Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Sonne.

Zus. zu diesem Art. Th. IV. S. 64--79.

Zu S. 70. 71. Die Beobachtungen des Durchgangs der Venus von 1769 haben zwar die mittlere Horizontalparallaxe der Sonne zwischen engere Grenzen eingeschlossen, aber dennoch die Ungewißheit nicht ganz aufgehoben. Die Beobachtungen sind an sehr verschiedenen Orten angestellt, s. Durchgänge (Th. I. S. 638. 639.), und man sindet daraus verschiedene Resultate für die Parallare, je nachdem man dieses oder jenes Paar von Beobachtungen zusammen zum Grunde der Rechnung legt. Die Streitigkeiten, welche man hierüber geführt hat, betrafen also im Grunde nur die Frage, welche Beobachtungen vorzuziehen und für die zuverläßigsten zu halten wären. Der P. Hell hatte die seinige zu Wardhus in Lappland angestellt (Observ. transitus Veneris, Wardoehusii facta, Hafn. 1770. und in Ephem. Vienn. 1771) und zur Grundlage der Berechnungen empfohlen, allein Herr de la Lande (Mem. sur le passage de Venus. 1772.) wollte seine Bestimmung lieber aus Planmanns Beobachtung zu Cajaneburg in Finnland herleiten, und gab daraus die mittlere Sonnenparallaxe 8",60. Dagegen zeigte Hell (De parallaxi Solis, Append. Ephem. ann. 1773) Fehler der Cajaneburgischen Beobachtung und der Bestimmung des Hrn. de la Lande, und setzte aus Vergleichung seiner zu Wardhus angestellten mit einigen amerikanischen und asiatischen die mittlere Sonnenparallare auf 8",70. Herr de la Lande fand damals für gut, nachzugeben, und erklärte im Journal des Savans 1773 seinen Streit mit Hell für beygelegt, wiewohl er in der neusten Ausgabe seiner Astronomie (Astr. 1792. §. 2149. 2150) die ehemaligen Bestimmungen im Memoire v. 1772, deren Fehler doch von Hell hinlänglich erwiesen sind, wieder angenommen hat. Auch mit Lerell in Petersburg ward Hell hierüber in Streit verwickelt. In einem Schreiben an ihn setzt er die Grenzen 8,67 und 8,73 mit der Aeußerung, Wardhus und Taiti würden die Säulen bleiben, auf die sich unsere Kenntniß der Größe des Sonnensystems stütze (s. Beyträge zur praktischen Astronomie in


Sonne.

Zuſ. zu dieſem Art. Th. IV. S. 64—79.

Zu S. 70. 71. Die Beobachtungen des Durchgangs der Venus von 1769 haben zwar die mittlere Horizontalparallaxe der Sonne zwiſchen engere Grenzen eingeſchloſſen, aber dennoch die Ungewißheit nicht ganz aufgehoben. Die Beobachtungen ſind an ſehr verſchiedenen Orten angeſtellt, ſ. Durchgaͤnge (Th. I. S. 638. 639.), und man ſindet daraus verſchiedene Reſultate fuͤr die Parallare, je nachdem man dieſes oder jenes Paar von Beobachtungen zuſammen zum Grunde der Rechnung legt. Die Streitigkeiten, welche man hieruͤber gefuͤhrt hat, betrafen alſo im Grunde nur die Frage, welche Beobachtungen vorzuziehen und fuͤr die zuverlaͤßigſten zu halten waͤren. Der P. Hell hatte die ſeinige zu Wardhus in Lappland angeſtellt (Obſerv. transitus Veneris, Wardoehuſii facta, Hafn. 1770. und in Ephem. Vienn. 1771) und zur Grundlage der Berechnungen empfohlen, allein Herr de la Lande (Mém. ſur le paſſage de Venus. 1772.) wollte ſeine Beſtimmung lieber aus Planmanns Beobachtung zu Cajaneburg in Finnland herleiten, und gab daraus die mittlere Sonnenparallaxe 8″,60. Dagegen zeigte Hell (De parallaxi Solis, Append. Ephem. ann. 1773) Fehler der Cajaneburgiſchen Beobachtung und der Beſtimmung des Hrn. de la Lande, und ſetzte aus Vergleichung ſeiner zu Wardhus angeſtellten mit einigen amerikaniſchen und aſiatiſchen die mittlere Sonnenparallare auf 8″,70. Herr de la Lande fand damals fuͤr gut, nachzugeben, und erklaͤrte im Journal des Savans 1773 ſeinen Streit mit Hell fuͤr beygelegt, wiewohl er in der neuſten Ausgabe ſeiner Aſtronomie (Aſtr. 1792. §. 2149. 2150) die ehemaligen Beſtimmungen im Mémoire v. 1772, deren Fehler doch von Hell hinlaͤnglich erwieſen ſind, wieder angenommen hat. Auch mit Lerell in Petersburg ward Hell hieruͤber in Streit verwickelt. In einem Schreiben an ihn ſetzt er die Grenzen 8,67 und 8,73 mit der Aeußerung, Wardhus und Taiti wuͤrden die Saͤulen bleiben, auf die ſich unſere Kenntniß der Groͤße des Sonnenſyſtems ſtuͤtze (ſ. Beytraͤge zur praktiſchen Aſtronomie in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p>
                <pb facs="#f0858" xml:id="P.5.846" n="846"/><lb/>
              </p>
            </div>
            <div n="2">
              <head>Sonne.</head><lb/>
              <p> <hi rendition="#c">Zu&#x017F;. zu die&#x017F;em Art. Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 64&#x2014;79.</hi> </p>
              <p><hi rendition="#b">Zu S.</hi> 70. 71. Die Beobachtungen des Durchgangs der Venus von 1769 haben zwar die mittlere Horizontalparallaxe der Sonne zwi&#x017F;chen engere Grenzen einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, aber dennoch die Ungewißheit nicht ganz aufgehoben. Die Beobachtungen &#x017F;ind an &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedenen Orten ange&#x017F;tellt, &#x017F;. <hi rendition="#b">Durchga&#x0364;nge</hi> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 638. 639.), und man &#x017F;indet daraus ver&#x017F;chiedene Re&#x017F;ultate fu&#x0364;r die Parallare, je nachdem man die&#x017F;es oder jenes Paar von Beobachtungen zu&#x017F;ammen zum Grunde der Rechnung legt. Die Streitigkeiten, welche man hieru&#x0364;ber gefu&#x0364;hrt hat, betrafen al&#x017F;o im Grunde nur die Frage, welche Beobachtungen vorzuziehen und fu&#x0364;r die zuverla&#x0364;ßig&#x017F;ten zu halten wa&#x0364;ren. Der P. <hi rendition="#b">Hell</hi> hatte die &#x017F;einige zu Wardhus in Lappland ange&#x017F;tellt <hi rendition="#aq">(Ob&#x017F;erv. transitus Veneris, Wardoehu&#x017F;ii facta, Hafn. 1770.</hi> und in <hi rendition="#aq">Ephem. Vienn. 1771)</hi> und zur Grundlage der Berechnungen empfohlen, allein Herr <hi rendition="#b">de la Lande</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. &#x017F;ur le pa&#x017F;&#x017F;age de Venus. 1772.)</hi> wollte &#x017F;eine Be&#x017F;timmung lieber aus <hi rendition="#b">Planmanns</hi> Beobachtung zu Cajaneburg in Finnland herleiten, und gab daraus die mittlere Sonnenparallaxe 8&#x2033;,60. Dagegen zeigte <hi rendition="#b">Hell</hi> <hi rendition="#aq">(De parallaxi Solis, Append. Ephem. ann. 1773)</hi> Fehler der Cajaneburgi&#x017F;chen Beobachtung und der Be&#x017F;timmung des Hrn. <hi rendition="#b">de la Lande,</hi> und &#x017F;etzte aus Vergleichung &#x017F;einer zu Wardhus ange&#x017F;tellten mit einigen amerikani&#x017F;chen und a&#x017F;iati&#x017F;chen die mittlere Sonnenparallare auf 8&#x2033;,70. Herr <hi rendition="#b">de la Lande</hi> fand damals fu&#x0364;r gut, nachzugeben, und erkla&#x0364;rte im <hi rendition="#aq">Journal des Savans 1773</hi> &#x017F;einen Streit mit <hi rendition="#b">Hell</hi> fu&#x0364;r beygelegt, wiewohl er in der neu&#x017F;ten Ausgabe &#x017F;einer A&#x017F;tronomie <hi rendition="#aq">(A&#x017F;tr. 1792. §. 2149. 2150)</hi> die ehemaligen Be&#x017F;timmungen im <hi rendition="#aq">Mémoire</hi> v. 1772, deren Fehler doch von <hi rendition="#b">Hell</hi> hinla&#x0364;nglich erwie&#x017F;en &#x017F;ind, wieder angenommen hat. Auch mit <hi rendition="#b">Lerell</hi> in Petersburg ward <hi rendition="#b">Hell</hi> hieru&#x0364;ber in Streit verwickelt. In einem Schreiben an ihn &#x017F;etzt er die Grenzen 8,67 und 8,73 mit der Aeußerung, Wardhus und Taiti wu&#x0364;rden die Sa&#x0364;ulen bleiben, auf die &#x017F;ich un&#x017F;ere Kenntniß der Gro&#x0364;ße des Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems &#x017F;tu&#x0364;tze (&#x017F;. Beytra&#x0364;ge zur prakti&#x017F;chen A&#x017F;tronomie in<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[846/0858] Sonne. Zuſ. zu dieſem Art. Th. IV. S. 64—79. Zu S. 70. 71. Die Beobachtungen des Durchgangs der Venus von 1769 haben zwar die mittlere Horizontalparallaxe der Sonne zwiſchen engere Grenzen eingeſchloſſen, aber dennoch die Ungewißheit nicht ganz aufgehoben. Die Beobachtungen ſind an ſehr verſchiedenen Orten angeſtellt, ſ. Durchgaͤnge (Th. I. S. 638. 639.), und man ſindet daraus verſchiedene Reſultate fuͤr die Parallare, je nachdem man dieſes oder jenes Paar von Beobachtungen zuſammen zum Grunde der Rechnung legt. Die Streitigkeiten, welche man hieruͤber gefuͤhrt hat, betrafen alſo im Grunde nur die Frage, welche Beobachtungen vorzuziehen und fuͤr die zuverlaͤßigſten zu halten waͤren. Der P. Hell hatte die ſeinige zu Wardhus in Lappland angeſtellt (Obſerv. transitus Veneris, Wardoehuſii facta, Hafn. 1770. und in Ephem. Vienn. 1771) und zur Grundlage der Berechnungen empfohlen, allein Herr de la Lande (Mém. ſur le paſſage de Venus. 1772.) wollte ſeine Beſtimmung lieber aus Planmanns Beobachtung zu Cajaneburg in Finnland herleiten, und gab daraus die mittlere Sonnenparallaxe 8″,60. Dagegen zeigte Hell (De parallaxi Solis, Append. Ephem. ann. 1773) Fehler der Cajaneburgiſchen Beobachtung und der Beſtimmung des Hrn. de la Lande, und ſetzte aus Vergleichung ſeiner zu Wardhus angeſtellten mit einigen amerikaniſchen und aſiatiſchen die mittlere Sonnenparallare auf 8″,70. Herr de la Lande fand damals fuͤr gut, nachzugeben, und erklaͤrte im Journal des Savans 1773 ſeinen Streit mit Hell fuͤr beygelegt, wiewohl er in der neuſten Ausgabe ſeiner Aſtronomie (Aſtr. 1792. §. 2149. 2150) die ehemaligen Beſtimmungen im Mémoire v. 1772, deren Fehler doch von Hell hinlaͤnglich erwieſen ſind, wieder angenommen hat. Auch mit Lerell in Petersburg ward Hell hieruͤber in Streit verwickelt. In einem Schreiben an ihn ſetzt er die Grenzen 8,67 und 8,73 mit der Aeußerung, Wardhus und Taiti wuͤrden die Saͤulen bleiben, auf die ſich unſere Kenntniß der Groͤße des Sonnenſyſtems ſtuͤtze (ſ. Beytraͤge zur praktiſchen Aſtronomie in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/858
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/858>, abgerufen am 21.05.2024.