Zu S. 824. Herr Monge (Ueber einige Phänomene des Sehens, aus den Annales de chimie. To. III. 1789. 8. p. 131. in Grens Journ. der Phys. B. II. S. 142 u. f.) glaubt, unser Urtheil über die Farben richte sich nicht blos nach der Natur der Lichtstralen, sondern werde, gleich dem Urtheile über Größe und Entfernung, durch Verhältnisse und Umstände bestimmt. Er führt zuerst die Erfahrung an, daß der Schatten eines Körpers, mit dem man die Lichtflamme verdeckt, in der Morgendämmerung auf einem weißen Papiere blau erscheine. Diese Beobachtung schreibt er dem Abbe de Sauvages zu, der sie Hrn. von Buffon mitgetheilt habe; man sieht aber aus der Anführung im Wörterbuche, daß sie weit älter ist, und dem Otto von Guericke gehöret.
Diese Erfahrung, sagt Monge, erkläre man dadurch, daß das Papier im Schatten nicht alles Lichts beraubt sey, sondern durch das blaue Licht der Atmosphäre erleuchtet werde: allein, wenn man in demselben Augenblicke die Kerze auslösche, so sey nun das ganze Papier in dem Falle, in welchem vorher nur der beschattete Theil war; dennoch sehe es nun nicht mehr blau, sondern weiß, aus. Er will also vielmehr folgenden Satz annehmen: Wenn die Gegenstände durch homogene Stralen einer gewissen Art erleuchtet werden, so werden die weißen Körper, ob sie gleich nur Stralen dieser Art empfangen und reflectiren, und also die Farbe dieser Stralen zeigen sollten, dennoch von uns für weiß gehalten, und dieses macht denn auch, daß wir uns diejenigen Körper, welche von derselben Farbe, als die erleuchtenden Stralen, sind, gleichfalls als weiß vorstellen, weil sie eben solche Stralen, wie die weißen, in unser Auge senden. Aus dem letzten Theile dieses Satzes erklärt Hr. Monge die angebliche Erfahrung, daß rothe Objecte, durch rothe Gläser betrachtet, weiß scheinen, welche jedoch, wie Hr. le Gentil gezeigt hat, sich nicht bestätiget, s. den Zusatz des Art. Farben (oben S. 389.).
Schatten, blaue.
Zuſ. zu Th. III. S. 823—826.
Zu S. 824. Herr Monge (Ueber einige Phaͤnomene des Sehens, aus den Annales de chimie. To. III. 1789. 8. p. 131. in Grens Journ. der Phyſ. B. II. S. 142 u. f.) glaubt, unſer Urtheil uͤber die Farben richte ſich nicht blos nach der Natur der Lichtſtralen, ſondern werde, gleich dem Urtheile uͤber Groͤße und Entfernung, durch Verhaͤltniſſe und Umſtaͤnde beſtimmt. Er fuͤhrt zuerſt die Erfahrung an, daß der Schatten eines Koͤrpers, mit dem man die Lichtflamme verdeckt, in der Morgendaͤmmerung auf einem weißen Papiere blau erſcheine. Dieſe Beobachtung ſchreibt er dem Abbe de Sauvages zu, der ſie Hrn. von Buffon mitgetheilt habe; man ſieht aber aus der Anfuͤhrung im Woͤrterbuche, daß ſie weit aͤlter iſt, und dem Otto von Guericke gehoͤret.
Dieſe Erfahrung, ſagt Monge, erklaͤre man dadurch, daß das Papier im Schatten nicht alles Lichts beraubt ſey, ſondern durch das blaue Licht der Atmoſphaͤre erleuchtet werde: allein, wenn man in demſelben Augenblicke die Kerze ausloͤſche, ſo ſey nun das ganze Papier in dem Falle, in welchem vorher nur der beſchattete Theil war; dennoch ſehe es nun nicht mehr blau, ſondern weiß, aus. Er will alſo vielmehr folgenden Satz annehmen: Wenn die Gegenſtaͤnde durch homogene Stralen einer gewiſſen Art erleuchtet werden, ſo werden die weißen Koͤrper, ob ſie gleich nur Stralen dieſer Art empfangen und reflectiren, und alſo die Farbe dieſer Stralen zeigen ſollten, dennoch von uns fuͤr weiß gehalten, und dieſes macht denn auch, daß wir uns diejenigen Koͤrper, welche von derſelben Farbe, als die erleuchtenden Stralen, ſind, gleichfalls als weiß vorſtellen, weil ſie eben ſolche Stralen, wie die weißen, in unſer Auge ſenden. Aus dem letzten Theile dieſes Satzes erklaͤrt Hr. Monge die angebliche Erfahrung, daß rothe Objecte, durch rothe Glaͤſer betrachtet, weiß ſcheinen, welche jedoch, wie Hr. le Gentil gezeigt hat, ſich nicht beſtaͤtiget, ſ. den Zuſatz des Art. Farben (oben S. 389.).
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Schatten, blaue.
Zuſ. zu Th. III. S. 823—826.
Zu S. 824. Herr Monge (Ueber einige Phaͤnomene des Sehens, aus den Annales de chimie. To. III. 1789. 8. p. 131. in Grens Journ. der Phyſ. B. II. S. 142 u. f.) glaubt, unſer Urtheil uͤber die Farben richte ſich nicht blos nach der Natur der Lichtſtralen, ſondern werde, gleich dem Urtheile uͤber Groͤße und Entfernung, durch Verhaͤltniſſe und Umſtaͤnde beſtimmt. Er fuͤhrt zuerſt die Erfahrung an, daß der Schatten eines Koͤrpers, mit dem man die Lichtflamme verdeckt, in der Morgendaͤmmerung auf einem weißen Papiere blau erſcheine. Dieſe Beobachtung ſchreibt er dem Abbe de Sauvages zu, der ſie Hrn. von Buffon mitgetheilt habe; man ſieht aber aus der Anfuͤhrung im Woͤrterbuche, daß ſie weit aͤlter iſt, und dem Otto von Guericke gehoͤret.
Dieſe Erfahrung, ſagt Monge, erklaͤre man dadurch, daß das Papier im Schatten nicht alles Lichts beraubt ſey, ſondern durch das blaue Licht der Atmoſphaͤre erleuchtet werde: allein, wenn man in demſelben Augenblicke die Kerze ausloͤſche, ſo ſey nun das ganze Papier in dem Falle, in welchem vorher nur der beſchattete Theil war; dennoch ſehe es nun nicht mehr blau, ſondern weiß, aus. Er will alſo vielmehr folgenden Satz annehmen: Wenn die Gegenſtaͤnde durch homogene Stralen einer gewiſſen Art erleuchtet werden, ſo werden die weißen Koͤrper, ob ſie gleich nur Stralen dieſer Art empfangen und reflectiren, und alſo die Farbe dieſer Stralen zeigen ſollten, dennoch von uns fuͤr weiß gehalten, und dieſes macht denn auch, daß wir uns diejenigen Koͤrper, welche von derſelben Farbe, als die erleuchtenden Stralen, ſind, gleichfalls als weiß vorſtellen, weil ſie eben ſolche Stralen, wie die weißen, in unſer Auge ſenden. Aus dem letzten Theile dieſes Satzes erklaͤrt Hr. Monge die angebliche Erfahrung, daß rothe Objecte, durch rothe Glaͤſer betrachtet, weiß ſcheinen, welche jedoch, wie Hr. le Gentil gezeigt hat, ſich nicht beſtaͤtiget, ſ. den Zuſatz des Art. Farben (oben S. 389.).
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/825>, abgerufen am 20.06.2024.
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