Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.Sammlungsgläser, s. Linsengläser Th. II. S. 914. Saturn. Zus. zu Th. III. S. 782--785. Herr Herschel (Philos. Trans. for 1790. Vol. LXXX. art. 1. und in Bodens astron. Jahrb. für 1793. S. 239) sahe auf dem Saturn Streifen, wie die auf dem Jupiter, aus deren Bewegung sich eine Umdrehung dieses Planeten nach eben der Richtung, wie bey den übrigen, schließen ließ. Die Axe dieser Umdrehung schien auf der Ebene des Ringes senkrecht zu stehen. Schon Herr Kant (Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg und Leipzig, 1755. 8. S. 74--97) hatte bey Gelegenheit einer über die Entstehung des Saturnringes vorgetragnen Hypothese die Umdrehungszeit des Ringes nach den keplerischen Regeln so berechnet, wie man die Umlaufszeit eines Trabanten aus seinem Abstande sucht, wenn Umlaufszeit und Abstand eines andern Trabanten bekannt sind. Hieraus glaubte er nun auf die Umwälzung des Saturns selbst schließen zu können, indem er annahm, die Geschwindigkeit im Innern des Rings sey der Geschwindigkeit im Aequator des Planeten gleich. Nach diesen Voraussetzungen berechnete damals Herr Kant (S. 80.) die Umwälzungszeit Saturns um seine Axe auf 6 St. 23 Min. 53 Sec. In diesem Verfahren lag ungemein viel Willkührliches. Erstens hat man keinen hinlänglichen Grund, von der Umlaufszeit eines Trabanten auf die Umdrehungszeit eines Ringes zu schließen. Selbst, wenn man mit Einigen den Ring als eine Sammlung kleiner Trabanten betrachten wollte, würden doch die gewaltigen Störungen, welche der Lauf eines jeden derselben durch die Einwirkung der übrigen erlitte, soviel Aenderungen der Geschwindigkeit veranlassen, daß man sich schlechterdings nicht verstatten dürfte, die Bewegung der ganzen Sammlung der regelmäßigen Bewegung eines einzelnen Theiles gleich zu setzen. Zweytens ist auch der andere Schluß vom Ringe auf den Saturn selbst ganz willkührlich. Denn daß das Innere des Ringes und der Aequator Sammlungsglaͤſer, ſ. Linſenglaͤſer Th. II. S. 914. Saturn. Zuſ. zu Th. III. S. 782—785. Herr Herſchel (Philoſ. Trans. for 1790. Vol. LXXX. art. 1. und in Bodens aſtron. Jahrb. fuͤr 1793. S. 239) ſahe auf dem Saturn Streifen, wie die auf dem Jupiter, aus deren Bewegung ſich eine Umdrehung dieſes Planeten nach eben der Richtung, wie bey den uͤbrigen, ſchließen ließ. Die Axe dieſer Umdrehung ſchien auf der Ebene des Ringes ſenkrecht zu ſtehen. Schon Herr Kant (Allgemeine Naturgeſchichte und Theorie des Himmels. Koͤnigsberg und Leipzig, 1755. 8. S. 74—97) hatte bey Gelegenheit einer uͤber die Entſtehung des Saturnringes vorgetragnen Hypotheſe die Umdrehungszeit des Ringes nach den kepleriſchen Regeln ſo berechnet, wie man die Umlaufszeit eines Trabanten aus ſeinem Abſtande ſucht, wenn Umlaufszeit und Abſtand eines andern Trabanten bekannt ſind. Hieraus glaubte er nun auf die Umwaͤlzung des Saturns ſelbſt ſchließen zu koͤnnen, indem er annahm, die Geſchwindigkeit im Innern des Rings ſey der Geſchwindigkeit im Aequator des Planeten gleich. Nach dieſen Vorausſetzungen berechnete damals Herr Kant (S. 80.) die Umwaͤlzungszeit Saturns um ſeine Axe auf 6 St. 23 Min. 53 Sec. In dieſem Verfahren lag ungemein viel Willkuͤhrliches. Erſtens hat man keinen hinlaͤnglichen Grund, von der Umlaufszeit eines Trabanten auf die Umdrehungszeit eines Ringes zu ſchließen. Selbſt, wenn man mit Einigen den Ring als eine Sammlung kleiner Trabanten betrachten wollte, wuͤrden doch die gewaltigen Stoͤrungen, welche der Lauf eines jeden derſelben durch die Einwirkung der uͤbrigen erlitte, ſoviel Aenderungen der Geſchwindigkeit veranlaſſen, daß man ſich ſchlechterdings nicht verſtatten duͤrfte, die Bewegung der ganzen Sammlung der regelmaͤßigen Bewegung eines einzelnen Theiles gleich zu ſetzen. Zweytens iſt auch der andere Schluß vom Ringe auf den Saturn ſelbſt ganz willkuͤhrlich. Denn daß das Innere des Ringes und der Aequator <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0804" xml:id="P.5.792" n="792"/><lb/> </p> </div> <div n="2"> <head>Sammlungsglaͤſer, ſ. 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Sammlungsglaͤſer, ſ. Linſenglaͤſer
Th. II. S. 914.
Saturn.
Zuſ. zu Th. III. S. 782—785.
Herr Herſchel (Philoſ. Trans. for 1790. Vol. LXXX. art. 1. und in Bodens aſtron. Jahrb. fuͤr 1793. S. 239) ſahe auf dem Saturn Streifen, wie die auf dem Jupiter, aus deren Bewegung ſich eine Umdrehung dieſes Planeten nach eben der Richtung, wie bey den uͤbrigen, ſchließen ließ. Die Axe dieſer Umdrehung ſchien auf der Ebene des Ringes ſenkrecht zu ſtehen.
Schon Herr Kant (Allgemeine Naturgeſchichte und Theorie des Himmels. Koͤnigsberg und Leipzig, 1755. 8. S. 74—97) hatte bey Gelegenheit einer uͤber die Entſtehung des Saturnringes vorgetragnen Hypotheſe die Umdrehungszeit des Ringes nach den kepleriſchen Regeln ſo berechnet, wie man die Umlaufszeit eines Trabanten aus ſeinem Abſtande ſucht, wenn Umlaufszeit und Abſtand eines andern Trabanten bekannt ſind. Hieraus glaubte er nun auf die Umwaͤlzung des Saturns ſelbſt ſchließen zu koͤnnen, indem er annahm, die Geſchwindigkeit im Innern des Rings ſey der Geſchwindigkeit im Aequator des Planeten gleich. Nach dieſen Vorausſetzungen berechnete damals Herr Kant (S. 80.) die Umwaͤlzungszeit Saturns um ſeine Axe auf 6 St. 23 Min. 53 Sec.
In dieſem Verfahren lag ungemein viel Willkuͤhrliches. Erſtens hat man keinen hinlaͤnglichen Grund, von der Umlaufszeit eines Trabanten auf die Umdrehungszeit eines Ringes zu ſchließen. Selbſt, wenn man mit Einigen den Ring als eine Sammlung kleiner Trabanten betrachten wollte, wuͤrden doch die gewaltigen Stoͤrungen, welche der Lauf eines jeden derſelben durch die Einwirkung der uͤbrigen erlitte, ſoviel Aenderungen der Geſchwindigkeit veranlaſſen, daß man ſich ſchlechterdings nicht verſtatten duͤrfte, die Bewegung der ganzen Sammlung der regelmaͤßigen Bewegung eines einzelnen Theiles gleich zu ſetzen. Zweytens iſt auch der andere Schluß vom Ringe auf den Saturn ſelbſt ganz willkuͤhrlich. Denn daß das Innere des Ringes und der Aequator
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