas brennbare Luft. Nach der Trocknung fand man das Gewicht des Eiſens vermehrt. Hieraus ward geſchloſſen, das Waſſer ſey in zween Beſtandtheile zerlegt worden, der Sauerſtoff habe das Eiſen verkalkt, und der Waſſerſtoff die Geſtalt der brennbaren Luft angenommen. Man ſieht in dieſem Verſuche blos die ſchon bekannten Phaͤnomene der Verkalkung, und in der Folgerung nur die Art, wie ſie Lavoiſier erklaͤret. Bald nachher aber wurden die genauern, im Art. Waſſer (Th. IV. S. 648 u. f.) erzaͤhlten Verſuche uͤber die Zerlegung des Waſſers durch Eiſen und Kohle bekannt, welche die Herren Lavoiſier und de la Place im Jahre 1783. angeſtellt hatten (ſ. Mém. ou l'on prouve, que l'eau n'eſt pas une ſubſtance ſimple, in den Mém. de Paris. 1781, welcher Band erſt 1784. herausgekommen iſt). Dieſe Verſuche waren mit einem genauen Calcul belegt, aus dem ſich ergab, daß man 100 Theile Waſſer in 85 Theile Oxygen und 15 Theile Hydrogen, dem Gewichte nach, zerlegen koͤnne. Der erſte, der dieſen Verſuchen widerſprach, war Herr de la Metherie (Journ. de phyſ. Janv. 1784.). Er laͤugnete das Factum der Zerſetzung des Waſſers durch Eiſen, weil man nach ſeinen Verſuchen keine brennbare Luft erhalte, wenn man Waſſer uͤber Eiſenfeile hinweggehen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/999
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 987. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/999>, abgerufen am 18.05.2024.