Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


lasse. Wichtigere Einwürfe setzten diesen Versuchen Fontana, Priestley, und unter den Deutschen Westrumb, Achard, Klaproth rc. entgegen, wovon der wesentlichste dieser ist, daß die Zerlegung des Wassers von den Antiphlogistikern nicht durch das Factum selbst, sondern erst durch die angenommene Erklärung erwiesen wird, s. den Art. Wasser, Th. IV. S. 653.

Da von Einigen die Versuche selbst bezweifelt wurden, so suchte man ihnen durch öffentliche Anstellung Bestätigung zu geben. Das merkwürdigste Experiment dieser Art war nach Herrn Girtanners Erzählung folgendes. Man füllte einen Flintenlauf mit dickem Eisendrath an, welcher vorher mit dem Hammer war breit geschlagen worden. Dieser Flintenlauf wurde mit dem Drathe sorgfältig gewogen, mit einem Kütt überzogen, und in einer schiefen Stellung in einen Ofen gelegt. Seine obere Oefnung ward mit einem großen Trichter verbunden, der voll Wasser war, dieses aber nur tropfenweise, durch eine sehr enge Oefnung mit einem Hahne, durchließ. Oben war der Trichter verschlossen, um des Ausdünsten des Wassers zu verhüten. Am untern Ende des Flintenlaufs war eine tubulirte Vorlage angebracht, um das nicht zerlegte Wasser aufzufangen. Aus der Vorlage gieng eine gläserne Röhre unter die zum Auffangen der Gasarten bestimmten Gefäße. Um den Versuch desto entscheidender zu machen, ward vor demselben der ganze Apparat luftleer gepumpt, hierauf das Feuer angezündet, und der Flintenlauf glühend gemacht. Dann ließ man das Wasser aus dem Trichter tropfenweise in denselben. Es entwickelte sich eine große Menge brennbarer Luft. Nach geendigtem Versuche ward der Flintenlauf aus dem Ofen genommen, und, nachdem der Kütt rein abgeschlagen war, gewogen. Er hatte am Gewicht merklich zugenommen, und diese Zunahme zu dem Gewichte der brennbaren Luft addirt, war ziemlich genau dem Gewichte des zersetzten Wassers gleich. Der Eisendrath darin und die innere Seite des Flintenlaufs selbst waren ganz in schwarzen Eisenkalk verwandelt, welcher schön krystallisirt war, und wie das Eisenerz von der Insel Elba aussahe. Die durch


laſſe. Wichtigere Einwuͤrfe ſetzten dieſen Verſuchen Fontana, Prieſtley, und unter den Deutſchen Weſtrumb, Achard, Klaproth rc. entgegen, wovon der weſentlichſte dieſer iſt, daß die Zerlegung des Waſſers von den Antiphlogiſtikern nicht durch das Factum ſelbſt, ſondern erſt durch die angenommene Erklaͤrung erwieſen wird, ſ. den Art. Waſſer, Th. IV. S. 653.

Da von Einigen die Verſuche ſelbſt bezweifelt wurden, ſo ſuchte man ihnen durch oͤffentliche Anſtellung Beſtaͤtigung zu geben. Das merkwuͤrdigſte Experiment dieſer Art war nach Herrn Girtanners Erzaͤhlung folgendes. Man fuͤllte einen Flintenlauf mit dickem Eiſendrath an, welcher vorher mit dem Hammer war breit geſchlagen worden. Dieſer Flintenlauf wurde mit dem Drathe ſorgfaͤltig gewogen, mit einem Kuͤtt uͤberzogen, und in einer ſchiefen Stellung in einen Ofen gelegt. Seine obere Oefnung ward mit einem großen Trichter verbunden, der voll Waſſer war, dieſes aber nur tropfenweiſe, durch eine ſehr enge Oefnung mit einem Hahne, durchließ. Oben war der Trichter verſchloſſen, um des Ausduͤnſten des Waſſers zu verhuͤten. Am untern Ende des Flintenlaufs war eine tubulirte Vorlage angebracht, um das nicht zerlegte Waſſer aufzufangen. Aus der Vorlage gieng eine glaͤſerne Roͤhre unter die zum Auffangen der Gasarten beſtimmten Gefaͤße. Um den Verſuch deſto entſcheidender zu machen, ward vor demſelben der ganze Apparat luftleer gepumpt, hierauf das Feuer angezuͤndet, und der Flintenlauf gluͤhend gemacht. Dann ließ man das Waſſer aus dem Trichter tropfenweiſe in denſelben. Es entwickelte ſich eine große Menge brennbarer Luft. Nach geendigtem Verſuche ward der Flintenlauf aus dem Ofen genommen, und, nachdem der Kuͤtt rein abgeſchlagen war, gewogen. Er hatte am Gewicht merklich zugenommen, und dieſe Zunahme zu dem Gewichte der brennbaren Luft addirt, war ziemlich genau dem Gewichte des zerſetzten Waſſers gleich. Der Eiſendrath darin und die innere Seite des Flintenlaufs ſelbſt waren ganz in ſchwarzen Eiſenkalk verwandelt, welcher ſchoͤn kryſtalliſirt war, und wie das Eiſenerz von der Inſel Elba ausſahe. Die durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f1000" xml:id="P.5.988" n="988"/><lb/>
la&#x017F;&#x017F;e. Wichtigere Einwu&#x0364;rfe &#x017F;etzten die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen <hi rendition="#b">Fontana, Prie&#x017F;tley,</hi> und unter den Deut&#x017F;chen <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb, Achard, Klaproth</hi> rc. entgegen, wovon der we&#x017F;entlich&#x017F;te die&#x017F;er i&#x017F;t, daß die Zerlegung des Wa&#x017F;&#x017F;ers von den Antiphlogi&#x017F;tikern nicht durch das Factum &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern er&#x017F;t durch die angenommene Erkla&#x0364;rung erwie&#x017F;en wird, &#x017F;. den Art. <hi rendition="#b">Wa&#x017F;&#x017F;er,</hi> Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 653.</p>
              <p>Da von Einigen die Ver&#x017F;uche &#x017F;elb&#x017F;t bezweifelt wurden, &#x017F;o &#x017F;uchte man ihnen durch o&#x0364;ffentliche An&#x017F;tellung Be&#x017F;ta&#x0364;tigung zu geben. Das merkwu&#x0364;rdig&#x017F;te Experiment die&#x017F;er Art war nach Herrn <hi rendition="#b">Girtanners</hi> Erza&#x0364;hlung folgendes. Man fu&#x0364;llte einen Flintenlauf mit dickem Ei&#x017F;endrath an, welcher vorher mit dem Hammer war breit ge&#x017F;chlagen worden. Die&#x017F;er Flintenlauf wurde mit dem Drathe &#x017F;orgfa&#x0364;ltig gewogen, mit einem Ku&#x0364;tt u&#x0364;berzogen, und in einer &#x017F;chiefen Stellung in einen Ofen gelegt. Seine obere Oefnung ward mit einem großen Trichter verbunden, der voll Wa&#x017F;&#x017F;er war, die&#x017F;es aber nur tropfenwei&#x017F;e, durch eine &#x017F;ehr enge Oefnung mit einem Hahne, durchließ. Oben war der Trichter ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, um des Ausdu&#x0364;n&#x017F;ten des Wa&#x017F;&#x017F;ers zu verhu&#x0364;ten. Am untern Ende des Flintenlaufs war eine tubulirte Vorlage angebracht, um das nicht zerlegte Wa&#x017F;&#x017F;er aufzufangen. Aus der Vorlage gieng eine gla&#x0364;&#x017F;erne Ro&#x0364;hre unter die zum Auffangen der Gasarten be&#x017F;timmten Gefa&#x0364;ße. Um den Ver&#x017F;uch de&#x017F;to ent&#x017F;cheidender zu machen, ward vor dem&#x017F;elben der ganze Apparat luftleer gepumpt, hierauf das Feuer angezu&#x0364;ndet, und der Flintenlauf glu&#x0364;hend gemacht. Dann ließ man das Wa&#x017F;&#x017F;er aus dem Trichter tropfenwei&#x017F;e in den&#x017F;elben. Es entwickelte &#x017F;ich eine große Menge brennbarer Luft. Nach geendigtem Ver&#x017F;uche ward der Flintenlauf aus dem Ofen genommen, und, nachdem der Ku&#x0364;tt rein abge&#x017F;chlagen war, gewogen. Er hatte am Gewicht merklich zugenommen, und die&#x017F;e Zunahme zu dem Gewichte der brennbaren Luft addirt, war ziemlich genau dem Gewichte des zer&#x017F;etzten Wa&#x017F;&#x017F;ers gleich. Der Ei&#x017F;endrath darin und die innere Seite des Flintenlaufs &#x017F;elb&#x017F;t waren ganz in &#x017F;chwarzen Ei&#x017F;enkalk verwandelt, welcher &#x017F;cho&#x0364;n kry&#x017F;talli&#x017F;irt war, und wie das Ei&#x017F;enerz von der In&#x017F;el Elba aus&#x017F;ahe. Die durch<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[988/1000] laſſe. Wichtigere Einwuͤrfe ſetzten dieſen Verſuchen Fontana, Prieſtley, und unter den Deutſchen Weſtrumb, Achard, Klaproth rc. entgegen, wovon der weſentlichſte dieſer iſt, daß die Zerlegung des Waſſers von den Antiphlogiſtikern nicht durch das Factum ſelbſt, ſondern erſt durch die angenommene Erklaͤrung erwieſen wird, ſ. den Art. Waſſer, Th. IV. S. 653. Da von Einigen die Verſuche ſelbſt bezweifelt wurden, ſo ſuchte man ihnen durch oͤffentliche Anſtellung Beſtaͤtigung zu geben. Das merkwuͤrdigſte Experiment dieſer Art war nach Herrn Girtanners Erzaͤhlung folgendes. Man fuͤllte einen Flintenlauf mit dickem Eiſendrath an, welcher vorher mit dem Hammer war breit geſchlagen worden. Dieſer Flintenlauf wurde mit dem Drathe ſorgfaͤltig gewogen, mit einem Kuͤtt uͤberzogen, und in einer ſchiefen Stellung in einen Ofen gelegt. Seine obere Oefnung ward mit einem großen Trichter verbunden, der voll Waſſer war, dieſes aber nur tropfenweiſe, durch eine ſehr enge Oefnung mit einem Hahne, durchließ. Oben war der Trichter verſchloſſen, um des Ausduͤnſten des Waſſers zu verhuͤten. Am untern Ende des Flintenlaufs war eine tubulirte Vorlage angebracht, um das nicht zerlegte Waſſer aufzufangen. Aus der Vorlage gieng eine glaͤſerne Roͤhre unter die zum Auffangen der Gasarten beſtimmten Gefaͤße. Um den Verſuch deſto entſcheidender zu machen, ward vor demſelben der ganze Apparat luftleer gepumpt, hierauf das Feuer angezuͤndet, und der Flintenlauf gluͤhend gemacht. Dann ließ man das Waſſer aus dem Trichter tropfenweiſe in denſelben. Es entwickelte ſich eine große Menge brennbarer Luft. Nach geendigtem Verſuche ward der Flintenlauf aus dem Ofen genommen, und, nachdem der Kuͤtt rein abgeſchlagen war, gewogen. Er hatte am Gewicht merklich zugenommen, und dieſe Zunahme zu dem Gewichte der brennbaren Luft addirt, war ziemlich genau dem Gewichte des zerſetzten Waſſers gleich. Der Eiſendrath darin und die innere Seite des Flintenlaufs ſelbſt waren ganz in ſchwarzen Eiſenkalk verwandelt, welcher ſchoͤn kryſtalliſirt war, und wie das Eiſenerz von der Inſel Elba ausſahe. Die durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1000
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 988. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1000>, abgerufen am 23.11.2024.