Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


ward, wurde es gänzlich mit Wasser angefüllt. Er wiederholte den Versuch mehrmals unter ähnlichen Umständen, und alles verhielt sich eben so.

Er füllte endlich die Geräthschaft nochmals mit Lebensluft aus dem Quecksilberkalk, that zwey Loth von dem Rosischen leichtflüßigen Metallgemische aus Wismuth, Zinn und Bley hinein, und unterhielt dasselbe zwey Stunden über der lebhasten Flamme einer Argandischen Lampe, wobey es öfters geschüttelt und das Schraubenleder von Zeit zu Zeit vermittelst eines Pinsels mit Wasser angefeuchtet wurde. Nach dieser Zeit wurde der Kolben unter dem Wasser geöfnet, und das Wasser stieg ebenfalls mit Heftigkeit hinein. Der Kolben war aber nur auf ohngefähr zwey Drittel mit Wasser angefüllt. Weil Herr G. bey diesem Versuche die übriggebliebene Luft nicht geprüft hatte, so wiederholte er denselben noch einmal unter ähnlichen Umständen, fand aber, daß die nach dem Hineinströmen des Wassers übriggebliebene Luft noch sehr gute Lebensluft war, und ward dadurch überzeugt, daß bey längerer Fortsetzung des Versuchs auch diese würde verzehrt worden seyn. Er hielt nicht für nöthig, diese Versuche weiter zu treiben, da zu eben der Zeit auch Hr. Prof. Hildebrand (von Crell chem. Ann. 1793. St. 8. S. 99.) das fast gänzliche Verschwinden der reinen Luft ebenfalls durch das Entzünden einer Stahlfeder bewirkt hatte.

Diese Versuche sind so entscheidend, daß sie die phlogistischen Systeme in diesem Punkte gänzlich widerlegen. Sie überzeugten selbst Herrn Gren, der sie wiederholte, und bewogen ihn, öffentlich zu erklären (s. Schreiben an Westrumb in v. Crell chem. Ann. 1793. St. 10. S. 342. Antwort an Herrn von Mons in Brüssel, vom 12. Dec. 1793. im Journal der Phys. B. VIII. S. 15.), "daß er das "bisherige phlogistische System verlasse. Ob es mir gleich, "dies sind seine Worte, nur einmal gelungen ist, eine solche "Luft darzustellen, die beym Verbrennen des Phosphors "darinn ganz und gar zersetzt wurde, so ist mir dieses "doch hinreichend zur Ueberzeugung, daß, wenn "sich in diesen und ähnlichen Processen ein Rückstand von


ward, wurde es gaͤnzlich mit Waſſer angefuͤllt. Er wiederholte den Verſuch mehrmals unter aͤhnlichen Umſtaͤnden, und alles verhielt ſich eben ſo.

Er fuͤllte endlich die Geraͤthſchaft nochmals mit Lebensluft aus dem Queckſilberkalk, that zwey Loth von dem Roſiſchen leichtfluͤßigen Metallgemiſche aus Wismuth, Zinn und Bley hinein, und unterhielt daſſelbe zwey Stunden uͤber der lebhaſten Flamme einer Argandiſchen Lampe, wobey es oͤfters geſchuͤttelt und das Schraubenleder von Zeit zu Zeit vermittelſt eines Pinſels mit Waſſer angefeuchtet wurde. Nach dieſer Zeit wurde der Kolben unter dem Waſſer geoͤfnet, und das Waſſer ſtieg ebenfalls mit Heftigkeit hinein. Der Kolben war aber nur auf ohngefaͤhr zwey Drittel mit Waſſer angefuͤllt. Weil Herr G. bey dieſem Verſuche die uͤbriggebliebene Luft nicht gepruͤft hatte, ſo wiederholte er denſelben noch einmal unter aͤhnlichen Umſtaͤnden, fand aber, daß die nach dem Hineinſtroͤmen des Waſſers uͤbriggebliebene Luft noch ſehr gute Lebensluft war, und ward dadurch uͤberzeugt, daß bey laͤngerer Fortſetzung des Verſuchs auch dieſe wuͤrde verzehrt worden ſeyn. Er hielt nicht fuͤr noͤthig, dieſe Verſuche weiter zu treiben, da zu eben der Zeit auch Hr. Prof. Hildebrand (von Crell chem. Ann. 1793. St. 8. S. 99.) das faſt gaͤnzliche Verſchwinden der reinen Luft ebenfalls durch das Entzuͤnden einer Stahlfeder bewirkt hatte.

Dieſe Verſuche ſind ſo entſcheidend, daß ſie die phlogiſtiſchen Syſteme in dieſem Punkte gaͤnzlich widerlegen. Sie uͤberzeugten ſelbſt Herrn Gren, der ſie wiederholte, und bewogen ihn, oͤffentlich zu erklaͤren (ſ. Schreiben an Weſtrumb in v. Crell chem. Ann. 1793. St. 10. S. 342. Antwort an Herrn von Mons in Bruͤſſel, vom 12. Dec. 1793. im Journal der Phyſ. B. VIII. S. 15.), ”daß er das ”bisherige phlogiſtiſche Syſtem verlaſſe. Ob es mir gleich, ”dies ſind ſeine Worte, nur einmal gelungen iſt, eine ſolche ”Luft darzuſtellen, die beym Verbrennen des Phosphors ”darinn ganz und gar zerſetzt wurde, ſo iſt mir dieſes ”doch hinreichend zur Ueberzeugung, daß, wenn ”ſich in dieſen und aͤhnlichen Proceſſen ein Ruͤckſtand von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0921" xml:id="P.5.909" n="909"/><lb/>
ward, wurde es ga&#x0364;nzlich mit Wa&#x017F;&#x017F;er angefu&#x0364;llt. Er wiederholte den Ver&#x017F;uch mehrmals unter a&#x0364;hnlichen Um&#x017F;ta&#x0364;nden, und alles verhielt &#x017F;ich eben &#x017F;o.</p>
              <p>Er fu&#x0364;llte endlich die Gera&#x0364;th&#x017F;chaft nochmals mit Lebensluft aus dem Queck&#x017F;ilberkalk, that zwey Loth von dem Ro&#x017F;i&#x017F;chen leichtflu&#x0364;ßigen Metallgemi&#x017F;che aus Wismuth, Zinn und Bley hinein, und unterhielt da&#x017F;&#x017F;elbe zwey Stunden u&#x0364;ber der lebha&#x017F;ten Flamme einer Argandi&#x017F;chen Lampe, wobey es o&#x0364;fters ge&#x017F;chu&#x0364;ttelt und das Schraubenleder von Zeit zu Zeit vermittel&#x017F;t eines Pin&#x017F;els mit Wa&#x017F;&#x017F;er angefeuchtet wurde. Nach die&#x017F;er Zeit wurde der Kolben unter dem Wa&#x017F;&#x017F;er geo&#x0364;fnet, und das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tieg ebenfalls mit Heftigkeit hinein. Der Kolben war aber nur auf ohngefa&#x0364;hr zwey Drittel mit Wa&#x017F;&#x017F;er angefu&#x0364;llt. Weil Herr G. bey die&#x017F;em Ver&#x017F;uche die u&#x0364;briggebliebene Luft nicht gepru&#x0364;ft hatte, &#x017F;o wiederholte er den&#x017F;elben noch einmal unter a&#x0364;hnlichen Um&#x017F;ta&#x0364;nden, fand aber, daß die nach dem Hinein&#x017F;tro&#x0364;men des Wa&#x017F;&#x017F;ers u&#x0364;briggebliebene Luft noch &#x017F;ehr gute Lebensluft war, und ward dadurch u&#x0364;berzeugt, daß bey la&#x0364;ngerer Fort&#x017F;etzung des Ver&#x017F;uchs auch die&#x017F;e wu&#x0364;rde verzehrt worden &#x017F;eyn. Er hielt nicht fu&#x0364;r no&#x0364;thig, die&#x017F;e Ver&#x017F;uche weiter zu treiben, da zu eben der Zeit auch Hr. Prof. <hi rendition="#b">Hildebrand (von Crell</hi> chem. Ann. 1793. St. 8. S. 99.) das fa&#x017F;t ga&#x0364;nzliche Ver&#x017F;chwinden der reinen Luft ebenfalls durch das Entzu&#x0364;nden einer Stahlfeder bewirkt hatte.</p>
              <p>Die&#x017F;e Ver&#x017F;uche &#x017F;ind &#x017F;o ent&#x017F;cheidend, daß &#x017F;ie die phlogi&#x017F;ti&#x017F;chen Sy&#x017F;teme in die&#x017F;em Punkte ga&#x0364;nzlich widerlegen. Sie u&#x0364;berzeugten &#x017F;elb&#x017F;t Herrn <hi rendition="#b">Gren,</hi> der &#x017F;ie wiederholte, und bewogen ihn, o&#x0364;ffentlich zu erkla&#x0364;ren (&#x017F;. Schreiben an <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb</hi> in <hi rendition="#b">v. Crell</hi> chem. Ann. 1793. St. 10. S. 342. Antwort an Herrn <hi rendition="#b">von Mons</hi> in Bru&#x0364;&#x017F;&#x017F;el, vom 12. Dec. 1793. im Journal der Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> S. 15.), &#x201D;daß er das &#x201D;<hi rendition="#b">bisherige</hi> phlogi&#x017F;ti&#x017F;che Sy&#x017F;tem verla&#x017F;&#x017F;e. Ob es mir gleich, &#x201D;dies &#x017F;ind &#x017F;eine Worte, nur einmal gelungen i&#x017F;t, eine &#x017F;olche &#x201D;Luft darzu&#x017F;tellen, die beym Verbrennen des Phosphors &#x201D;darinn ganz und gar zer&#x017F;etzt wurde, &#x017F;o i&#x017F;t mir die&#x017F;es &#x201D;doch hinreichend zur Ueberzeugung, daß, wenn &#x201D;&#x017F;ich in die&#x017F;en und a&#x0364;hnlichen Proce&#x017F;&#x017F;en ein Ru&#x0364;ck&#x017F;tand von<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[909/0921] ward, wurde es gaͤnzlich mit Waſſer angefuͤllt. Er wiederholte den Verſuch mehrmals unter aͤhnlichen Umſtaͤnden, und alles verhielt ſich eben ſo. Er fuͤllte endlich die Geraͤthſchaft nochmals mit Lebensluft aus dem Queckſilberkalk, that zwey Loth von dem Roſiſchen leichtfluͤßigen Metallgemiſche aus Wismuth, Zinn und Bley hinein, und unterhielt daſſelbe zwey Stunden uͤber der lebhaſten Flamme einer Argandiſchen Lampe, wobey es oͤfters geſchuͤttelt und das Schraubenleder von Zeit zu Zeit vermittelſt eines Pinſels mit Waſſer angefeuchtet wurde. Nach dieſer Zeit wurde der Kolben unter dem Waſſer geoͤfnet, und das Waſſer ſtieg ebenfalls mit Heftigkeit hinein. Der Kolben war aber nur auf ohngefaͤhr zwey Drittel mit Waſſer angefuͤllt. Weil Herr G. bey dieſem Verſuche die uͤbriggebliebene Luft nicht gepruͤft hatte, ſo wiederholte er denſelben noch einmal unter aͤhnlichen Umſtaͤnden, fand aber, daß die nach dem Hineinſtroͤmen des Waſſers uͤbriggebliebene Luft noch ſehr gute Lebensluft war, und ward dadurch uͤberzeugt, daß bey laͤngerer Fortſetzung des Verſuchs auch dieſe wuͤrde verzehrt worden ſeyn. Er hielt nicht fuͤr noͤthig, dieſe Verſuche weiter zu treiben, da zu eben der Zeit auch Hr. Prof. Hildebrand (von Crell chem. Ann. 1793. St. 8. S. 99.) das faſt gaͤnzliche Verſchwinden der reinen Luft ebenfalls durch das Entzuͤnden einer Stahlfeder bewirkt hatte. Dieſe Verſuche ſind ſo entſcheidend, daß ſie die phlogiſtiſchen Syſteme in dieſem Punkte gaͤnzlich widerlegen. Sie uͤberzeugten ſelbſt Herrn Gren, der ſie wiederholte, und bewogen ihn, oͤffentlich zu erklaͤren (ſ. Schreiben an Weſtrumb in v. Crell chem. Ann. 1793. St. 10. S. 342. Antwort an Herrn von Mons in Bruͤſſel, vom 12. Dec. 1793. im Journal der Phyſ. B. VIII. S. 15.), ”daß er das ”bisherige phlogiſtiſche Syſtem verlaſſe. Ob es mir gleich, ”dies ſind ſeine Worte, nur einmal gelungen iſt, eine ſolche ”Luft darzuſtellen, die beym Verbrennen des Phosphors ”darinn ganz und gar zerſetzt wurde, ſo iſt mir dieſes ”doch hinreichend zur Ueberzeugung, daß, wenn ”ſich in dieſen und aͤhnlichen Proceſſen ein Ruͤckſtand von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/921
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 909. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/921>, abgerufen am 22.11.2024.