Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


nur daß sie diese noch übertreffe. Die Säuren scheinen ihm eine Neigung zu haben, sich in einem gewissen bestimmten Zustande zu erhalten. So nimmt die übersaure Salzsäure am Sonnenlichte Lichtstoff an, und giebt dafür den überflüßigen Sauer- und Feuerstoff ab, um sich in den Zustand der gemeinen Salzsäure zu setzen; eben so tritt die nichtrauchende Salpetersäure durch die Einwirkung des Lichts in den Zustand der rauchenden zurück; so ist die Weinsteinsäure immer geneigt, mit einem gewissen Theile Laugensalz wieder zum Weinstein zusammenzutreten, u. s. w. Die freywilligen Entzündungen des flüchtigen Laugensalzes, der Kohle, des Phosphors, der Metalle u. s. w. in der dephlogistisirten Salzsäure (salzsauren Feuerstoffluft) bey einer geringen Temperatur erklärt Hr. Göttling dadurch, daß der Verwandtschaftsgrad des Feuerstoffs in der Feuerstoffluft, die mit der Salzsäure zur salzsauren Feuerstoffluft zusammengetreten ist, durch die dazwischen getretene Salzsäure geschwächt worden sey, daher er sich weit eher und leichter mit dem Lichtstoffe der hineingebrachten Körper verbinden, und Feuer bilden könne.

Die dephlogistisirte Salzsäure ist durch ihre Eigenschaften einer der merkwürdigsten Gegenstände der neuern Chemie geworden. Die Selbstentzündung von Kohle, Zinnober, Spießglanz, Arsenikmetall, Wismuth, Zink u. a., wenn sie gepülvert in eine hinreichende Menge von dephlogistisirter Salzsäure, die man vorher bis auf 60--70 Grad nach Fahrenheit erwärmt hat, geschüttet werden, entdeckte Herr Westrumb (Neue Bemerk. über einige merkwürdige Erscheinungen durch die dephlogistirte Salzsäure von Hrn. Westrumb in Crells chem. Ann. 1790. B. I. S. 3 u. f. S. 109 u. f. Bemerk. über die Entzündung mehrerer Körper durch brennstoffleere Salzsäure von Arbogast, mit Erl. von Westrumb, ebend. 1791. B. I. S. 10 u. f. S. 137 u. f.). Neuerlich ist es Hrn. D. Scherer gelungen, sogar Goldblättchen sich darinn entzünden und mit einer purpurrothen Flamme brennen zu sehen (s. Grens Journal der Phys. B. VIII. S. 375 u. f.).


nur daß ſie dieſe noch uͤbertreffe. Die Saͤuren ſcheinen ihm eine Neigung zu haben, ſich in einem gewiſſen beſtimmten Zuſtande zu erhalten. So nimmt die uͤberſaure Salzſaͤure am Sonnenlichte Lichtſtoff an, und giebt dafuͤr den uͤberfluͤßigen Sauer- und Feuerſtoff ab, um ſich in den Zuſtand der gemeinen Salzſaͤure zu ſetzen; eben ſo tritt die nichtrauchende Salpeterſaͤure durch die Einwirkung des Lichts in den Zuſtand der rauchenden zuruͤck; ſo iſt die Weinſteinſaͤure immer geneigt, mit einem gewiſſen Theile Laugenſalz wieder zum Weinſtein zuſammenzutreten, u. ſ. w. Die freywilligen Entzuͤndungen des fluͤchtigen Laugenſalzes, der Kohle, des Phosphors, der Metalle u. ſ. w. in der dephlogiſtiſirten Salzſaͤure (ſalzſauren Feuerſtoffluft) bey einer geringen Temperatur erklaͤrt Hr. Goͤttling dadurch, daß der Verwandtſchaftsgrad des Feuerſtoffs in der Feuerſtoffluft, die mit der Salzſaͤure zur ſalzſauren Feuerſtoffluft zuſammengetreten iſt, durch die dazwiſchen getretene Salzſaͤure geſchwaͤcht worden ſey, daher er ſich weit eher und leichter mit dem Lichtſtoffe der hineingebrachten Koͤrper verbinden, und Feuer bilden koͤnne.

Die dephlogiſtiſirte Salzſaͤure iſt durch ihre Eigenſchaften einer der merkwuͤrdigſten Gegenſtaͤnde der neuern Chemie geworden. Die Selbſtentzuͤndung von Kohle, Zinnober, Spießglanz, Arſenikmetall, Wismuth, Zink u. a., wenn ſie gepuͤlvert in eine hinreichende Menge von dephlogiſtiſirter Salzſaͤure, die man vorher bis auf 60—70 Grad nach Fahrenheit erwaͤrmt hat, geſchuͤttet werden, entdeckte Herr Weſtrumb (Neue Bemerk. uͤber einige merkwuͤrdige Erſcheinungen durch die dephlogiſtirte Salzſaͤure von Hrn. Weſtrumb in Crells chem. Ann. 1790. B. I. S. 3 u. f. S. 109 u. f. Bemerk. uͤber die Entzuͤndung mehrerer Koͤrper durch brennſtoffleere Salzſaͤure von Arbogaſt, mit Erl. von Weſtrumb, ebend. 1791. B. I. S. 10 u. f. S. 137 u. f.). Neuerlich iſt es Hrn. D. Scherer gelungen, ſogar Goldblaͤttchen ſich darinn entzuͤnden und mit einer purpurrothen Flamme brennen zu ſehen (ſ. Grens Journal der Phyſ. B. VIII. S. 375 u. f.).

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0802" xml:id="P.5.790" n="790"/><lb/>
nur daß &#x017F;ie die&#x017F;e noch u&#x0364;bertreffe. Die Sa&#x0364;uren &#x017F;cheinen ihm eine Neigung zu haben, &#x017F;ich in einem gewi&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;timmten Zu&#x017F;tande zu erhalten. So nimmt die u&#x0364;ber&#x017F;aure Salz&#x017F;a&#x0364;ure am Sonnenlichte Licht&#x017F;toff an, und giebt dafu&#x0364;r den u&#x0364;berflu&#x0364;ßigen Sauer- und Feuer&#x017F;toff ab, um &#x017F;ich in den Zu&#x017F;tand der gemeinen Salz&#x017F;a&#x0364;ure zu &#x017F;etzen; eben &#x017F;o tritt die nichtrauchende Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure durch die Einwirkung des Lichts in den Zu&#x017F;tand der rauchenden zuru&#x0364;ck; &#x017F;o i&#x017F;t die Wein&#x017F;tein&#x017F;a&#x0364;ure immer geneigt, mit einem gewi&#x017F;&#x017F;en Theile Laugen&#x017F;alz wieder zum Wein&#x017F;tein zu&#x017F;ammenzutreten, u. &#x017F;. w. Die freywilligen Entzu&#x0364;ndungen des flu&#x0364;chtigen Laugen&#x017F;alzes, der Kohle, des Phosphors, der Metalle u. &#x017F;. w. in der dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irten Salz&#x017F;a&#x0364;ure (&#x017F;alz&#x017F;auren Feuer&#x017F;toffluft) bey einer geringen Temperatur erkla&#x0364;rt Hr. <hi rendition="#b">Go&#x0364;ttling</hi> dadurch, daß der Verwandt&#x017F;chaftsgrad des Feuer&#x017F;toffs in der Feuer&#x017F;toffluft, die mit der Salz&#x017F;a&#x0364;ure zur &#x017F;alz&#x017F;auren Feuer&#x017F;toffluft zu&#x017F;ammengetreten i&#x017F;t, durch die dazwi&#x017F;chen getretene Salz&#x017F;a&#x0364;ure ge&#x017F;chwa&#x0364;cht worden &#x017F;ey, daher er &#x017F;ich weit eher und leichter mit dem Licht&#x017F;toffe der hineingebrachten Ko&#x0364;rper verbinden, und Feuer bilden ko&#x0364;nne.</p>
              <p>Die dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Salz&#x017F;a&#x0364;ure i&#x017F;t durch ihre Eigen&#x017F;chaften einer der merkwu&#x0364;rdig&#x017F;ten Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde der neuern Chemie geworden. Die Selb&#x017F;tentzu&#x0364;ndung von Kohle, Zinnober, Spießglanz, Ar&#x017F;enikmetall, Wismuth, Zink u. a., wenn &#x017F;ie gepu&#x0364;lvert in eine hinreichende Menge von dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irter Salz&#x017F;a&#x0364;ure, die man vorher bis auf 60&#x2014;70 Grad nach Fahrenheit erwa&#x0364;rmt hat, ge&#x017F;chu&#x0364;ttet werden, entdeckte Herr <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb</hi> (Neue Bemerk. u&#x0364;ber einige merkwu&#x0364;rdige Er&#x017F;cheinungen durch die dephlogi&#x017F;tirte Salz&#x017F;a&#x0364;ure von Hrn. <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb</hi> in <hi rendition="#b">Crells</hi> chem. Ann. 1790. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 3 u. f. S. 109 u. f. Bemerk. u&#x0364;ber die Entzu&#x0364;ndung mehrerer Ko&#x0364;rper durch brenn&#x017F;toffleere Salz&#x017F;a&#x0364;ure von <hi rendition="#b">Arboga&#x017F;t,</hi> mit Erl. von <hi rendition="#b">We&#x017F;trumb,</hi> ebend. 1791. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 10 u. f. S. 137 u. f.). Neuerlich i&#x017F;t es Hrn. D. <hi rendition="#b">Scherer</hi> gelungen, &#x017F;ogar Goldbla&#x0364;ttchen &#x017F;ich darinn entzu&#x0364;nden und mit einer purpurrothen Flamme brennen zu &#x017F;ehen (&#x017F;. <hi rendition="#b">Grens</hi> Journal der Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> S. 375 u. f.).<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[790/0802] nur daß ſie dieſe noch uͤbertreffe. Die Saͤuren ſcheinen ihm eine Neigung zu haben, ſich in einem gewiſſen beſtimmten Zuſtande zu erhalten. So nimmt die uͤberſaure Salzſaͤure am Sonnenlichte Lichtſtoff an, und giebt dafuͤr den uͤberfluͤßigen Sauer- und Feuerſtoff ab, um ſich in den Zuſtand der gemeinen Salzſaͤure zu ſetzen; eben ſo tritt die nichtrauchende Salpeterſaͤure durch die Einwirkung des Lichts in den Zuſtand der rauchenden zuruͤck; ſo iſt die Weinſteinſaͤure immer geneigt, mit einem gewiſſen Theile Laugenſalz wieder zum Weinſtein zuſammenzutreten, u. ſ. w. Die freywilligen Entzuͤndungen des fluͤchtigen Laugenſalzes, der Kohle, des Phosphors, der Metalle u. ſ. w. in der dephlogiſtiſirten Salzſaͤure (ſalzſauren Feuerſtoffluft) bey einer geringen Temperatur erklaͤrt Hr. Goͤttling dadurch, daß der Verwandtſchaftsgrad des Feuerſtoffs in der Feuerſtoffluft, die mit der Salzſaͤure zur ſalzſauren Feuerſtoffluft zuſammengetreten iſt, durch die dazwiſchen getretene Salzſaͤure geſchwaͤcht worden ſey, daher er ſich weit eher und leichter mit dem Lichtſtoffe der hineingebrachten Koͤrper verbinden, und Feuer bilden koͤnne. Die dephlogiſtiſirte Salzſaͤure iſt durch ihre Eigenſchaften einer der merkwuͤrdigſten Gegenſtaͤnde der neuern Chemie geworden. Die Selbſtentzuͤndung von Kohle, Zinnober, Spießglanz, Arſenikmetall, Wismuth, Zink u. a., wenn ſie gepuͤlvert in eine hinreichende Menge von dephlogiſtiſirter Salzſaͤure, die man vorher bis auf 60—70 Grad nach Fahrenheit erwaͤrmt hat, geſchuͤttet werden, entdeckte Herr Weſtrumb (Neue Bemerk. uͤber einige merkwuͤrdige Erſcheinungen durch die dephlogiſtirte Salzſaͤure von Hrn. Weſtrumb in Crells chem. Ann. 1790. B. I. S. 3 u. f. S. 109 u. f. Bemerk. uͤber die Entzuͤndung mehrerer Koͤrper durch brennſtoffleere Salzſaͤure von Arbogaſt, mit Erl. von Weſtrumb, ebend. 1791. B. I. S. 10 u. f. S. 137 u. f.). Neuerlich iſt es Hrn. D. Scherer gelungen, ſogar Goldblaͤttchen ſich darinn entzuͤnden und mit einer purpurrothen Flamme brennen zu ſehen (ſ. Grens Journal der Phyſ. B. VIII. S. 375 u. f.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/802
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 790. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/802>, abgerufen am 16.06.2024.