vorher enthalten waren. Also wird ja Zersetzung dessen, was bis dahin Luft war, von beyden Seiten angenommen. Die Antiphlogistiker wollen nur Bestandtheile und Verhältniß derselben nach Maaß und Gewicht angeben, da hingegen Hr. de Luc bescheiden gesteht, daß seine Kenntniß sich so weit nicht erstrecke.
Was den zweyten von der Unvollkommenheit der Meteorologie hergenommenen Einwurf anlangt, so soll man doch wohl nicht unstreitige Beobachtungen des Meteorologen darum verschweigen oder unterdrücken, weil sie der antiphlogistische Chemiker nicht mit seinem System vereinigen kan. Man gestehe doch lieber, daß unsere ganze Naturlehre aus Bruchstücken besteht, die der menschliche Verstand noch nicht zu einem einförmigen Ganzen zu verbinden weiß. Was die chemischen Experimente im Kleinen leicht erklärt, ist doch darum noch nicht so ausgemachte einzige Wahrheit, daß es gar nicht mehr erlaubt wäre, Zweifel dagegen aus meteorologischen Phänomenen zu erheben.
Zu besserer Beurtheilung will ich noch mit wenigem die Erklärungen beyfügen, welche die Gegner des de Lucschen Systems neuerlich vom Regen gegeben haben.
Nach den Antiphlogistikern (s. Girtanner Anfangsgr. der antiphlog. Chemie. Kap. 37. S. 275 u. f.) zeigt das Hygrometer nur an, wieviel Wasser in flüßiger Gestalt in der atmosphärischen Luft enthalten ist: aber es zeigt nicht an, wieviel Wasser in der Gestalt von Eis, oder in der Gestalt von Gas, die Luft enthält. Eine Luft kan also zufolge der Grade, welche das Hygrometer anzeigt, sehr trocken zu seyn scheinen, und dennoch sehr viel Wasser in Gasgestalt enthalten. Daher kommt es, daß eine sehr trockne Luft, bey starker Erkältung auf einmal feucht wird; und so entsteht oft aus einer sehr trocknen Luft ein plötzlicher Regen von viel tausend Centnern Wasser.
Auf eine andere Art entsteht der Regen durch die Verbindung des Wasserstoffes mit dem Sauerstoffe, vermöge des elektrischen Funkens. Dieses geschieht vorzüglich bey Gewittern, und beynahe alle Gewitterregen entstehen auf diese Weise. Im Großen geht hier genau eben das vor,
vorher enthalten waren. Alſo wird ja Zerſetzung deſſen, was bis dahin Luft war, von beyden Seiten angenommen. Die Antiphlogiſtiker wollen nur Beſtandtheile und Verhaͤltniß derſelben nach Maaß und Gewicht angeben, da hingegen Hr. de Luc beſcheiden geſteht, daß ſeine Kenntniß ſich ſo weit nicht erſtrecke.
Was den zweyten von der Unvollkommenheit der Meteorologie hergenommenen Einwurf anlangt, ſo ſoll man doch wohl nicht unſtreitige Beobachtungen des Meteorologen darum verſchweigen oder unterdruͤcken, weil ſie der antiphlogiſtiſche Chemiker nicht mit ſeinem Syſtem vereinigen kan. Man geſtehe doch lieber, daß unſere ganze Naturlehre aus Bruchſtuͤcken beſteht, die der menſchliche Verſtand noch nicht zu einem einfoͤrmigen Ganzen zu verbinden weiß. Was die chemiſchen Experimente im Kleinen leicht erklaͤrt, iſt doch darum noch nicht ſo ausgemachte einzige Wahrheit, daß es gar nicht mehr erlaubt waͤre, Zweifel dagegen aus meteorologiſchen Phaͤnomenen zu erheben.
Zu beſſerer Beurtheilung will ich noch mit wenigem die Erklaͤrungen beyfuͤgen, welche die Gegner des de Lucſchen Syſtems neuerlich vom Regen gegeben haben.
Nach den Antiphlogiſtikern (ſ. Girtanner Anfangsgr. der antiphlog. Chemie. Kap. 37. S. 275 u. f.) zeigt das Hygrometer nur an, wieviel Waſſer in fluͤßiger Geſtalt in der atmoſphaͤriſchen Luft enthalten iſt: aber es zeigt nicht an, wieviel Waſſer in der Geſtalt von Eis, oder in der Geſtalt von Gas, die Luft enthaͤlt. Eine Luft kan alſo zufolge der Grade, welche das Hygrometer anzeigt, ſehr trocken zu ſeyn ſcheinen, und dennoch ſehr viel Waſſer in Gasgeſtalt enthalten. Daher kommt es, daß eine ſehr trockne Luft, bey ſtarker Erkaͤltung auf einmal feucht wird; und ſo entſteht oft aus einer ſehr trocknen Luft ein ploͤtzlicher Regen von viel tauſend Centnern Waſſer.
Auf eine andere Art entſteht der Regen durch die Verbindung des Waſſerſtoffes mit dem Sauerſtoffe, vermoͤge des elektriſchen Funkens. Dieſes geſchieht vorzuͤglich bey Gewittern, und beynahe alle Gewitterregen entſtehen auf dieſe Weiſe. Im Großen geht hier genau eben das vor,
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vorher enthalten waren. Alſo wird ja Zerſetzung deſſen, was bis dahin Luft war, von beyden Seiten angenommen. Die Antiphlogiſtiker wollen nur Beſtandtheile und Verhaͤltniß derſelben nach Maaß und Gewicht angeben, da hingegen Hr. de Luc beſcheiden geſteht, daß ſeine Kenntniß ſich ſo weit nicht erſtrecke.
Was den zweyten von der Unvollkommenheit der Meteorologie hergenommenen Einwurf anlangt, ſo ſoll man doch wohl nicht unſtreitige Beobachtungen des Meteorologen darum verſchweigen oder unterdruͤcken, weil ſie der antiphlogiſtiſche Chemiker nicht mit ſeinem Syſtem vereinigen kan. Man geſtehe doch lieber, daß unſere ganze Naturlehre aus Bruchſtuͤcken beſteht, die der menſchliche Verſtand noch nicht zu einem einfoͤrmigen Ganzen zu verbinden weiß. Was die chemiſchen Experimente im Kleinen leicht erklaͤrt, iſt doch darum noch nicht ſo ausgemachte einzige Wahrheit, daß es gar nicht mehr erlaubt waͤre, Zweifel dagegen aus meteorologiſchen Phaͤnomenen zu erheben.
Zu beſſerer Beurtheilung will ich noch mit wenigem die Erklaͤrungen beyfuͤgen, welche die Gegner des de Lucſchen Syſtems neuerlich vom Regen gegeben haben.
Nach den Antiphlogiſtikern (ſ. Girtanner Anfangsgr. der antiphlog. Chemie. Kap. 37. S. 275 u. f.) zeigt das Hygrometer nur an, wieviel Waſſer in fluͤßiger Geſtalt in der atmoſphaͤriſchen Luft enthalten iſt: aber es zeigt nicht an, wieviel Waſſer in der Geſtalt von Eis, oder in der Geſtalt von Gas, die Luft enthaͤlt. Eine Luft kan alſo zufolge der Grade, welche das Hygrometer anzeigt, ſehr trocken zu ſeyn ſcheinen, und dennoch ſehr viel Waſſer in Gasgeſtalt enthalten. Daher kommt es, daß eine ſehr trockne Luft, bey ſtarker Erkaͤltung auf einmal feucht wird; und ſo entſteht oft aus einer ſehr trocknen Luft ein ploͤtzlicher Regen von viel tauſend Centnern Waſſer.
Auf eine andere Art entſteht der Regen durch die Verbindung des Waſſerſtoffes mit dem Sauerſtoffe, vermoͤge des elektriſchen Funkens. Dieſes geſchieht vorzuͤglich bey Gewittern, und beynahe alle Gewitterregen entſtehen auf dieſe Weiſe. Im Großen geht hier genau eben das vor,
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 752. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/764>, abgerufen am 28.11.2024.
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